1. Einführung
Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien vom 14.3.2018 sah eine Reform des Personengesellschaftsrechtes vor, um dieses an die Anforderungen eines modernen und vielfältigen Wirtschaftslebens anzupassen.
In den letzten Zügen der Regierungskoalition des 19. Deutschen Bundestages wurde der Versuch unternommen, dieses Vorhaben durch verschiedene Gesetzgebungsverfahren zu verwirklichen. So wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts das Optionsmodell nach § 1a KStG eingeführt, welches Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften auf Antrag ermöglicht, wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden. Mit Datum vom 10.11.2021 hat das BMF einen umfassenden Anwendungserlass zum Optionsmodell veröffentlicht.
Die aktuelle Regierungskoalition hatte sich auf Basis der vorstehenden Maßnahmen in ihrem Koalitionsvertrag v. 24.11.2021 das Ziel gesetzt, das Optionsmodell und die Thesaurierungsbegünstigung zu evaluieren und zu prüfen, inwieweit praxistauglich Anpassungen erforderlich sind. Mit Datum vom 14.7.2023 wurde ein erster Referentenentwurf unter dem Titel "Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness" (Wachstumschancengesetz) veröffentlicht, der einige Anpassungen beim Optionsmodell nach § 1a KStG vorsah. Dem Wachstumschancengesetz wurde nach langem Ringen am 22.3.2024 durch den Bundesrat die Zustimmung erteilt.
2. Gesetzliche Neuregelung
Der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung gilt technisch als Formwechsel, so dass nach § 1a Abs. 2 Sätze 1 und 2 KStG die Vorschrift des Formwechsels einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft nach § 25 UmwStG entsprechend anzuwenden ist. Folge der Formwechselfiktion ist, dass auch insoweit der gesamte Mitunternehmeranteil – d.h. inklusive des funktional wesentlichen Sonder-BV – Gegenstand der Körperschaftsteueroption sein muss.
Als funktional wesentliches Sonder-BV qualifizieren nach den vorstehenden Ausführungen in gewissen Konstellationen auch die Anteile des Mitunternehmers an einer Komplementärgesellschaft.
Nach bisheriger Fassung des § 1a KStG war nach Ansicht der Finanzverwaltung ein Buch- oder Zwischenwertansatz ausgeschlossen, soweit funktional wesentliches Sonder-BV nicht auf die optierende Gesellschaft übertragen wurde.
Mit dem Wachstumschancengesetz wurde in § 1a Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 KStG eine Neuregelung betreffend die Miteinbringung funktional wesentlicher Beteiligungen an Komplementärgesellschaften getroffen. Künftig soll nach gesetzlicher Vorgabe die Zurückbehaltung der Beteiligung an einer Komplementärgesellschaft der optierenden Gesellschaft der Anwendung des Buchwertprivilegs i.S.d. § 25 S. 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 UmwStG nicht entgegen stehen. Mit der Ergänzung soll ausweislich der Gesetzesbegründung sichergestellt werden, dass die steuerneutrale Ausübung der Option nicht deshalb ausgeschlossen wird, weil eine dem funktional notwendigen Sonder-BV zuzurechnende Beteiligung nicht mitübertragen wird.
3. Einordnung der Neuregelung
Der BFH hatte im Jahr 2009 zu einem echten Formwechsel i.S.d. § 25 UmwStG entschieden, dass die funktionale Wesentlichkeit der Komplementärbeteiligung entfällt, da die Personengesellschaft mit Formwechsel erlischt.
Im Kontext des Optionsmodells besteht die Personengesellschaft jedoch zivilrechtlich fort, so dass der Entfall der funktionalen Wesentlichkeit zivilrechtlich gerade nicht eintritt. Daher können nach hier vertretener Auffassung die Grundsätze der vorgenannten Rechtsprechung nicht auf die Ausübung einer Körperschaftsteueroption ausgeweitet werden.
Somit schlägt auch i.R.d. § 1a KStG grundsätzlich eine rein funktionale Betrachtungsweise durch. Mithin ist dem Grunde nach auch eine Mitübertragung der Beteiligung an einer Komplementär-GmbH geboten, so sie nach den vorstehenden Ausführungen als funktional wesentliches Sonder-BV qualifizieren.
Durch die Neuregelung wird nunmehr eine Ausnahme geschaffen. So wird im Kontext von Übertragungsvorgängen im Optionsmodell – d.h. dem fiktiven Formwechsel i.S.d. § 25 UmwStG – geregelt, dass eine Einbringung funktional wesentlicher Betriebsgrundlagen nicht erforderlich ist, soweit es sich um Anteile an Komplementärgesellschaften handelt...