Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG bei Aufgabe nur einer von mehreren Tätigkeiten; Veröffentlichung des EuGH-Urt. v. 9.7.2020 – C-374/19 – Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler, und des BFH-Urt. v. 27.10.2020 – V R 20/20 (V R 61/17): Auf ein Vorlageersuchen des BFH hat der EuGH entschieden, dass das Unionsrecht einer nationalen Regelung nicht entgegenstehe, nach der ein Steuerpflichtiger, der das Recht erworben hat, die auf die Errichtung einer zur Nutzung sowohl für besteuerte als auch für steuerbefreite Umsätze bestimmten Cafeteria im Anbau eines von ihm umsatzsteuerfrei betriebenen Alten- und Pflegeheims entfallende Vorsteuer anteilig abzuziehen, zur Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs verpflichtet ist, wenn er jeglichen besteuerten Umsatz in den Räumlichkeiten dieser Cafeteria eingestellt hat, sofern er weiterhin steuerbefreite Umsätze in diesen Räumlichkeiten getätigt und diese somit nunmehr ausschließlich für diese Umsätze genutzt hat.
In seinem Folgeurteil hat der BFH daraufhin entschieden, dass bei einem Gegenstand, den der Unternehmer zunächst gemischt für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze genutzt hatte und bei dem die Verwendung für die steuerpflichtigen Umsätze entfällt, während der Unternehmer die Verwendung für die steuerfreien Umsätze fortsetzt, dies zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen könne. Demgegenüber bewirke der bloße Leerstand ohne Verwendungsabsicht keine Änderung der Verhältnisse.
Hierzu nimmt die Verwaltung nun Stellung und ergänzt den UStAE (BMF v. 1.9.2022 – III C 2 - S 7316/19/10002 :001, BStBl. I 2022, 1399). Bei einer ursprünglich gemischten Verwendung i.S.d. § 15 Abs. 4 UStG, bei der eine Tätigkeit aufgegeben wird (z.B. die zum Vorsteuerabzug berechtigende) und das Wirtschaftsgut nunmehr ausschließlich für Zwecke der beibehaltenen Tätigkeit (z.B. der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden) genutzt wird, ist grundsätzlich von einer Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 15a UStG auszugehen. Es ist jedoch unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob im Anschluss ausnahmsweise eine nur punktuelle Verwendung des betroffenen Wirtschaftsgutes im Rahmen der beibehaltenen Tätigkeit und im Übrigen nunmehr ohne Zweifel eine Nichtnutzung (z.B. ein Leerstand) ohne Verwendungsabsicht vorliegt. 6m Umfang einer derartigen Nichtnutzung liegt keine Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 15a UStG vor.
Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG bei gemischt genutzten Grundstücken; Veröffentlichung der BFH-Urteile v. 22.8.2013, 7.5.2014, 3.7.2014, 10.8.2016, 26.4.2018 und 11.11.2020 (BFH-Urt. v. 22.8.2013 – V R 19/09; BFH-Urt. v. 7.5.2014 – V R 1/10; BFH-Urt. v. 3.7.2014 – V R 2/10; BFH-Urt. v. 10.8.2016 – XI R 31/09; BFH-Urt. v. 26.4.2018 – V R 23/16; BFH-Urt. v. 11.11.2020 – XI R 7/20) sowie der EuGH-Urt. v. 8.11.2012 – C-511/10 – BLC Baumarkt, und EuGH-Urt. v. 9.6.2016 – C-332/14 – Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft: Für die Aufteilung der Vorsteuer nach § 15 Abs. 4 UStG bei gemischt genutzten Grundstücken gilt nach der genannten Rechtsprechung nun Folgendes und das BMF überarbeitet den UStAE umfassend (BMF v. 20.10.2022 – III C 2 - S 7306/19/10001 :003, BStBl. I 2022, 1497).
Grundsätze:
Im Fall von Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung von gemischt genutzten Gebäuden sind die Leistungen nach den allgemeinen Grundsätzen zunächst soweit möglich direkt den zum Vorsteuerabzug berechtigenden bzw. diesen ausschließenden Ausgangsumsätzen zuzuordnen. Verbleibende Vorsteuerbeträge sind sachgerecht aufzuteilen.
Wird ein Gebäude durch einen Unternehmer angeschafft oder hergestellt und ist die Nutzung dieses Gebäudes durch den Unternehmer sowohl für vorsteuerunschädliche als auch für vorsteuerschädliche Umsätze beabsichtigt, sind dagegen die gesamten auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge einheitlich in einen abziehbaren und in einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Es ist keine vorherige direkte Zuordnung von Eingangsleistungen zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen bzw. diesen ausschließen, durchzuführen.
Bei der Anschaffung eines Gebäudes, bei dessen Verkauf eine Teiloption nach Abschn. 9.1 Abs. 6 UStAE erfolgt ist, sind die daraus resultierenden Vorsteuerbeträge nur dem Gebäudeteil wirtschaftlich zuzuordnen, auf den sich die Teiloption bezieht. Daher ist in diesen Fällen eine ggf. erforderliche Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG nur nach der Verwendungsabsicht für diesen Gebäudeteil vorzunehmen.
Die Vorsteueraufteilung muss nach einem sachgerechten Aufteilungsschlüssel erfolgen. Kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel (gleichbedeutend zu gesamtumsatzbezogenen oder gesamtunternehmensbezogenen Umsatzschlüssel) andere Aufteilungsschlüssel in Betracht, ist ein anderer Aufteilungsschlüssel anzuwenden, wenn er ein präziseres Ergebnis liefert. In Betracht kommen insbesondere ein (objektbezogener), ein objektbezogener Umsatzschlüssel oder ein Schlüs...