Eine gesonderte Feststellung darf nur erfolgen, wenn und soweit es ausdrücklich in der AO oder in den Steuergesetzen bestimmt ist (BFH v. 11.4.2005 – GrS 2/02, BStBl. II 2005, 679 = AO-StB 2005, 260). In der AO regeln § 179 Abs. 2 S. 3, § 180 Abs. 1, § 180 Abs. 2 AO i.V.m. der VO v. 19.12.1986 sowie § 180 Abs. 5 AO Fälle der gesonderten Feststellung.
- Gemeinschaftlich erzielte Einkünfte mehrerer Personen
Sind mehrere Personen an der Erzielung einkommensteuerpflichtiger oder körperschaftsteuerpflichtiger Einkünfte beteiligt und sind ihnen diese Einkünfte auch anteilig steuerlich zuzurechnen, werden diese gemeinschaftlich erzielten Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO. Hierzu mehr im 2. Teil dieses Beitrages.
- Feststellung von Einheitswerten
Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO werden Einheitswerte und Grundsteuerwerte nach Maßgabe des BewG festgestellt. Einheitswertfeststellungen finden noch bei Grundbesitz für Zwecke der Grundsteuer, der Gewerbesteuer, bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG und, soweit eine Gegenleistung nicht bestimmt ist, bei der Grunderwerbsteuer sowie der Erbschaftsteuer statt. Gegenstand der Feststellung sind die wirtschaftlichen Einheiten nach Maßgabe von § 2 BewG. Der Einheitswertbescheid muss insb. die Art des Bewertungsgegenstandes, dessen steuerlich maßgeblichen Wert und seine Zurechnung feststellen.
- Unterschiedliche Zuständigkeit für Betrieb und Wohnsitz
Fallen der Wohnort und der Betriebs- bzw. Tätigkeitsort auseinander und liegen diese Orte im Bereich verschiedener Finanzämter, sind die Einkünfte des Steuerpflichtigen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Tätigkeit gesondert festzustellen, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO. Das räumlich und ggf. sachlich dem Betrieb näherstehende FA des Betriebs- bzw. Tätigkeitsorts muss verbindlich über die steuerliche Behandlung der Gewinneinkünfte entscheiden. Dies dient insb. der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens, da das Wohnsitz-FA bei der Ermittlung der Gewinneinkünfte ohnehin auf die Amtshilfe des Feststellungs-FA angewiesen wäre.
Beispiel:
A wohnt in Wipperfürth und betreibt in Gummersbach eine Rechtsanwaltskanzlei. Zuständig für die Gewinnfeststellung gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 AO ist das Betriebs-FA in Gummersbach, während die Einkommensteuer durch das Wohnsitz-FA in Wipperfürth gem. § 19 Abs. 1 S. 1 AO veranlagt wird.
Wenn A im Laufe des Wirtschaftsjahres 2023 seinen Wohnsitz nach Gummersbach verlegt, ist nun das FA Gummersbach gleichzeitig auch Wohnsitz-FA. Dementsprechend ist für 2023 keine gesonderte Feststellung mehr durchzuführen. Soweit für vorangegangene Jahre (2022 und früher) noch keine Feststellung erfolgt ist, braucht grundsätzlich auch keine gesonderte Feststellung mehr durchgeführt zu werden, weil ein Fall von geringer Bedeutung anzunehmen ist (AEAO zu § 180, Ziff. 4).
In sog. "Großstadtfällen" kann allerdings auf eine gesonderte Feststellung verzichtet werden. Insb. in größeren Städten oder Gemeinden kann es öfter vorkommen, dass zwei verschiedene Finanzämter für ein Einzelunternehmen einerseits und die Einkommensteuer andererseits zuständig sind, obwohl Wohnsitz und Betrieb geografisch nicht weit voneinander entfernt liegen. So ist beispielsweise das Gebiet folgender Städte/Gemeinden in Nordrhein-Westfalen auf mehrere Finanzämter aufgeteilt:
Region |
Finanzämter |
Aachen |
FA Aachen-Kreis, FA Aachen-Stadt |
Bonn |
FA Bonn-Innenstadt, FA Bonn-Außenstadt |
Bielefeld |
FA Bielefeld-Innenstadt, FA Bielefeld-Außenstadt |
Gehören zum Bereich der Wohnsitzgemeinde mehrere Finanzämter und bezieht der Steuerpflichtige Einkünfte aus einem Einzelunternehmen zwar innerhalb der Wohnsitzgemeinde, aber im Bezirk eines anderen FA als des Wohnsitz-FA, kann das Betriebs-FA nach der Großstadtregelung auch für die Einkommensteuererklärung zuständig sein.
Beispiel 1:
Der Wohnsitz des Unternehmers U befindet sich im Bezirk des FA Aachen-Kreis. U erzielt Einkünfte aus einem Einzelunternehmen im Bezirk des FA Aachen-Stadt.
Grundsätzlich wäre das FA Aachen-Kreis für die Einkommensteuererklärung zuständig. Zwecks Vermeidung einer gesonderten Gewinnfeststellung übernimmt das FA Aachen-Stadt jedoch auch die Zuständigkeit für die Einkommensteuererklärung.
Beispiel 2:
Landwirt L wohnt im Bezirk des FA Bonn-Außenstadt und erzielt Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Bezirk des FA Bonn-Innenstadt sowie Einkünfte aus einem weiteren Einzelunternehmen im Bezirk des FA Euskirchen.
Hier wäre das FA Bonn-Außenstadt grundsätzlich für die Einkommensteuererklärung des L zuständig. Zwecks Vermeidung einer gesonderten Gewinnfeststellung übernimmt das FA Bonn-Innenstadt jedoch auch die Zuständigkeit für die Einkommensteuererklärung des L. Die Einkünfte aus dem weiteren Einzelunternehmen im Bezirk des FA Euskirchen sind dagegen nicht in der Wohnsitzgemeinde Bonn erzielt worden. Diese sind vom FA Euskirchen gesondert festzustellen.
Auch insoweit wird au...