BMF: Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel

Die Finanzverwaltung präzisiert in einem neuen BMF-Schreiben ihre Vorgaben zur Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel gem. § 15 Abs. 4 UStG und ergänzt den Umsatzeuer-Anwendungserlass.

Bezieht ein Unternehmer Leistungen, die er nicht ausschließlich für den Vorsteuerabzug ausschließende oder den Vorsteuerabzug berechtigende Ausgangsleistungen verwendet, muss eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorgenommen werden.

Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG kann eine Aufteilung nach einem Umsatzschlüssel nur vorgenommen werden, wenn kein anderer Aufteilungsmaßstab ermittelbar ist. Allerdings müssen auch die unionsrechtlichen Vorgaben beachtet werden. Die Finanzverwaltung präzisiert ihre Vorgaben zur Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel.

Die rechtliche Problematik

Werden bezogene Leistungen nicht ausschließlich für den Vorsteuerabzug berechtigende oder den Vorsteuerabzug ausschließende Zwecke verwendet, muss geprüft werden, ob eine unmittelbare Zurechnung zu bestimmten Ausgangsumsätzen möglich ist und - soweit dies nicht zulässig sein sollte - wie eine evtl. notwendige Aufteilung der Vorsteuerbeträge vorzunehmen ist. Die Finanzverwaltung hatte schon im Jahr 2022 Präzisierungen für die Vorsteueraufteilung bei Immobilien (BMF, Schreiben v. 20.10.2022, III C 2 - S 7306/19/10001 :003) und in besonderen Fällen (BMF, Schreiben v. 18.11.2022, III C 2 - S 7306/19/10002 :002) vorgenommen. Insbesondere im Zusammenhang mit der Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Grundstücken waren von der Finanzverwaltung schon die aus der Rechtsprechung hervorgegangenen Grundsätze umgesetzt worden.

Die Finanzverwaltung präzisiert jetzt die Aussagen zur Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel, nachdem der EuGH (Urteil v. 16.6.2016, C-186/15 - Kreissparkasse Wiedenbrück) - allerdings schon 2016 - entschieden hatte, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, die unionsrechtlichen Rundungsregelungen bei der Anwendung eines vom unternehmensbezogenen Umsatzschlüssel abweichenden Aufteilungsmaßstabs anzuwenden.

Wichtig: Nach Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL erfolgt die Vorsteueraufteilung nach einem Gesamtumsatzschlüssel des Unternehmens. In diesem Fall ist der Prozentsatz des Vorsteuerabzugs nach Art. 175 Abs. 1 MwStSystRL auf volle Prozent aufzurunden. Allerdings können die Mitgliedstaaten auch einen von einem Gesamtumsatzschlüssel abweichenden Aufteilungsmaßstab zulassen (Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL), wenn dieser präziser ist. In diesem Fall greifen die Rundungsvorschriften nicht.

Die neue Verwaltungsanweisung des BMF

Das BMF-Schreiben ergänzt Abschn. 15.17 und Abschn. 15a.2 Abs. 2 UStAE.

Zuerst wiederholt die Finanzverwaltung die Grundaussagen, die sich schon aus den im Jahr 2022 veröffentlichten BMF-Schreiben ergeben hatten, dass für den Fall, dass neben dem Gesamtumsatzschlüssel andere Aufteilungsschlüssel in Betracht kommen, ein anderer Aufteilungsschlüssel anzuwenden ist, wenn er ein präziseres Ergebnis liefert. Kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel mehrere andere präzisere Aufteilungsschlüssel in Betracht, ist nicht zwingend die präziseste Methode anzuwenden.

Hinweis: Ein Gesamtumsatzschlüssel ist gleichbedeutend mit einem gesamtumsatzbezogenen oder gesamtunternehmensbezogenen Umsatzschlüssel.

