Leitsatz
1. Kauft ein Touristikunternehmen sämtliche Eintrittskarten einer Theatervorführung, übernimmt es das volle wirtschaftliche Risiko der Aufführung und tritt im eigenen Namen als Veranstalter auf, kann darin eine steuerfreie "Veranstaltung von Theatervorführungen" i.S.d. § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG liegen.
2. Der Leistungsort gem. § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG richtet sich bei Verpflegungsleistungen im Hotel nach der Belegenheit des Hotelgrundstücks (entgegen BMF, Schreiben vom 4.5.2010, IV D 2 – S 7100/08, BStBl I 2010, 490).
Normenkette
§ 4 Nr. 20 Buchst. b, § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG 1999, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin bot für Busreiseunternehmen Hotelübernachtungen mit Frühstück, Stadtführung sowie Theaterkarten zum Besuch einer Opernvorstellung an. Sie vereinbarte mit einem Opernbetreiber, dass eine an einem bestimmten Tag stattfindende Vorstellung "als geschlossene Veranstaltung" gegen einen Pauschalpreis erfolgen soll. Die Karten enthielten den Text: "… Touristik präsentiert die Oper …". Die Klägerin trug das wirtschaftliche Risiko des Kartenverkaufs. Die Klägerin stellte den Busreiseunternehmen den Verkauf der Eintrittskarten für die Oper neben den Hotelleistungen und der Stadtrundfahrt gesondert ohne Umsatzsteuer in Rechnung. Darüber hinaus erbrachte die Klägerin in anderem Zusammenhang Hotelübernachtungsleistungen mit Verpflegung im Ausland, wobei auf den Verpflegungsanteil 4 bis 4,5 % des Gesamtpreises entfiel. Das FA ging von einer Steuerpflicht in Bezug auf die Opernvorstellung und die Verpflegungsleistungen in ausländischen Hotels aus. Demgegenüber sah das Finanzgericht (FG Hessen, Urteil vom 25.8.2010, 6 K 3166/07, Haufe-Index 2552297, EFG 2011, 272) die Veranstaltungsleistung als steuerfrei und Verpflegungsleistung in ausländischen Hotels als nicht steuerbar an.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.
Hinweis
1. Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG insbesondere die Umsätze der Theatereinrichtungen öffentlich-rechtlicher Gebietskörperschaften sowie gem. § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG die Veranstaltung von Theatervorführungen durch andere Unternehmer, wenn eine Vorführung durch ein Theater nach Buchst. a erfolgt. Die Steuerfreiheit für Veranstaltungsleistungen dient dazu, aus Gründen der Wettbewerbsneutralität die Steuerfreiheit z.B. auf Gemeinden ohne eigenes Theater und Konzert- und Gastspieldirektionen auszuweiten.
Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-RL). Steuerfrei sind danach bestimmte kulturelle Dienstleistungen, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannte Einrichtungen erbringen. Auch die Veranstalter i.S.v. § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG sind dabei als anerkannte Einrichtungen anzusehen.
§ 4 Nr. 20 Buchst. b UStG ist nicht wie § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG a.F. einschränkend dahin gehend auszulegen, dass der Veranstalter organisatorische Maßnahmen für die Durchführung von Theatervorführungen trifft und dabei z.B. Ort und Zeit der Darbietungen selbst bestimmt. Für die steuerfreie Veranstaltung einer Theatervorführung muss der Unternehmer lediglich über den bloßen Kartenverkauf hinaus die Vorführung im eigenen Namen durchführen und das wirtschaftliche Risiko tragen.
2. Entgegen einem Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung hält der BFH weiter daran fest, dass sich der Leistungsort bei Verpflegungsleistungen im Hotel nach der Belegenheit des Hotelgrundstücks richtet. Die Streitfrage ist nur noch für die Vergangenheit von Bedeutung, da seit 2010 hierfür eine eigenständige Regelung in § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b UStG besteht.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.11.2013 – V R 33/10