Erzielen Steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wird die ESt gem. § 38 Abs. 1 S. 1 EStG durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben. Bei der LSt handelt es sich nicht um eine besondere Steuerart, sondern um eine besondere Form der Erhebung der ESt.
1. Dreiecksverhältnis
Schuldner der LSt ist gem. § 38 Abs. 2 S. 1 EStG der Arbeitnehmer. Verpflichtet zum Einbehalt und zur Abführung ist gem. § 38 Abs. 3, § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG der Arbeitgeber. In dieser Funktion wird der Arbeitgeber Steuerpflichtiger i.S.d. § 33 AO. Es entsteht ein Dreiecksverhältnis zwischen
- Finanzverwaltung,
- Arbeitgeber und
- Arbeitnehmer.
Für den Arbeitgeber wird somit
- neben dem zivilrechtlichen Arbeitsverhältnis
- eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung
etabliert. Wenngleich diese verpflichtende Inanspruchnahme des Arbeitgebers zum Einbehalt der LSt in der Literatur vereinzelt auf Kritik stößt, gibt es gegenwärtig keine Diskussionen, das aktuelle System zu verändern. Beachten Sie: Durch zivilrechtliche Vereinbarungen können diese Vorschriften nicht abbedungen werden.
Verpflichtungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Während der Arbeitgeber die LSt vom Bruttolohn einzubehalten hat, ist der Arbeitnehmer zur Duldung dieses Einbehalts verpflichtet. Der Arbeitnehmer hat mit der bloßen Duldung zum Einbehalt bereits seine Pflichten erfüllt. Der Arbeitgeber hingegen ist zum Einbehalt und zur Abführung der einbehaltenen LSt verpflichtet.
Beachten Sie: Da Arbeitnehmer und Arbeitgeber nebeneinander im LSt-Abzugsverfahren nicht dieselbe Leistung schulden, sind sie auch keine Gesamtschuldner gem. § 44 Abs. 1 S. 1 AO.
2. Pflichtverletzung des Arbeitgebers
Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers: Verletzt der Arbeitgeber seine Pflicht
- zum Einbehalt der LSt und
- zur Abführung der LSt,
kann er gem. § 42d Abs. 1 EStG in Haftung genommen werden. Beachten Sie: In diesen Fällen kann es in Ausnahmefällen auch zu einer gesamtschuldnerischen Haftung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber kommen, da neben dem Arbeitgeber auch der Arbeitnehmer in Haftung genommen werden kann (§ 42d Abs. 3 S. 1 EStG).
Haftungsinanspruchnahme des Arbeitnehmers: In Anspruch genommen werden darf der Arbeitnehmer indes nur,
Praktisch kommt der ersten Variante die größte Bedeutung zu. Hat der Arbeitgeber die LSt nicht vorschriftsmäßig einbehalten und stellt sich die Frage der Haftung, hat der Arbeitgeber ein im Vergleich zum zutreffenden LSt-Einbehalt überhöhtes Nettogehalt ausgezahlt. In diesen Fällen eröffnet § 42d Abs. 3 S. 3 Nr. 1 EStG die Haftungsinanspruchnahme des Arbeitnehmers.
Liegt kein Haftungstatbestand nach § 42d Abs. 1 EStG zu Lasten des Arbeitnehmers vor, sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch nicht Gesamtschuldner. Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtung in diesen Fällen mit der Duldung zum Einbehalt der LSt erfüllt – unabhängig davon, ob der Arbeitgeber diese einbehaltene LSt auch tatsächlich ordnungsgemäß anmeldet oder an das Betriebsstätten-Finanzamt (FA) abführt.
3. ESt-Festsetzungs- und Erhebungsverfahren
Von dem LSt-Abzug durch den Arbeitgeber sind
- die spätere Festsetzung der ESt und
- die Anrechnung der durch Abzug erhobenen LSt
im ESt-Festsetzungs- und Erhebungsverfahren des Steuerpflichtigen zu unterscheiden.
Im Rahmen des späteren Veranlagungsverfahrens des Arbeitnehmers erfolgt zunächst die ESt-Festsetzung. Erst wenn die konkrete Höhe der vom Arbeitnehmer zu zahlenden ESt festgesetzt wurde, wird in einem nächsten Schritt die Anrechnung der bereits geleisteten LSt gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) EStG vorgenommen.
§ 36 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) EStG stellt insoweit eine Verbindung zwischen
- Festsetzungsverfahren und
- Erhebungsverfahren
her.Beachten Sie: Verfahrensrechtlich ist die Anrechnungsverfügung ein selbständiger Verwaltungsakt. Kommt es zu einer Änderung des Steuerfestsetzungsbescheids, führt dies automatisch auch zu einer Änderung der Anrechnungsverfügung.
Hat der Arbeitgeber die LSt einbehalten, kommt es für die Anrechnung der einbehaltenen LSt beim Arbeitnehmer gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die einbehaltene LSt auch tatsächlich an das Betriebsstätten-FA abgeführt hat, sofern der Arbeitnehmer keine positive Kenntnis von dem Verhalten des Arbeitgebers hat.