Ermittlung des Gesamtumsatzschlüssels

Wird ein Gesamtumsatzschlüssel angewendet, ergibt sich der Prozentsatz des Vorsteuerabzugs nach einem Bruch, der sich aus dem Verhältnis der Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, zum Gesamtumsatz des Unternehmers zusammensetzt. Dies ist jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln. Der maßgebliche Bruch (im Unionsrecht der "Pro-rata-Satz") zur Ermittlung des Prozentsatzes ist dabei wie folgt zu ermitteln:

  • Zähler: Nettobetrag aller zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze des Unternehmens im betroffenen Kalenderjahr, darin sind auch die der Besteuerung unterliegen unentgeltlichen Wertabgaben (§ 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG) zu erfassen.
  • Nenner: Nettobetrag des Gesamtumsatzes (alle vorsteuerabzugsberechtigenden (dies sind die im Zähler erfassten Umsätze) und nicht vorsteuerabzugsberechtigenden Umsätze).

Subventionen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie unmittelbar mit dem Preis der Lieferung oder sonstigen Leistung zusammenhängen und daher Teil der Gegenleistung i. S. d. § 10 Abs. 1 UStG sind. Andere Subventionen sind bei Ansatz eines Gesamtumsatzschlüssels nicht zu berücksichtigen.

Umsätze aus der normalen wirtschaftlichen Tätigkeit

Bei den Umsätzen, die im Zähler oder im Nenner zu berücksichtigen sind, soll es sich nur um Umsätze aus der normalen wirtschaftlichen Tätigkeit handeln. Deshalb sind die folgenden Umsätze nicht mit zu berücksichtigen:

  • Umsätze, die zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen (z.B. Verkauf von Gegenständen des Anlagevermögens, § 15a Abs. 8 und Abs. 9 UStG);
  • Hilfsumsätze aus Grundstücks- und Finanzgeschäften;
  • Umsätze nach § 4 Nr.  8 Buchst. a - h UStG, soweit es sich um Hilfsumsätze handelt;
  • Einnahmen, die ihrer Art nach nicht dem Anwendungsbereich der Umsatzsteuer unterliegen (z. B. aus Geschäftsveräußerungen nach § 1 Abs. 1a UStG oder Kapitalerträgen).

Hinweis: Erzielt der Unternehmer Umsätze, die der Margenbesteuerung (Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 UStG oder aus der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG) unterliegen, sind nicht die der Besteuerung unterliegenden Margen, sondern die Einnahmen abzüglich der Umsatzsteuer anzusetzen. Nicht zu berücksichtigen sind Einfuhren, innergemeinschaftliche Erwerbe und die Bemessungsgrundlage zu Steuerbeträgen, die der Unternehmer nach § 13b Abs. 1 oder Abs. 2 i. V. m. Abs. 5 UStG schuldet.

Besteuerungsverfahren

Die Umsätze sind nach dem jeweils für den Unternehmer maßgeblichen Besteuerungsverfahren zu erfassen – je nachdem, ob die Soll- oder die Istversteuerung angewendet wird. Soweit es zu Änderungen der Bemessungsgrundlage (§ 17 UStG) kommt, werden diese in dem Zeitraum erfasst, in dem die Änderung eintritt.

Tipp: Der Gesamtumsatzschlüssel kann im Voranmeldungsverfahren auf einer vorläufigen Basis (z. B. auf Grundlage des vorangegangenen Jahres) angewandt und in der Jahressteuererklärung auf den endgültigen Prozentsatz berichtigt werden.

Rundung des Prozentsatzes

Der Prozentsatz, der sich aus dem nach dem Gesamtumsatzschlüssel ermittelten Bruch ergibt, ist entsprechend den unionsrechtlichen Grundsätzen auf einen vollen Prozentsatz aufzurunden. Wendet der Unternehmer einen anderen - präziseren - Aufteilungsschlüssel an, gilt diese Rundungsvorschrift nicht, es ist auf die zweite Nachkommastelle aufzurunden.

