Der Umfang der Feststellungs- und Beweislast ergibt sich insb. aus den BFH-Urteilen vom 21.6.2016 und vom 19.5.2021 (BFH v. 21.6.2016 – X R 44/14, BFHE 254, 545; v. 19.5.2021 – X R 33/19, BFHE 273, 266; v. 19.5.2021 – X R 20/19, BFHE 273, 237). Hiernach sind, wie bereits oben dargestellt, die voraussichtlich steuerunbelastet zufließenden Rententeilbeträge mit dem aus versteuertem Einkommen geleisteten Teil der Altersvorsorgeaufwendungen zu vergleichen. Eine Doppelbesteuerung ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn bereits nach überschlägiger Berechnung der in der Ansparphase aus versteuertem Einkommen geleistete Teil der Altersvorsorgeaufwendungen geringer ist als der voraussichtliche steuerfreie Gesamtrentenbezug des Steuerpflichtigen.
Als mathematische Formel dargestellt ergibt sich also folgende Aussage:
Steuerfreier Jahresbetrag der Rente x durchschnittliche statistische Lebenserwartung bei Rentenbeginn
abzgl. aus versteuertem Einkommen geleisteter Teil der Altersvorsorgeaufwendungen
Ergebnis > 0: keine Doppelbesteuerung möglich.
Beraterhinweis In allen Fällen, in denen der Steuerpflichtige oder seine steuerliche Beratung feststellt, dass das Ergebnis in seinem konkreten Fall gleich oder unter 0 liegt, ist eine Doppelbesteuerung möglich. Im Hinblick auf die Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Ruhen oder nach Ergehen der noch erwarteten höchstrichterlichen Entscheidungen wird ein substantiierter Sachvortrag zum Vorliegen einer Doppelbesteuerung im konkreten Einzelfall notwendig.
Der Steuerpflichtige trägt die Feststellungs- und Beweislast für das Vorliegen einer etwaigen verfassungswidrigen Doppelbesteuerung, weil er aus diesem Tatbestand die für ihn günstige Rechtsfolge der Milderung der Besteuerung der Alterseinkünfte ableitet.
Beraterhinweis Der erforderliche Sachvortrag kann, muss aber nicht durch eine detaillierte Berechnung nach der o.g. Formel erfolgen. Die Berechnung der konkreten doppelten Besteuerung ist komplex. Er ist allerdings vorrangig Aufgabe der Finanzverwaltung (bzw. der Finanzgerichte), die einzelnen Rechenschritte durchzuführen, da es sich hierbei um Rechtsanwendung handelt, welche nicht unter die Feststellungs- und Nachweispflichten des Steuerpflichtigen fällt (BFH v. 19.5.2021 – X R 20/19, BFHE 273, 237; Nöcker, juris-PR-SteuerR 25/2021, Anm. 1).
Der Steuerpflichtige ist jedoch gehalten, dem Finanzamt und später ggf. dem Finanzgericht seine Erwerbsbiographie und seinen Rentenverlauf zu unterbreiten. Zudem trägt er die Feststellungslast für die frühere einkommensteuerliche Behandlung der Altersvorsorgeaufwendungen durch Vorlage der Einkommensteuerbescheide oder der Rentenversicherungsverläufe in seinem konkreten Einzelfall. Geeignete Unterlagen, z.B. Versicherungsverlauf, Steuerbescheide und Steuererklärungen für die Jahre der Einzahlungsphase, sollten unbedingt vorgehalten werden.
Beachten Sie: Weigert sich das Finanzamt, die Berechnung anhand der vom Steuerpflichtigen vorgelegten Informationen und Unterlagen durchzuführen, wird das Finanzgericht im Falle eines Klageverfahrens selbst bei nicht gegebener doppelter Besteuerung der Rente über eine Kostenentscheidung zu Lasten des Finanzamtes nachdenken müssen (Nöcker, juris-PR-SteuerR 25/2021, Anm. 1).