Der EuGH konnte in zahlreichen Entscheidungen auf Einzelfragen zur festen Niederlassung eingehen. Die wesentlichen dieser Entscheidungen lassen sich wie folgt gruppieren: Es gibt sehr klare Entscheidungen, es gibt Entscheidungen, die zu Verständnisfragen führen und Entscheidungen, die im Grunde unbrauchbar sind oder nur verwirren. Im Folgenden sollen diese kurz besprochen werden.
a) Entscheidungen mit klaren, brauchbaren Aussagen
aa) "Berkholz"
Im Jahr 1985 verneinte der EuGH in der ersten Entscheidung zur Niederlassung überhaupt das Bestehen einer solchen bei einem Geldspielautomat auf einem Bodenseeschiff. Die wesentlichen Erkenntnisse aus der Entscheidung sind wie folgt:
- Eine feste Niederlassung erfordert grundsätzlich kontinuierlich Personen und Sachmittel.
- Ein abweichender Besteuerungsort kann sich aus einer Niederlassung nur ergeben, wenn es nicht "zweckdienlich" ist, diesen dem Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen.
bb) "ARO Lease" und "Lease Plan"
In den Jahren 1997 und 1998 entschied der EuGH, dass beim grenzüberschreitenden Fahrzeugleasing keine feste Niederlassung begründet wurde, wenn der Leasinggeber im Leasingstaat nur die Fahrzeuge, aber kein Büro, Personal oder Stellplätze besaß und die Verträge am Geschäftssitz aufgesetzt und unterzeichnet wurden. Dies wiederholt im Grunde eine zentrale Erkenntnis aus "Berkholz": Eine feste Niederlassung erfordert grundsätzlich kontinuierlich Personen und Sachmittel.
cc) "Dong Yang Electronics"
Trotz der berechtigten Kritik durch GAin Kokott enthält diese Entscheidung eine sehr klare, eindeutige Aussage im Leitsatz: Die bloße Tatsache, dass eine Gesellschaft über eine Tochtergesellschaft in einem anderen Staat verfügt, ist für das eventuelle Bestehen einer festen Niederlassung irrelevant.
dd) "Berlin Chemie A. Menarini"
Im Jahr 2022 konnte der EuGH in einem rumänischen Verfahren noch deutlicher als in "Dong Yang" werden: Eine Tochtergesellschaft, die exklusiv Marketing-, Regulierungs-, Werbe- und Vertretungsdienstleistungen für ihre Muttergesellschaft erbringt, begründet dadurch keine feste Niederlassung der Mutter. Dieselbe Ausstattung könne nicht gleichzeitig zur Dienstleistungserbringung und zum Empfang derselben Dienstleistungen verwendet werden.
ee) "Cabot Plastics"
Die letzte Entscheidung im Reigen zur festen Niederlassung betraf ein Vorabentscheidungsersuchen aus Belgien. Abermals ging es um die denkbare Begründung einer festen Niederlassung durch einen Vertrag, der fast die gesamten Einnahmen der lokalen verbundenen Gesellschaft bewirkte. Der EuGH verneinte die feste Niederlassung. Sehr deutlich führte er aus, dass eine andere Niederlassung als der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit nur zur Bestimmung des Orts der Besteuerung von Dienstleistungen in Betracht komme, wenn die Anknüpfung an diesen Sitz nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führe oder einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge habe.
b) Eher unbrauchbare Entscheidungen
Hier ist in erster Linie die Entscheidung "Welmory" zu nennen. In diesem polnischen Vorabentscheidungsersuchen ging es um eine denkbare feste Niederlassung durch Dienstleistungen für den Betrieb und die Pflege einer Internet-Auktionsseite sowie die Ausgabe und Vermarktung sog. "Bids", wobei die beiden betroffenen Gesellschaften trotz später gleicher Bezeichnung im Streitzeitraum noch nicht gesellschaftsrechtlich verbunden waren. Die Entscheidung ist nahezu nutzlos, da der EuGH es nur für möglich hält, dass entsprechende Dienstleistungen eine feste Niederlassung begründen könnten, die entsprechende finale Würdigung aber laut Leitsatz dem vorlegenden Gericht überträgt.
c) Bedingt hilfreiche Entscheidungen
aa) "Faaborg-Gelting"
Trotz ausführlicher Gedanken zur Präsenz von Küchenpersonal, Kellnern, Mobiliar, Küche und Geschirr (mithin: Personen und Sachmitteln) entscheidet der EuGH hier für ein Restaurant auf einer Fähre zwischen Deutschland und Dänemark gegen eine feste Niederlassung. Er begründet dies sehr kurz – außerhalb des Leitsatzes – mittels Verneinung einer "steuerlich sinnvollen Lösung" bei Besteuerung nach dem Niederlassungsort.
bb) "DFDS"
Der EuGH behandelte eine britische Tochtergesellschaft einer dänischen Reederei, die für diese Reiseleistungen in Großbritannien als Vermittlerin verkaufte, als feste Niederlassung der dänischen Reederei, woraus sich ei...