Ferdinand Huschens, Stefan Karsten Meyer
Leitsatz
Bei der Anrechnung ausländischer Steuern ist der Anrechnungshöchstbetrag zu beachten. Die Formel zu dessen Berechnung verstößt gegen EU-Recht, da ihre Anwendung zu einem zu niedrigen Anrechnungshöchstbetrag führt. Somit wird die ausländische Steuer gegebenenfalls in zu geringem Umfang angerechnet.
Sachverhalt
Die Eheleute Beker sind unbeschränkt steuerpflichtig. Im Jahr 2007 erzielten sie neben ihren inländischen Einkünften noch Dividendeneinkünfte i. H. v. insgesamt ca. 24.000 EUR aus kleinen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften aus mehreren ausländischen Staaten, teils EU-Staaten und teils Drittstaaten. In den verschiedenen Quellenstaaten wurden ausländische Steuern i. H. v. insgesamt ca. 2.900 EUR entrichtet. Mit allen betroffenen Staaten hatte Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen, das für Dividendeneinkünfte jeweils die Anrechnung der ausländischen Steuer auf die deutsche Einkommensteuer vorsah. Die bei der Anrechnung jeweils zu berücksichtigenden Höchstbeträge beliefen sich auf insgesamt ca. 1.300 EUR. Nur in dieser Höhe wurden die ausländischen Steuern auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet. Die Eheleute Beker beantragten, den Anrechnungshöchstbetrag anders zu berechnen und weitere 1.200 EUR ausländische Steuern anzurechnen.
Rechtslage:
Wenn unbeschränkt Steuerpflichtige im Ausland Einkünfte erzielen, kann eine Doppelbesteuerung dadurch vermieden werden, dass die im Ausland gezahlte Steuer auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet wird.
Die Anrechnungsmethode ist die Standardmethode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, wenn mit dem ausländischen Staat kein DBA besteht (§ 34c Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 EStG). Die Anrechnung ist dabei auf einen Höchstbetrag begrenzt, der nach der Formel des § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG berechnet wird.
Besteht mit dem ausländischen Staat ein DBA, so kann dieses ebenfalls die Anrechnung der ausländischen Steuer unter Beachtung des Anrechnungshöchstbetrags vorsehen (vgl. Art. 23B Abs. 1 OECD-MA). Regelmäßig wird in den Abkommen für die Durchführung der Anrechnung auf das deutsche Steuerrecht verwiesen. Somit ist auch in DBA-Fällen der Anrechnungshöchstbetrag nach der Formel des § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG zu berechnen (§ 34c Abs. 6 Satz 2 EStG).
Die Formel für die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags lautet vereinfacht:
Anrechnungshöchstbetrag = Tarifliche Einkommensteuer × |
Ausländische Einkünfte |
|
Summe der Einkünfte |
Die ausländische Steuer wird nur bis zur Höhe dieses Höchstbetrags angerechnet. Übersteigt die ausländische Steuer den Höchstbetrag, so wird der übersteigende Betrag nicht mehr angerechnet und kann auch anderweitig nicht mehr berücksichtigt werden (sog. Anrechnungsüberhang). Es verbleibt beim Steuerpflichtigen somit eine effektive (Mehr-) Belastung.
Anmerkung: Der vorliegende Fall betrifft Dividendeneinkünfte und die Rechtslage 2007. Bis 2008 galten die dargestellten Grundsätze zur Anrechnung auch für Steuern auf Dividenden- und andere Kapitaleinkünfte. Seit 2009 wird die Anrechnung ausländischer Steuern auf Kapitaleinkünfte im Rahmen der Abgeltungsteuer abweichend durchgeführt, der nach der Formel des § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG berechnete Anrechnungshöchstbetrag spielt dort keine Rolle mehr (§ 32d Abs. 5 EStG). Für alle anderen Einkünfte und für Kapitaleinkünfte außerhalb der Abgeltungsteuer haben die dargestellten Grundsätze nach wie vor Gültigkeit.
Entscheidung
Zunächst stellt der EuGH fest, dass im vorliegenden Fall die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV einschlägig sei, da die Beteiligungen jeweils unter 10 % lagen und keine Möglichkeit boten, Einfluss auf die Gesellschaften auszuüben. Damit scheide eine Anwendung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV aus.
Weiter stellt der EuGH fest, dass auch Regelungen in DBA nicht gegen Grundfreiheiten des AEUV verstoßen dürften und die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Drittstaaten zu beachten sei.
Bei der Prüfung der Formel zur Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG kommt der EuGH zu dem Ergebnis, dass diese gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoße. Begründet wird dies damit, dass die Formel die Kosten der persönlichen Lebensführung sowie der personen- und familienbezogenen Umstände des Steuerpflichtigen nicht vollständig berücksichtige.
Der erste Teil der Formel, die tarifliche Einkommensteuer, bemesse sich nach dem zu versteuernden Einkommen. Dieses werde dadurch berechnet, dass von der Summe der Einkünfte verschiedene Abzüge vorgenommen würden, insbesondere für die Kosten der persönlichen Lebensführung sowie der personen- und familienbezogenen Umstände des Steuerpflichtigen.
Im zweiten Teil der Formel stehe im Nenner dagegen nicht das zu versteuernde Einkommen, sondern die Summe der Einkünfte, von der diese Abzüge nicht vorgenommen würden. Dies führe zu einer Verringerung des Anrechnungshöchstbetrags.
Damit würde ein Steuerpflichtiger, der auch im Ausland Einkünfte erziele, von den personen- und familienbezogenen Abzügen wen...