Auf der Pflichtverletzung muss kausal der Schaden des Fiskus beruhen, für den der Geschäftsführer einzustehen hat (BFH v. 15.11.2022 – VII R 23/19, BB 2023, 661). Dabei gilt die Adäquanztheorie, wonach die entsprechende Pflichtverletzung nach allgemeiner Betrachtung und erfahrungsgemäß für den Schadenseintritt ursächlich sein muss, hypothetische Kausalverläufe bleiben außer Betracht (Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 99).

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang der Grundsatz der anteiligen Tilgung. Dieser besagt, dass der Fiskus nicht schlechter zu stellen ist, als andere Gläubiger der GmbH (BFH v. 14.12.2021 – VII R 32/20, BStBl. II 2022, 537 = AO-StB 2022, 174 (Marfels); FG Münster v. 15.10.2021 – 9 V 2341/21 K, EFG 2022, 15).

Dieser Grundsatz ist zwar im Kontext mit der Zahlungspflichtverletzung entwickelt worden (FG Düsseldorf v. 7.3.2023 – 7 K 883/20 H, BeckRS 2023, 4432), jedoch ist m.E. zu beachten, dass auch die Verletzung von Erklärungspflichten und somit ggf. die Vereitelung von erfolgsversprechenden Vollstreckungsmaßnahmen der Finanzbehörde im Ergebnis dazu führt, dass ein Steuerausfall entsteht und sich dann die Frage stellt, wie wurden im entsprechenden Zeitraum Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern der GmbH bedient.

Bei der Lohnsteuer gilt indes dieser Grundsatz nicht, da diese treuhänderisch von der GmbH als Arbeitgeberin verwaltet wird. "Falls" also "die zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung der vollen Löhne einschließlich des Steueranteils nicht ausreichen, darf der GmbH-Geschäftsführer die Löhne nur gekürzt auszahlen und muss aus den übrig gebliebenen Mitteln die darauf entfallende Lohnsteuer an das Finanzamt abführen" (FG Berlin-Bdb. v. 28.9.2021 – 4 K 4006/21, BeckRS 2021, 45034).

Für die Berechnung der Haftungsquote treffen den Geschäftsführer mit Zwangsmitteln nach §§ 328 ff. AO durchsetzbare Mitwirkungspflichten aus § 90 Abs. 1 AO (BFH v. 19.11.2012 – VII B 126/12, BFH/NV 2013, 504). Verletzt er diese Mitwirkungspflicht, so kann die Finanzverwaltung nach § 162 AO die Haftungsquote schätzen (BFH v. 15.11.2022 – VII R 23/19, BB 2023, 661).

Die Schätzung kann bei unterlassener Mitwirkung und nicht anders vorhandenen Ermittlungsmöglichkeiten auch zu einer Haftungsquote von 100 % führen (FG Düsseldorf v. 7.3.2023 – 7 K 883/20 H, BeckRS 2023, 4432).

Beraterhinweis Es empfiehlt sich keine Verweigerungstaktik bei der Mitwirkung zur Berechnung der Haftungsquote, weil diese ggf. vom FA mit 100 % geschätzt werden kann, so dass der Geschäftsführer i.d.R. bei Mitwirkung zu einem geringeren Haftungsumfang beitragen kann.

Wird der Grundsatz der anteiligen Tilgung vom Geschäftsführer nicht beachtet, soll dies bereits eine grobe Fahrlässigkeit darstellen (FG Münster v. 15.10.2021 – 9 V 2341/21 K, EFG 2022, 15).

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