Steuerbefreiung der Umsätze nach § 4 Nr. 3 Buchstabe a UStG; Umsetzung des EuGH-Urteils v. 29.6.2017 – C-288/16, L.C: Mit BMF-Schr. v. 6.2.2020 (BMF v. 6.2.2020 – III C 3 - S 7156/19/10002:001, BStBl. I 2020 235) wurde der UStAE an das EuGH-Urt. v. 29.6.2017 (EuGH v. 29.6.2017 – C-288/16 – L.C.) dahingehend angepasst, dass dieser um den Hinweis erweitert wurde, dass die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG grundsätzlich nur für die Leistungen des Hauptfrachtführers, nicht aber für Leistungen der Unterfrachtführer in Betracht kommt. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die grenzüberschreitende Beförderung oder andere sonstige Leistung unmittelbar an den Versender oder den Empfänger dieser Gegenstände geleistet wird.
In der Praxis sind Zweifelsfragen zur Person des Versenders im Zusammenhang mit dem EuGH-Urteil sowie Schwierigkeiten bei der Umsetzung, insbesondere bei programmgesteuerten Abläufen, aufgekommen. Um den Unternehmern mehr Zeit für die Umsetzung zu geben, wurde die zunächst verfügte Nichtbeanstandungsregelung, (1.7.2020) bis zum 31.12.2021 verlängert (BMF v. 14.10.2020 – III C 3 - S 7156/19/10002:002, BStBl. I 2020, 1015).
Das BMF nimmt nun ausführlich zu den Praxisfragen Stellung (BMF v. 27.9.2021 – III C 3 - S 7156/19/10002:006, BStBl. I 2021, 1810):
- In Fällen, in denen ein Versender (z.B. ein Händler) oder Empfänger (z.B. Nichtunternehmer oder Unternehmer) einen Hauptfrachtführer (z.B. einen Logistikdienstleister) mit der grenzüberschreitenden Beförderung von Gegenständen beauftragt, dieser hierzu einen Unterfrachtführer (z.B. ein Speditionsunternehmen) beauftragt und neben der Beförderung dieser Gegenstände, z.B. in einem Container oder einem Paket, auch Gegenstände grenzüberschreitend befördert werden, für die der Hauptfrachtführer selbst liefernder Unternehmer und damit Versender ist (gemischte Sendung), kommt die Steuerbefreiung grundsätzlich nur für die grenzüberschreitende Beförderung des Unterfrachtführers hinsichtlich der Gegenstände in Betracht, für die der Hauptfrachtführer selbst Versender ist. Die grenzüberschreitende Beförderungsleistung des Unterfrachtführers für die Gegenstände, für die der Hauptfrachtführer jedoch nicht selbst Versender ist, ist wegen der fehlenden Unmittelbarkeit nicht von der Steuerbefreiung umfasst. Die Beförderungsleistung bei solch einer gemischten Sendung ist entsprechend in einen steuerpflichtigen und steuerfreien Teil aufzuteilen. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn diese Leistung, auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs, insgesamt als steuerpflichtig behandelt wird.
- Der Unternehmer (Hauptfrachtführer) muss für die Anwendung der Steuerbefreiung durch Belege nachweisen, dass er begünstigte Leistungen unmittelbar an den Versender oder den Empfänger erbringt, etwa durch eine beleghafte Erklärung über eine Versendereigenschaft. In Fällen, in denen sich herausstellt, dass die Angaben über die Eigenschaft als Versender unzutreffend waren, kann die Steuerbefreiung zur Vermeidung von Unbilligkeiten gleichwohl gewährt werden, wenn der Unternehmer keine Kenntnis davon hatte und auch nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erkennen konnte, dass die Angaben des Versenders unzutreffend waren.
- Werden grenzüberschreitende Beförderungsleistungen oder sonstige begünstigte Leistungen im Namen eines Unternehmers, jedoch für Rechnung eines anderen Unternehmers beauftragt und vom ersten Unternehmer die Versendereigenschaft bestätigt, ist davon auszugehen, dass diese Angabe unzutreffend ist.
Anwendungsregelung: Diese Grundsätze sind für Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 ausgeführt werden.
Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen; Errichtung eines Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten (BfAA): Als Ersatzbeleg für die Anerkennung einer steuerfreien Ausfuhrlieferung akzeptiert das BMF nun auch Bescheinigungen des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten und ergänzt insoweit den UStAE (BMF v. 27.9.2021 – III C 3 - S 7134/21/10004:001, BStBl. I 2021, 1812):
Umsatzsteuerbefreiung für Post-Universaldienstleistungen nach § 4 Nr. 11b UStG: Mit Urteil vom 16.10.2019 (EuGH v. 16.10.2019 – C-4/18 und C-5/18 – Winterhoff u.a.) hat der EuGH entschieden, dass bestimmte Anbieter von Briefzustelldienstleistungen, die in ihrer Eigenschaft als Inhaber einer nationalen Lizenz, die ihnen die Erbringung dieser Dienstleistung gestattet, und die verpflichtet sind, förmliche Zustellungen von Schriftstücken von Gerichten oder Verwaltungsbehörden nach Vorschriften des nationalen Rechts durchzuführen, als "Universaldiensteanbieter" anzusehen sind, so dass solche förmlichen Zustellungen als von "öffentlichen Posteinrichtungen" erbrachte Dienstleistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL von der Umsatzsteuer zu befreien sind.
Durch diese Rechtsprechung des EuGHs und nachfolgend des BFH mit Urteilen vom 6.2.2020 (BFH v. 6.2.2020 – V R 36/19 (V R 30/15) und BFH v. 6.2.2020 – V R 37/19 (V R 8/16)) ist die bisherige Verwaltungsauffassung überho...