Der Umfang der Feststellungs- und Beweislast ergibt sich insb. aus den BFH-Urt. v. 21.6.2016 – X R 44/14; v. 19.5.2021 – X R 33/19 und X R 20/19. Hiernach sind, wie bereits oben dargestellt, die voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge mit dem aus versteuertem Einkommen geleisteten Teil der Altersvorsorgeaufwendungen zu vergleichen. Eine Doppelbesteuerung ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn bereits nach überschlägiger Berechnung der in der Ansparphase aus versteuertem Einkommen geleistete Teil der Altersvorsorgeaufwendungen geringer ist als der voraussichtliche steuerfreie Gesamtrentenbezug des Steuerpflichtigen.
Als mathematische Formel dargestellt ergibt sich also folgende Aussage:
Steuerfreier Jahresbetrag der Rente x durchschnittliche statistische Lebenserwartung bei Rentenbeginn
abzgl. aus versteuertem Einkommen geleisteter Teil der Altersvorsorgeaufwendungen
Ergebnis > 0: keine Doppelbesteuerung möglich.
Beraterhinweis In allen Fällen, in denen der Steuerpflichtige oder seine steuerliche Beratung feststellt, dass das Ergebnis in seinem konkreten Fall gleich oder unter 0 liegt, ist eine Doppelbesteuerung möglich. Im Hinblick auf die anstehende Wiederaufnahme der ruhenden Rechtsbehelfsverfahren und der vorläufigen Fälle wird ein substantiierter Sachvortrag zum Vorliegen einer Doppelbesteuerung im konkreten Einzelfall notwendig.
Berechnung durch das FA: Der Steuerpflichtige trägt die Feststellungs- und Beweislast für das Vorliegen einer etwaigen verfassungswidrigen Doppelbesteuerung, weil er aus diesem Tatbestand die für ihn günstige Rechtsfolge der Milderung der Besteuerung der Alterseinkünfte ableitet. Der erforderliche Sachvortrag kann, muss aber nicht durch eine detaillierte Berechnung nach der o.g. Formel erfolgen. Die Berechnung der konkreten doppelten Besteuerung ist komplex. Es ist allerdings vorrangig Aufgabe der Finanzverwaltung (bzw. der FG), die einzelnen Rechenschritte durchzuführen, da es sich hierbei um Rechtsanwendung handelt, welche nicht unter die Feststellungs- und Nachweispflichten des Steuerpflichtigen fällt (BFH v. 19.5.2021 – X R 20/19, BFHE 273, 237; Nöcker, juris-PR-SteuerR 25/2021 Anm. 1).
Pflichten des Steuerpflichtigen: Der Steuerpflichtige ist jedoch gehalten, dem FA und später ggf. dem Finanzgericht seine Erwerbsbiographie und seinen Rentenverlauf zu unterbreiten. Zudem trägt er die Feststellungslast für die frühere einkommensteuerliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen durch Vorlage der Einkommensteuerbescheide oder der Rentenversicherungsverläufe in seinem konkreten Einzelfall.
Beraterhinweis Geeignete Unterlagen, z.B. Versicherungsverlauf, Steuerbescheide und Steuererklärungen für die Jahre der Einzahlungsphase, sollten unbedingt vorgehalten werden.
Weigert sich das FA, die Berechnung anhand der vom Steuerpflichtigen vorgelegten Informationen und Unterlagen durchzuführen, wird das FG im Falle eines Klageverfahrens selbst bei nicht gegebener doppelter Besteuerung der Rente über eine Kostenentscheidung zu Lasten des FA nachdenken müssen (Nöcker, juris-PR-SteuerR 25/2021 Anm. 1).