Anderer Aufteilungsmaßstab

Ein anderer Aufteilungsmaßstab wäre z. B. auch ein Teilumsatzschlüssel, ein objekt- oder abteilungsbezogener Umsatzschlüssel. Wenn ein solcher Aufteilungsmaßstab zu einem präziseren Ergebnis führt, ist dieser vorrangig, gibt es mehrere "vorrangige" Aufteilungsmaßstäbe, kann der Unternehmer einen Aufteilungsmaßstab wählen, es muss nicht der präziseste Aufteilungsmaßstab sein. Der Gesamtumsatzschlüssel kann nur angewendet werden, wenn es keinen anderen (präziseren) Aufteilungsmaßstab gibt.

Vorsteuerberichtigungsobjekte nach § 15a UStG

Soweit Vorsteuerbeträge auf Leistungsbezüge entfallen, die zu Vorsteuerberichtigungsobjekten nach § 15a UStG führen können, müssen bei Anwendung eines Umsatzschlüssels (Gesamt- oder Teilumsatzschlüssel) wegen der im Jahresvergleich regelmäßig schwankenden Umsatzhöhen in den Folgejahren regelmäßig die Voraussetzungen des § 15a UStG geprüft werden.

Ist in diesem Fall beim Vorsteuerabzug eine Aufrundung auf volle Prozentpunkte erfolgt, ist auch während des gesamten Berichtigungszeitraums der Betrag der dann geltenden Verhältnisse auf volle Prozentpunkte aufzurunden (Abschn. 15a.2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Buchst. c UStAE).

Konsequenzen für die Praxis

Die Finanzverwaltung nimmt - recht kleinteilige, aber wichtige - Anpassungen bei der Vorsteueraufteilung vor. Diese (neuen) Aufteilungsgrundsätze werden bei der Vorsteueraufteilung bei Immobilien regelmäßig keine Anwendung finden, da dort typischerweise der Aufteilungsmaßstab nach dem Flächenschlüssel anzuwenden ist bzw. eher ein objektbezogener Umsatzschlüssel als präziserer Aufteilungsmaßstab zur Anwendung kommt.

Die Aussagen zu dem Gesamtumsatzschlüssel des gesamten Unternehmens, werden deshalb eher bei Unternehmen zur Anwendung kommen, die neben vorsteuerabzugsberechtigten Ausgangsumsätzen auch steuerfreie Finanzdienstleistungen (§ 4 Nr. 8 UStG), Versicherungsleistungen (§ 4 Nr. 10 Buchst. a oder Nr. 11 UStG) oder heilkundliche Leistungen ausführen (§ 4 Nr. 14 UStG).

Wichtig: Zu beachten ist dabei insbesondere, dass in diesen Fällen unterjährig ein aus Erfahrungssätzen ermittelter Aufteilungsschlüssel anzuwenden ist, der dann in der Jahressteuererklärung an die tatsächlichen Verhältnisse dieses Besteuerungszeitraums anzupassen ist.

Rundung des Aufteilungssatzes

Fraglich ist, ob die von der Finanzverwaltung vorgenommene Unterteilung bezüglich der Rundung des Aufteilungssatzes (Aufrundung auf volle Prozentpunkte bei Ansatz eines Gesamtumsatzschlüssels; Aufrundung auf zwei Nachkommastellen bei einem anderen Aufteilungsmaßstab) eine sich aus der Rechtsprechung des EuGH zwingend ergebende Folge ist, da in Deutschland zumindest gesetzlich keine Rundungsregelung vorgegeben ist.

Zumindest mag es erfreulich erscheinen, dass die Finanzverwaltung sich zu dieser "wesentlichen Frage" nach nur 7,5 Jahren in einer derartig präzisen Verwaltungsanweisung äußert, wenn schon offensichtlich keine Initiativen ergriffen werden, um die teilweise seit Jahrzehnten bestehenden nationalen Widersprüche zum Unionsrecht (z. B. bei der Besteuerung von Vereinen und deren Mitgliedsbeiträgen, der Steuerbefreiung in diesem Bereich, die Steuerpflicht bei Schulungsleistungen, die Frage des Zeitpunkts des Vorsteuerabzugs etc.) zu beseitigen.

Die Grundsätze aus dem Schreiben sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

BMF, Schreiben v. 13.2.2024, III C 2 - S 7306/22/10001 :001


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