Die Adaption der Rspr. des BFH durch die Finanzverwaltung erscheint problematisch. Die vorstehend angeführten Urteile des BFH betrafen die Streitjahre 2007 und 2010 bis 2012 und damit einen Zeitraum, in dem § 13b ErbStG a.F. nach dem Urteil des BVerfG v. 17.12.2014 (BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, ZEV 2015, 19 = FR 2015, 160; s. dazu auch M. Söffing/Thonemann-Micker, ErbStB 2015, 40; Königer/Mühlhaus, ErbStB 2015, 71) zwar verfassungswidrig, jedoch bis zum 30.6.2016 noch anwendbar war. Es stellt sich zunächst die Frage, ob einen bloßen Aktiventausch darstellende Umwandlungsvorgänge zu jungen Verwaltungsvermögen führen können. Der BFH hat dies allerdings in seinen Urteilen v. 22.1.2018 explizit abgelehnt (BFH v. 22.1.2020 – II R 8/18, BStBl. II 2020, 567 = ErbStB 2020, 282 [Marfels]; BFH v. 22.1.2020 – II R 13/18, BStBl. II 2020, 570; BFH v. 22.1.2020 – II R 18/18, BStBl. II 2020, 573; BFH v. 22.1.2020 – II R 21/18, BStBl. II 2020, 567). Zwar bezog sich dieses Urteil auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des ErbStAnpG (Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rspr. des BVerfG v. 4.11.2016, BGBl. I 2016, 2464).
Beraterhinweis Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Definition des jungen Verwaltungsvermögens in § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG n.F. gegenüber § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG sich gerade nicht verändert hat. Es kommt sowohl nach altem als auch neuem Recht darauf an, ob das Verwaltungsvermögen im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer dem Betrieb weniger als zwei Jahre zuzurechnen ist (Kotzenberg/Riedel, DB 2020, 2707, 2709; Schwind, ZEV 2020, 673, 674).
Allerdings ist bei Vorhandensein mehrerer Beteiligungsebenen nunmehr nach § 13b Abs. 9 ErbStG eine sog. Verbundvermögensaufstellung vorzunehmen. Wenn zum begünstigungsfähigen Vermögen in Form von Betrieben, Beteiligungen an Mitunternehmerschaften oder Kapitalgesellschaftsanteilen unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungen an Personengesellschaften oder Anteilen an Kapitalgesellschaften gehören, dann sind anstelle der Beteiligungen die diesen Gesellschaften zuzurechnenden Vermögensgegenstände mit dem Anteil einzubeziehen, zu dem die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung besteht. Die maßgeblichen Werte sind im Weg einer getrennten Ermittlung zunächst bei der betroffenen Einheit festzustellen und anschließend über die Verbundvermögensaufstellung zuzurechnen (Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13b Rz. 182). Die gemeinen Werte sind zunächst so zu ermitteln als sei die betroffene Einheit Gegenstand eines unentgeltlichen Erwerbs (Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13b Rz. 182). Danach werden die ermittelten Werte der betroffenen Wirtschaftsgüter auf die nächsthöhere Stufe konsolidiert (Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13b Rz. 182). Am Ende laufen die bei einer mehrfachen Struktur in der Tochtergesellschaft aufgelaufenen Werte in die Verbundvermögensaufstellung der Spitzeneinheit ein (Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13b Rz. 182).
Das vom Gesetzgeber mit der Einfügung des § 13b Abs. 9 und der Verbundvermögensaufstellung in das ErbStG verfolgte Ziel bestand darin, die vom BVerfG beanstandete bisherige Stufenprüfung zu beseitigen, bei der in mehrstufigen Strukturen auf jeder Ebene gesondert zu prüfen war, ob das Verwaltungsvermögen die Grenze von 50 % jeweils über- oder unterschritt, § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG a.F., sog. "Holdingklausel" (Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Aufl. 2018, § 13b Rz. 97). Um die mit einem solchen Vorgehen verbundenen positiven oder negativen Kaskadeneffekte auszuschließen, sieht das Gesetz nunmehr eine konsolidierte Berechnung des gemeinen Wertes des Verwaltungsvermögens vor (Stalleiken in v. Oertzen/Loose, ErbStG, 2. Aufl. 2020, § 13b Rz. 237). Das Halten von mittelbaren Beteiligungen soll gegenüber dem Halten von nur unmittelbaren Beteiligungen keine Vorteile bringen und damit aus fiskalischer Sicht nicht gestalterisch genutzt werden können (Stalleiken in v. Oertzen/Loose, ErbStG, 2. Aufl. 2020, § 13b Rz. 237). Dies soll aber auch nicht zu Nachteilen führen, was bei der Auslegung des § 13b Abs. 9 ErbStG natürlich berücksichtigt werden muss (Stalleiken in v. Oertzen/Loose, ErbStG, 2. Aufl. 2020, § 13b Rz. 237).
In dem neuen System der Verbundvermögensaufstellung eine betriebsbezogene Betrachtung – wie sie von der Finanzverwaltung im Erlass v. 13.10.2022 zugrunde gelegt wurde – ist als verfehlt anzusehen. Die normsystematische Auslegung des § 13b Abs. 7 Satz 2 i.V.m. Abs. 9 ErbStG gebietet es im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum Betrieb auf eine mehr als zweijährige Zugehörigkeit zum Betrieb auf eine mehr als zweijährige Zugehörigkeit zum Verbund abzustellen. Friktionen können sich in derartigen Fällen ergeben, wenn das Verwaltungsvermögen von einer Gesellschaft, die nicht zu 100 % zum Verbund gehört, auf eine Gesellschaft verlagert wird die zu 100 % verbundsangehörig ist. Junges Verwaltungsvermögen im Verbund kann nach der hier vertretenen Auffassung durch Umstrukturierung nur entst...