Die Ankündigung aus der HwO, dass im Meisterprüfungsverfahren künftig Prüfungskommissionen eine wesentliche Rolle spielen würden, wurde in der MPVerfVO-Novelle vom Januar 2022 durch einen völlig neuen § 10 MPVerfVO konkretisiert.
Der neu eingefügte § 10 mit dem Titel "Bildung und Zusammensetzung von Prüfungskommissionen, Zuweisung von Prüfungsleistungen, Stellvertretung" enthält konkrete Vorgaben dazu, wie sich die in den §§ 48a und 51c der Handwerksordnung vorgesehene Bildung der Prüfungskommissionen und die Zuweisung der Abnahme und Bewertung einzelner Prüfungsleistungen vollzieht.
2.4.1 Bildung und Aufgabenzuweisung
Zunächst bildet der Meisterprüfungsausschuss für die anberaumten Prüfungstermine Prüfungskommissionen und weist ihnen ihre Aufgaben zu. Der Umfang dieser Zuweisung unterscheidet sich je nach Prüfungstyp: bei schriftlichen Prüfungsleistungen übernehmen Prüfungskommissionen nur die Bewertung, bei anderen Prüfungsleistungen Abnahme und Bewertung.
Des Weiteren entscheidet der Meisterprüfungsausschuss nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 – also unter Anwesenheit bzw. im Umlaufverfahren bei Zustimmung aller Mitglieder – einstimmig über die Bildung und Zuweisung. Sämtliche Mitglieder des Meisterprüfungsausschusses sollen die Besetzung der Prüfungskommissionen mitverantworten und mitgestalten können. Schließlich sind sie später auch alle an die abschließenden Bewertungen der Prüfungskommissionen gebunden, wenn der Meisterprüfungsausschuss seine Beschlüsse über die Noten und das Bestehen trifft.
Im Übrigen wird klargestellt, dass der Meisterprüfungsausschuss für einen Prüfungstermin auch mehrere Prüfungskommissionen bilden kann. Konstruktiv vollzieht sich die Zuweisung einer Prüfungsleistung zu einer Prüfungskommission je Prüfling. Entsprechend bestehen – sofern die Maßgaben des Absatzes 2 eingehalten werden – auch keine Bedenken gegen die Einsetzung mehrerer Prüfungskommissionen für einen Prüfungstermin, der die Abnahme und Bewertung von Prüfungsleistungen mehrerer Prüflinge bündelt.
2.4.2 Inhaltlicher Kontext der Prüfungsleistungen
Bei der Bildung der Prüfungskommissionen und der Zuweisung von Prüfungsleistungen an diese ist der inhaltliche Bezug einzelner Prüfungsleistungen zueinander zu beachten und zu wahren. Hinter dieser Regelung steht das prüfungsrechtliche Gebot, dass Prüfer nur solche Prüfungsleistungen bewerten dürfen, die sie selbst auch unmittelbar wahrgenommen haben. Meisterprüfungsordnungen etwa verknüpfen inhaltlich einzelne Prüfungsleistungen miteinander wie in Teil I der Meisterprüfung ein Meisterprüfungsprojekt und das darauf bezogene Fachgespräch. Besteht ein derartiger Konnex, verbietet sich die Zuweisung der verknüpften Prüfungsleistungen an unterschiedlich besetzte Prüfungskommissionen.
Im Übrigen wird klargestellt, dass der Meisterprüfungsausschuss einer Prüfungskommission die Abnahme und Bewertung mehrerer Prüfungsleistungen zuweisen kann. Dies gilt sowohl in den Fällen des Satzes 1 als auch darüber hinaus.
2.4.3 Personelle Besetzung von Prüfungs-Kommissionen
Die neu gefasste Meisterprüfungsverfahrensverordnung regelt weiterhin verbindlich, mit wie vielen Prüfern Prüfungskommissionen, abhängig von der Prüfungsform, zu besetzen sind. Angesichts der neuen Prüfungsstruktur, die den Prüfungskommissionen nicht mehr nur die vorbereitende, sondern die abschließende Bewertung der Prüfungsleistungen zuweist, tritt diese Festlegung an die Stelle der bisherigen Vorgaben für eine fakultative Delegation in § 16 Abs. 6 Satz 1 und 2, in § 17 Abs. 1 Satz 2 und 3, in § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 sowie in § 19 Abs. 1 Satz 1 der Meisterprüfungsverfahrensverordnung. Somit steht die Größe der Kommissionen zukünftig von vornherein fest.
Absatz 3 enthält dabei Besetzungsvorgaben für Prüfungskommissionen, die nicht zur Abnahme einer Stationenprüfung i. S. d. Absatzes 4 errichtet werden. Absatz 3 Satz 1 gibt vor, dass solche Prüfungskommissionen stets mit 2 Prüfern aus dem Kreis der nach § 48a Abs. 2 und 3 oder § 51c Abs. 2 und 3 der Handwerksordnung berufenen prüfenden Personen zu besetzen sind. Satz 2 macht zusammen mit Satz 3 weitere Vorgaben, die der Meisterprüfungsausschuss bei der Bildung einer Prüfungskommission abhängig davon zu beachten hat, welche Prüfungsleistung er dieser zuweisen will.
2.4.4 Prüferqualitäten für Teil I und II
In Prüfungskommissionen für Prüfungsleistungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung müssen beide Mitglieder in dem Handwerk oder handwerksähnlichen Gewerbe, in dem der Prüfling geprüft wird, die Meisterprüfung abgelegt haben, das Recht zum Ausbilden von Lehrlingen besitzen oder, im Falle eines zulassungspflichtigen Handwerks, in ihm als Betriebsleiter tätig sein. Diese Vorgabe stellt sicher, dass nur eine fachlich hinreichend qualifizierte Prüfungskommission über die Prüfungsleistung eines Prüflings bestimmt. Dies trägt dem Bezug solcher Prüfungen zur Berufsfreiheit des Prüflings Rechnung.