Darstellung anhand von Praxisbeispielen
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Jens Herkens / Dipl.-Finw. Pascal Kees
Eine Investition kann nur dann nach § 7g EStG gefördert werden, wenn das angeschaffte/hergestellte Wirtschaftsgut (WG) in bestimmter Weise genutzt wird. Dies erfordert insbesondere eine mindestens 90%ige betriebliche Nutzung bis zum Ende des Folge-Wirtschaftsjahres (WJ) der Anschaffung/Herstellung des WG. Infolge einer Änderung des § 7g EStG durch das JStG 2020 (JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl. I 2020, 3096) ist neben der eigenbetrieblichen Nutzung nunmehr auch die Vermietung eines WG begünstigt. Das BMF hat sein Anwendungsschreiben zum Investitionsabzugsbetrag (IAB) am 15.6.2022 (BMF v. 15.6.2022 – IV C 6 - S 2139-b/21/10001 :001 – DOK 2022/0547974, BStBl. I 2022, 945 = EStB 2022, 253 [Herkens]) an diese Rechtsänderungen angepasst. Der folgende Beitrag stellt anhand konkreter Beispiele dar, welche Nutzungen eines WG nach § 7g EStG begünstigt oder schädlich sind.
1. Grundsätze
Wenn für angeschaffte/hergestellte WG ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) nach § 7g Abs. 2 EStG abgezogen wird, unterliegt dieses WG bestimmten Nutzungs- und Verbleibensvoraussetzungen. Der IAB ist rückgängig zu machen, wenn dagegen verstoßen wird (§ 7g Abs. 4 EStG).
Das WG muss
- in bestimmter Weise verwendet werden (Nutzungsvoraussetzung) und
- bis zum Ende des Folge-WJ der Investition zum selben Betrieb gehören (Verbleibensvoraussetzung).
Nutzungsvoraussetzung: Nach § 7g Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 1 EStG muss das angeschaffte/hergestellte (abnutzbare und bewegliche) WG des Anlagevermögens
oder
- in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder (fast) ausschließlich betrieblich genutzt werden.
Verbleibensvoraussetzung: Das WG muss bis zum Ende des WJ, das der Investition folgt, zum Betrieb gehören.
Zeitgrenze: Die begünstigte Nutzung und die Zugehörigkeit des WG zum Betrieb sind nur bis zum Ende des dem WJ der Anschaffung/Herstellung folgenden WJ relevant. Es ist für § 7g Abs. 4 EStG daher unbeachtlich, wenn nach dem Ende dieser Frist das WG aus dem Betrieb ausscheidet oder nicht mehr begünstigt genutzt wird.
2. Eigenbetriebliche Nutzung und private Mitbenutzung
Ein IAB ist im Grundsatz nur für ein WG zu gewähren, welches ausschließlich oder fast ausschließlich zu eigenbetrieblichen Zwecken genutzt oder vermietet wird (§ 7g Abs. 1 S. 1 EStG). Unter dem Tatbestandsmerkmal "fast ausschließlich" ist eine betriebliche Nutzung von mindestens 90 % zu verstehen. Der Umfang der betrieblichen Nutzung ist nach allgemeinen Grundsätzen zu bestimmen (z.B. zeitanteilige Aufteilung oder Aufteilung nach betrieblicher und privater Leistung).
Pkw-Nutzung: Der betriebliche Nutzungsumfang eines Pkw bemisst sich nach der anteiligen Fahrleistung. Früher hatte die Finanzverwaltung den Standpunkt vertreten, dass für den Nachweis der (fast) ausschließlichen betrieblichen Nutzung nur ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geeignet sei, welches auch für die Entnahmebesteuerung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG geführt wird. Damit war § 7g EStG für Pkw nicht anzuwenden, deren Entnahme nach der 1 %-Methode versteuert wurde.
Nachdem der BFH der Verwaltungsauffassung widersprochen hat, lässt es die Finanzverwaltung nunmehr bei Anwendung der 1 %-Methode zu, dass auf anderem Wege die mindestens 90%ige betriebliche Nutzung nachgewiesen wird. Sie legt hierbei aber strenge Maßstäbe an.
Beispiel
Eine Versicherungsmaklerin nutzt ihren betrieblichen Pkw gelegentlich auch für Privatfahrten (zu 5 %) und für den Besuch einer von ihr vermieteten Immobilie (zu 2 %). Sie möchte ihre betriebliche Fahrleistung (93 %) nachweisen durch
a) ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (mit Belegen);
b) ein nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (mit Belegen), das jedoch nur leichte formale Mängel bei der Angabe einiger Kundenanschriften (Fahrtziele) hat. Die betriebliche Fahrleistung von 93 % lässt sich inhaltlich nachvollziehen.
c) eine rechnerisch und inhaltlich lückenlose und nachvollziehbare Excel-Tabelle zu den gesamten Fahrten (entsprechend den Inhalten eines Fahrtenbuchs), durch Tank- und Inspektionsrechnungen sowie durch ihren privaten und beruflichen Terminkalender.
Lösung:
zu a): Durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG kann die mindestens 90%ige (hier: 93%ige) betriebliche Nutzung nach der Verwaltungsauffassung nachgewiesen werden.
zu b): Ein für Zwecke der Besteuerung der außerbetrieblichen Pkw-Nutzung nicht anzuerkennendes Fahrtenbuch kann ein Beweismittel sein, mit dem die betriebliche Nutzung für Zwecke des § 7g EStG zumindest glaubhaft gemacht werden kann. Beachten Sie: Es ist aber zweifelhaft, ob ein nur "beinahe" ordnungsgemäßes Fahrtbuch für das Finanzamt die fast ausschließliche betriebliche Nutzung "zweifelsfrei" dokumentiert, wenn für die Entnahmebesteuerung die 1 %-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG) anzuwende...