1. Gesondert feststellungsfähig sind ...
§ 180 Abs. 1a AO konkretisiert bzw. definiert nicht, was über den Teilabschlussbescheid gesondert feststellbar ist. In § 180 Abs. 1a AO heißt es lediglich, dass "[E]einzelne, im Rahmen einer Außenprüfung für den Prüfungszeitraum ermittelte und abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen" gesondert festgestellt werden können. Nachfolgend soll zunächst analysiert werden, was gesondert feststellungsfähig ist.
2. "Besteuerungsgrundlage"
Der Begriff "Besteuerungsgrundlage" umfasst im Kontext der §§ 179 ff. AO „alle nach den einschlägigen Vorschriften selbständig feststellungsfähigen Steuerfestsetzungsvoraussetzungen, unerheblich, ob sie die persönliche oder sachliche Steuerpflicht betreffen” (Wagner in BeckOK/AO, § 180 Rz. 174c [04/2024]).
Demgemäß bestimmen die Vorschriften der AO oder der Steuergesetze, die eine gesonderte Feststellung anordnen, den Umfang der Besteuerungsgrundlage im Einzelfall selbst (in diese Richtung auch Wagner in BeckOK/AO, § 180 Rz. 174c [04/2024]).
Damit würde der Umfang der "Besteuerungsgrundlagen" durch die dem § 180 Abs. 1a AO inhärenten Tatbestandsmerkmale "einzelne", "ermittelte" und "abgrenzbare" bestimmt bzw. konturiert werden.
3. "Einzelne"
Das Merkmal "Einzelne" schließt es aus, über die Gesamtheit der Feststellungen einer Steuerart oder eines Veranlagungszeitraums einen Teilabschlussbescheid zu erlassen (Frotscher in Schwarz/Pahlke/Keß, AO, § 180 Rz. 108 [05/2024]). Dies bleibt dem Steuerbescheid vorbehalten.
Allerdings ist es unseres Erachtens vertretbar – im Wege einer teleologischen Auslegung – zumindest die Gesamtheit der Feststellungen eines Veranlagungszeitraums über den Teilabschlussbescheid zu separieren. Unbenommen bleibt auch, mehrere einzelne Besteuerungsgrundlagen in einem Teilabschlussbescheid zusammenzufassen.
Beraterhinweis Fasst ein Teilabschlussbescheid mehrere Besteuerungsgrundlagen zusammen (Sammelverwaltungsakt), sind diese jeweils gesondert anfechtbar, soweit sie eine rechtlich selbständige Würdigung beinhalten und eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig sind (BFH v. 8.6.2000 – IV R 65/99, BStBl. II 2001, 89 unter 2. b).
4. "Ermittelte"
Besteuerungsgrundlagen sind ermittelt, wenn die ihr zugrunde liegenden Sachverhalte – im Rahmen des durch die Prüfungsanordnung (§ 196 AO) abgesteckten Prüfungsumfangs – tatsächlich und rechtlich abschließend geprüft wurden (BT-Drucks. 20/3436, 89). Dies ist nicht der Fall, wenn beispielsweise noch nicht alle erforderlichen Unterlagen beschafft wurden oder Gutachten eingeholt werden müssen.
5. "Abgrenzbare"
Besteuerungsgrundlagen sind abgrenzbar, wenn
- über ihre steuerliche Behandlung abschließend entschieden werden kann (dies ist nicht der Fall, wenn und soweit sich die steuerliche Behandlung eines Sachverhalts auf andere, von der Außenprüfung noch nicht abschließend geprüfte Sachverhalte erstreckt), und
- sie selbständig in einem Folgebescheid umsetzbar sind, indem sie theoretisch zu einer Änderung im Folgebescheid führen können (= Erhöhung oder Verminderung der festgesetzten Steuer bzw. der festgestellten Besteuerungsgrundlage), aber nicht tatsächlich zu einer Änderung führen müssen (d.h., keine Erhöhung oder Verminderung der festgesetzten Steuer), allerdings muss dann die relevante Besteuerungsgrundlage in der Steuerfestsetzung bzw. im Feststellungsbescheid bereits erfasst gewesen sein, Wagner in BeckOK/AO, § 180 Rz. 174e [04/2024].
6. Beispiele
a) Beispiele für Besteuerungsgrundlagen i.S.d. § 180 Abs. 1a AO
Beispiel 1
Der Pensionsfachprüfer, Verrechnungspreisfachprüfer oder sonstige Fachprüfer hat seinen spezifischen Teil der Prüfung (Teilbereichsprüfung) abgeschlossen und dabei für den Prüfungszeitraum Steuer-Mehrergebnisse ermittelt (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 180 AO Rz. 76a [05/2023]).
Beispiel 2
Aktivierung bzw. Passivierung dem Grunde und/oder der Höhe nach von Steuerbilanzposten und damit unmittelbar einhergehend die Feststellung über entsprechendes steuerliches Abschreibungsvolumen für diesen Steuerbilanzposten in einem spezifischen Prüfungszeitraum.
b) Beispiele für keine Besteuerungsgrundlagen i.S.d. § 180 Abs. 1a AO
Beispiel 3
Steuerliches Abschreibungsvolumen für das Prüfungszeitraum-Folgejahr, wenn die Aktivierung im Prüfungszeitraum-Vorjahr noch nicht abschließend geprüft wurde (-> Sachverhalt bzw. steuerliche Behandlung ist noch nicht abschließend geprüft).
Beispiel 4
Zusätzliche Feststellung (d.h. losgelöst von der eingereichten Steuererklärung und von den Feststellungen im ersten Steuerbescheid), dass n.a. Betriebsausgaben (dem Grunde nach) nicht vorliegen (-> eine solche Feststellung führt zu keiner Änderung im Änderungsbescheid, ist also nicht selbständig im Folgebescheid umsetzbar).