1. Sinn und Zweck
Sind mehrere Personen an der Erzielung einkommensteuerpflichtiger oder körperschaftsteuerpflichtiger Einkünfte beteiligt und sind ihnen diese Einkünfte auch anteilig steuerlich zuzurechnen, werden die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO. Diese Einkünfte sollen i.S.d. gleichmäßigen Besteuerung und der Verwaltungsvereinfachung durch (nur) eine Finanzbehörde und dabei auch mit Wirkung für und gegen alle Beteiligten ermittelt und verbindlich beurteilt werden.
Eine gesonderte und einheitliche Feststellung ist schon dann erforderlich, wenn zweifelhaft ist oder auch nur möglich erscheint,
Dementsprechend müssen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht von vornherein feststehen, sondern sollen im Feststellungsverfahren gerade geklärt werden.
2. Beteiligung mehrerer Personen
Von einer Beteiligung mehrerer Personen kann ausgegangen werden, wenn sie in zivilrechtlicher Hinsicht gemeinsam an den Einkünften berechtigt sind. Dies ist zu bejahen, wenn sie zivilrechtlich als Gemeinschafter (z.B. Miteigentümer) oder Gesellschafter miteinander verbunden sind (z.B. bei einer Erbengemeinschaft in der Zeit vom Erbfall bis zur Erbauseinandersetzung bestehen).
Dagegen ist die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft keine Beteiligung Mehrerer i.S.d. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist. Das Gleiche gilt für die Einkünfte der persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA. Dagegen spielt es für die Anwendung des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO keine Rolle, ob ein oder mehrere Feststellungsbeteiligte als Kapitalgesellschaft oder sonstige juristische Person der Körperschaftsteuer unterliegt. Ebenso können Gesellschafter einer Personengesellschaft oder Personengemeinschaft selbst eine Personengesellschaft oder Personengemeinschaft sein (doppelstöckige Personengesellschaft).
3. Zurechnung
a) Praxisrelevanten Fallgruppen
Die Beteiligung mehrerer Personen an den Einkünften setzt steuerlich aber voraus, dass ihnen die Einkünfte gemeinsam zuzurechnen sind (s. oben unter II.). Das ist grundsätzlich der Fall, wenn sie den Tatbestand der Einkünfteerzielung gemeinsam verwirklichen, insb., wenn eine Mitunternehmerschaft vorliegt.
Im Folgenden werden die einzelnen praxisrelevanten Fallgruppen dargestellt. Anschließend werden die übrigen Einkunftsarten behandelt. Fragen der steuerlichen Zurechnung stellen sich vor allem bei der mittelbaren Beteiligung. Dann kommt eine besondere gesonderte Feststellung gem. § 179 Abs. 2 S. 3 AO in Betracht.
b) Doppel- und mehrstöckige Personengesellschaft
Personenhandelsgesellschaften und mitunternehmerisch tätige GbR können Gesellschafter und Mitunternehmer einer Personenhandelsgesellschaft sein. Bei dieser Konstruktion sind die Gesellschafter der Obergesellschaft keine Mitunternehmer der Untergesellschaft (BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691). Im Falle solcher doppelstöckigen Personengesellschaften werden auf der ersten Stufe die Einkünfte aus der Untergesellschaft gesondert und einheitlich festgestellt. Der auf die Obergesellschaft entfallende Gewinnanteil wird dieser zugerechnet. Auf der zweiten Stufe werden die Besteuerungsgrundlagen bei der Obergesellschaft festgestellt. Der für die Untergesellschaft ergehende Feststellungsbescheid ist, soweit die Einkünfte auf die Obergesellschaft entfallen, Grundlagenbescheid für den in Ansehung der Obergesellschaft ergehenden Gewinnfeststellungsbescheid (BFH v. 10.8.2006 – II R 24/05, BStBl. II 2007, 87 = AO-StB 2006, 307). Bei mehrstöckigen Personengesellschaften gilt entsprechend ein mehrstufiges Feststellungsverfahren.
c) Beteiligung mehrerer bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind die Einnahmen demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt. Die rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentumsverhältnisse an einem vermieteten oder verpachteten Grundstück sind für die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung nicht alleine entscheidend. Nach st. Rspr. des BFH (z.B. BFH v. 3.12.1991 – IX R 155/89, BStBl. II 1992, 459) verwirklicht den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter Dritten entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen. Er muss Vermieter oder Verpächter und damit Träger der Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Pachtvertrag sein. Schließen sich mehrere Personen zusammen, um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (z.B. in der Rechtsform einer GbR), so sind ihnen nach Auffassung des BFH die Einkünfte gemeinsam zuzurechnen, wenn sie in gesamthänderischer Verbundenheit den Tatbestand der Einkunftsart verwirklichen (BFH v. 3.12.1991 – IX R 155/89, BStBl. II 1992, 459; BFH v. 9.4.1991 – IX R 78/88, BStBl. II 1991, 809).