Die umfassende Vorsorge hinsichtlich des digitalen Nachlasses stellt den Berater häufig vor eine Vielzahl wiederkehrender rechtlicher und praktischer Probleme. Im Zentrum der Beratung steht dabei stets die Frage, ob der Mandant einen unbeschränkten Zugriff seiner Erben auf den digitalen Nachlass wünscht (1.) oder der Zugriff teilweise (2.) oder vollständig (3.) verhindert werden soll. Darüber hinaus muss ein Zugriff der berechtigten Person auch technisch sichergestellt werden (4.).

1. Wunsch des unbeschränkten Zugriffs durch sämtliche Erben

So kommt zunächst der Wunsch des Mandanten in Betracht, dass sämtliche Erben vollumfänglich Zugriff auf den digitalen Nachlass nehmen sollen. Dieser Fall bedarf grundsätzlich keiner Testierung, da die gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolgen zur Anwendung gelangen. Zur Vereinfachung der Abwicklung des digitalen Nachlasses empfiehlt es sich jedoch, eine klarstellende Formulierung in die letztwillige Verfügung aufzunehmen.

 

Musterformulierung

"Zu meinem alleinigen Erben berufe ich [...], geb. am [...] im [...], wohnhaft [...]. Die Rechtsnachfolge umfasst ausdrücklich auch meinen digitalen Nachlass, dass heißt, sämtliche meiner bestehenden Vertragsverhältnisse zu Internetdienstanbietern sowie meine lokal und auf fremden Servern gespeicherten privaten und geschäftlichen Daten."

Beraterhinweis In diesem Fall sollte der Berater stets auf die damit verbundenen Risiken hinweisen. Die Vielzahl der gespeicherten Daten ist heutzutage faktisch nicht mehr zu überblicken. Wer weiß noch genau, welche Nachrichten, Bilder und Videos er vor Jahren abgeschickt bzw. gespeichert hat? Gleichermaßen kann auch die Auseinandersetzung des digitalen Nachlasses – gerade aufgrund der besonderen ideellen Werte – zu Streitigkeiten unter den Erben führen. Nach hiesiger Ansicht empfiehlt sich auch in diesem Fall die Einsetzung einer Vertrauensperson als Testamentsvollstrecker bzw. als Bevollmächtigtem, um die Verwaltung und Steuerung des digitalen Nachlasses entspr. der Wünsche des Mandanten sicherzustellen.

2. Teilweise Verweigerung des digitalen Nachlasses

Erfahrungsgemäß wird eine unbeschränkte Einsichtnahme sämtlicher Erben in den digitalen Nachlass durch den Großteil der Mandanten nicht gewünscht. Vielmehr sollen bestimmte Nachrichten, Bilder, Dateien etc. häufig lediglich ausgewählten Personen überlassen werden oder eine Einsichtnahme in bestimmte Daten sogar komplett verhindert werden.

 

Beispiel

F hat ihren Ehemann M sowie ihren Sohn S zu ihren Erben eingesetzt. Im digitalen Nachlass der F befinden sich u.a. auch private E-Mails mit dem A, mit dem die F in der Vergangenheit eine Liaison verband, von der weder ihr Ehemann noch ihr Sohn Kenntnis hatte. Die Einsichtnahme in diese Nachrichten soll unbedingt vermieden werden. Darüber hinaus wünscht die F insgesamt keinerlei Einsicht in ihre WhatsApp-Chats, da dies nach ihrem Dafürhalten "niemanden etwas anginge".

Sofern die F hinsichtlich ihres digitalen Nachlasses nicht abweichend testiert, haben M und S früher oder später die Möglichkeit – notfalls über (Auskunfts-)Ansprüche ggü. den Vertragspartnern – Einsicht in sämtliche Daten der F zu nehmen. Dabei werden sie aller Voraussicht nach auch auf die Kommunikation mit dem A stoßen, was das positive Andenken an die Ehefrau bzw. Mutter in erheblicher Weise beeinträchtigen könnte. Gleichermaßen wird es ihnen möglich sein, nach Überwindung des Smartphone-Passwortes Einblick in sämtliche vergangenen WhatsApp-Chats zu nehmen – wohlgemerkt all dies in rechtlich zulässiger Weise.

Dies ist nur eines von zahlreichen Beispielen, wieso eine unbeschränkte Einsichtnahme durch die Erben im Einzelfall nicht ohne weiteres erfolgen sollte. Sobald der Mandant auch nur die Einsichtnahme eines einzigen Erben in eine einzige Datei, Nachricht usw. verhindern will, ist eine testamentarische Vorsorge unausweichlich.

Die Gesamtrechtsnachfolge umfasst auch den digitalen Nachlass, so dass der Mandant den originären Übergang seiner digitalen Hinterlassenschaften auf seine Rechtsnachfolger nicht verhindern kann. Allerdings ist es ihm möglich, einen Zugriff seiner Erben auf verschiedenen Wegen zu verhindern.

a) Rein technische Lösungen nicht zielführend

Gerade im Hinblick auf die den Erben zustehenden Auskunftsansprüche (s.o.) sollte nicht auf rein technische Lösungen zurückgegriffen werden, da die Gefahr eines Zugriffs auf diesem Wege – mit Ausnahme der Vernichtung sämtlicher Datenträger – nicht ausgeschlossen werden kann.

b) Lebzeitige Errichtung einer post- oder transmortalen Vollmacht

Der Mandant könnte lebzeitig einer Vertrauensperson eine trans- oder postmortale Vollmacht erteilen, mit der der Bevollmächtigte den digitalen Nachlass verwalten und abwickeln kann. Die Erteilung einer solchen Vollmacht bietet den Vorteil, dass diese unabhängig von der Erbenstellung besteht, d.h. von der Vollmacht schon vor der Testamentseröffnung bzw. Amtsannahme des Testamentsvollstreckers Gebrauch gemacht werden kann. Der Bevollmächtigte ist somit umgehend handlungsfähig. Zudem unterliegt die Vollmacht nicht den erbrechtlichen Formvorschriften, so dass diese grundsätzlich sogar mündlich erteilt werden könnte.

Beraterhinweis Von einer rein mündlichen Erteilung der Vollmacht sollte...

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