Zur Verdeutlichung eines entsprechenden Buchungsfehler seitens eines Steuerberaters diene folgender Sachverhalt:
Beispiel
Eine GmbH wurde mit Wirkung zum 1.1.2023 gegründet. Ihr Stammkapital wird je zur Hälfte von den beiden Gesellschafter-GF gehalten. Durch notariellen Vertrag vom 2.12.2023 erwarben die beiden Gesellschafter-GF zu je 1/2 ein von der GmbH betrieblich genutztes Grundstück. In der Folgezeit wurden dieses Grundstück und die damit zusammenhängenden Belastungen in der Buchführung der GmbH erfasst, weil deren Steuerberater aufgrund des ihm vom Notar zugesandten Entwurfes des vorgenannten Kaufvertrages der Auffassung gewesen war, das Grundstück sei nicht von den beiden Gesellschaftern, sondern von der GmbH erworben worden.
Im Zuge einer für die GmbH durchgeführten Finanzierung stellte sich die fehlerhafte Grundstückszuordnung heraus. Der Steuerberater schlug daraufhin dem Finanzamt (FA) vor, das Grundstück zum Buchwert zu entnehmen und ab diesem Zeitpunkt von der Existenz einer Betriebsaufspaltung auszugehen.
"Erwartbare" Reaktion des FA: Das FA nahm den Antrag des Steuerberaters zum Anlass, um Änderungsbescheide nach § 173 AO zu erlassen, in denen die unzutreffende Grundstückszurechnung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen rückgängig gemacht wurden. Soweit hierbei von der GmbH Leistungen erbracht worden sind, die den Gesellschaftern als Eigentümer zugute kamen (Zins, Tilgung, von den Verbindlichkeiten nicht erfasste Herstellungskosten), ging es von vGA aus.
Lösung des BFH: Der I. Senat des BFH hatte sich auch hier mit der Frage zu beschäftigen,
- ob es sich um irrtümliche Fehlbuchungen handelt, die nicht zu einer vGA führen oder
- ob der Auffassung des FA zu folgen ist.
Der BFH stellt dazu klar, dass bloße Buchungsfehler nicht zu einer vGA führen müssen und begründet dies wie nachfolgend dargestellt.
Korrektur einer Gewinnminderung: Die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG dient dem Zweck, Gewinnminderungen zu korrigieren, die bei einer Kapitalgesellschaft unter den vorgenannten Voraussetzungen eingetreten sind. Die zu korrigierende Gewinnminderung ist anhand der Steuerbilanz zu ermitteln, wie sie ohne Rücksicht auf die Rechtsfolgen des § 8 Abs. 3 S. 3 KStG nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz aufgestellt wurde. Daraus folgt, dass zivilrechtliche Ansprüche einer Kapitalgesellschaft gegen ihren Gesellschafter-GF, die in der Steuerbilanz erfolgswirksam zu aktivieren sind, nicht gleichzeitig die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG auslösen können.
Beraterhinweis Wird eine solche Forderung tatsächlich nicht von der Kapitalgesellschaft aktiviert, so ist die Steuerbilanz als solche zu berichtigen. Für die Anwendung des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG außerhalb der Steuerbilanz ist kein Raum. Ist die Forderung dagegen eine Einlageforderung, so ist die Anwendung des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG dann nicht ausgeschlossen, wenn sie der Rückgängigmachung einer vGA dient.
Schlüssiger und glaubhafter Vortrag: Dem Beispielssachverhalt ist dazu zu entnehmen, dass die Aktivierung des in Rede stehenden Grundstücks bei der GmbH auf einem Irrtum des steuerlichen Beraters beruhte und dass – dadurch bedingt – auch die von der GmbH übernommenen Zahlungen und sonstiger mit dem Grundstück verbundener Aufwand irrtümlich als Betriebsausgaben der GmbH verbucht worden sind. Diese Fehler sind zunächst weder von den steuerlich unerfahrenen Gesellschafter-GF noch von dem Steuerberater, der insoweit einen unrichtigen Sachverhalt vermutet habe, bemerkt worden. Dieses Vorbringen der GmbH erachtet der BFH als plausibel, in sich schlüssig und glaubwürdig.
Erhöhte Anforderungen beim FA: Ein FA muss sich mit dem plausiblen und in sich schlüssigen Sachverhalt konkret auseinandersetzen und nicht nur die Behauptung aufstellen, der Sachverhaltsvortrag sei nicht glaubwürdig. Insbesondere darf es nicht lediglich seine Sachverhaltswürdigung an die Stelle derjenigen des Steuerpflichtigen setzen.
Folgerichtiger Korrekturbedarf: Folgt man daher – wie der BFH – dem glaubwürdigen Sachverhaltsvortrag des Steuerpflichtigen, hat dies zur Folge, dass die durch den Irrtum ausgelösten Vermögensverschiebungen zu korrigieren sind. Das heißt konkret:
Das Grundstück ist zum verfahrensrechtlich frühestmöglichen Zeitpunkt bilanziell auszubuchen. Soweit Kosten der Gesellschafter übernommen worden sind, sind entsprechende Bereicherungs- und Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter-GF auszuweisen. Diese Ansprüche müssen seitens der Gesellschafter-GF selbstverständlich folgerichtig anerkannt und nicht bestritten werden, so dass sie zu aktivieren sind.
Keine Rückgängigmachung einer vGA: Weil von Anfang an keine vGA vorgelegen hat, dienen die Ansprüche auch nicht der Rückgängigmachung einer solchen, sondern lediglich der Rückgängigmachung der Bilanzierungs- und Buchungsirrtümer. Eine Vermögensminderung als Voraussetzung für die Annahme von vGA liegt sonach nicht vor.
Beachten Sie: Eine vGA könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn die GmbH nach Geltendmachung ihrer...