a) Der Erlass v. 13.10.2022
Junge Finanzmittel sind nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG der positive Saldo aus der Einlage und der Entnahme von Finanzmitteln innerhalb von zwei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt. Wie im Bereich des jungen Verwaltungsvermögens soll nach dem Erlass auch bei der Ermittlung junger Finanzmittel die betriebsbezogene Betrachtungsweise anzuwenden und auf jeder Beteiligungsstufe zu prüfen sein, ob eine Einlage oder Entnahme in die jeweilige Beteiligungsgesellschaft erfolgt ist. Da § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG auf die Begriffe "Einlage" bzw. "Entnahme" abstellt, sind die jungen Finanzmittel nicht mit dem jungen Verwaltungsvermögen identisch (Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass v. 13.10.2022 – S 3812b, BStBl. I 2022, 1517 Rz. 31 ff.). Die Begriffe "Einlage" und "Entnahme" sollen daher in entsprechender Anwendung von R E 13a.15 Abs. 1 Satz 4 ErbStR nach den Grundsätzen des Ertragsteuerrechts zu beurteilen sein. Im Rahmen von § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG soll es jedoch auf die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Perspektive ankommen (Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass v. 13.10.2022 – S 3812b, BStBl. I 2022, 1517 Rz. 34).
Als Einlagevorgang i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG sollen allgemein alle Zuführungen zum Unternehmensvermögen durch Gesellschafter oder nahestehende Personen i.S.v. § 1 Abs. 2 AStG zu verstehen, sofern es sich bei dem zugeführten Gegenstand um Finanzmittel handelt. Abweichend von der ertragsteuerlichen Behandlung sollen Einbringungsvorgänge gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder anderer Gegenleistungen und Vermögenszuführungen im Weg der Neugründung von Betriebsaufnahmen als Einlagen einzustufen sein (Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass v. 13.10.2022 – S 3812b, BStBl. I 2022, 1517 Rz. 35 f.).
Eine Entnahme i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG liegt vor, wenn dem Unternehmensvermögen Finanzmittel durch Gesellschafter oder nahestehende Personen i.S.v. § 1 Abs. 2 AStG entzogen werden. Dazu gehören auch die Ausschüttungen bei Kapitalgesellschaften (Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass v. 13.10.2022 – S 3812b, BStBl. I 2022, 1517 Rz. 37).
Ändert sich die betriebsbezogene Zurechnung durch den Umwandlungsvorgang nicht, führt der Betrieb auch hinsichtlich der jungen Finanzmittel die bisherigen Rechengrößen (Entnahme und Einlagen der letzten zwei Jahre) fort. Dies gilt für die Einbringung von Mitunternehmeranteilen in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, die Anwachsung unter Fortbestand der Personengesellschaft sowie Formwechsel.
Etwas anderes soll für Finanzmittel im SBV gelten, die i.R.d. Formwechsels in einer Kapitalgesellschaft übertragen werden. Diese werden aufgrund des Rechtsträgerwechsel bei der Ermittlung der jungen Finanzmittel als Einlage berücksichtigt (Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass v. 13.10.2022 – S 3812b, BStBl. I 2022, 1517 Rz. 38). Führt der Umwandlungsvorgang dagegen zu einem Wechsel in der betrieblichen Zuordnung, mit der Folge das junges Verwaltungsvermögen begründet wird, so gilt auch die durch den Umwandlungsvorgang erfolgte Zuführung von Finanzmitteln zum neuen Betrieb als Einlage (Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass v. 13.10.2022 – S 3812b, BStBl. I 2022, 1517 Rz. 39).
Bei der Ermittlung der jungen Finanzmittel durch die Ermittlung des positiven Saldos der innerhalb von zwei Jahren vor Entstehung der Steuer eingelegten und entnommenen Finanzmittel gem. § 13 Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG ist ein Rückgriff auf die ertragsteuerliche Definition von Einlage und Entnahmen vorzunehmen (Schwind, ZEV 2020, 673, 675). Die Finanzverwaltung hat sich dem gem. R E 13.15 Abs. 1 ErbStG in Bezug auf die Ermittlung von behaltensfristschädlichen Überentnahmen angeschlossen. Im Hinblick auf die Finanzmittel kann die Auslegung des Einlagebegriffs nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht auf die ertragsteuerliche Definition beschränkt bleiben. Wörtlich sei "als Einlagevorgang" i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG allgemein alle Zuführungen zum Unternehmensvermögen durch Gesellschafter oder nahestehende Personen zu verstehen, sofern es sich bei dem zugeführten Gegenstand um Finanzmittel handelt.
b) Stellungnahme
Die Begründung von jungen Finanzmitteln durch Umwandlungsvorgänge widerspricht zunächst der grundsätzlich maßgeblichen ertragsteuerlichen Sichtweise, nach der es in derartigen Fällen um tauschähnliche Vorgänge und daher aber gerade nicht um Einlagen handelt. Insbesondere im Fall von Aufwärtsverschmelzungen scheint die Erfassung solcher Einlagen problematisch (Weisheit, ZEV 2023, 20, 24). § 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 2 ErbStG spricht explizit von "eingelegten [...] Finanzmitteln".
Bei Verschmelzungen handelt es sich jedoch um Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge und gerade nicht um Einlagevorgänge. Damit spricht auch der Gesetzeswortlaut gegen eine Umqualifizierung von Finanzmitteln. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass das Urteil des BFH v. 22.1.2020 zwar Aussagen zu jungem Verwaltungsvermögen macht, nicht aber zu jungen Finanzmitteln. Junge...