Praxishinweise zum neuen § 1a KStG i.d.F. des KöMoG v. 25.6.2021
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Jens Herkens
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) v. 25.6.2021 erhalten Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften ab dem VZ 2022 die Möglichkeit, wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden. Im ersten Teil dieses Beitrages (Herkens, GmbH-StB 2021, 315) wurden die Voraussetzungen der Option und deren unmittelbare Folgen dargestellt. Der vorliegende zweite Teil beschäftigt sich mit der laufenden Besteuerung der optierenden Gesellschaft und deren Gesellschafter sowie mit den Auswirkungen der Rückoption.
I. Besteuerung der optierenden Gesellschaft
"Reguläre" Besteuerung der Personengesellschaft = Transparenzprinzip: Eine Personengesellschaft unterliegt bei einer "regulären" Besteuerung als Mitunternehmerschaft weder der Einkommensteuer (ESt) noch der Körperschaftsteuer (KSt). Das von der Personengesellschaft erzielte Einkommen (Gewinnanteile) und die Vergütungen für bestimmte Leistungen (Tätigkeit, Miete, Darlehen) werden vielmehr den Gesellschaftern nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zugerechnet. Durch die Option zur KSt nach § 1a KStG wird die Personengesellschaft jedoch nicht mehr "transparent" besteuert. Nach § 1a Abs. 1 S. 1 KStG sind "für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen"
- die Personengesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft und
- ihre Gesellschafter wie die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft
zu behandeln.
Während der Optionsbesteuerung = Trennungsprinzip: Es gilt während der Optionsbesteuerung daher – wie bei Kapitalgesellschaften – das "Trennungsprinzip" bei der Besteuerung von Gesellschaft und Gesellschafter. Dies bedeutet, dass die Personengesellschaft (optierende Gesellschaft) selbst nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG mit ihrem zu versteuernden Einkommen der KSt unterliegt.
Die auf Ebene der optierenden Gesellschaft gezahlte Gewerbesteuer (GewSt) kann nicht nach § 35 EStG angerechnet werden, wie dies bei der Besteuerung als Mitunternehmerschaft für die daran beteiligten natürlichen Personen möglich ist. Dies wird durch § 1a Abs. 3 S. 3 KStG klargestellt.
Beispiel 1
An der gewerblich tätigen AB-GmbH & Co. KG (WJ = KJ) sind Frau A und Frau B zu je 50 % als Kommanditistinnen beteiligt. Ab dem 1.1.2022 optiert die Gesellschaft nach § 1a KStG zur KSt.
Lösung: Bis einschließlich VZ 2021 ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) gesondert und einheitlich festzustellen (§ 180 AO) und je zur Hälfte Frau A und Frau B zuzurechnen und der ESt zu unterwerfen. Die AB-GmbH & Co. KG unterliegt mit ihrem Gewerbeertrag der GewSt, die bei Frau A und Frau B pauschaliert nach § 35 EStG angerechnet wird.
Ab dem VZ 2022 ist für die AB-GmbH & Co. KG (optierende Gesellschaft) ein zu versteuerndes Einkommen nach dem KStG zu ermitteln und der KSt zu unterwerfen. Frau A und Frau B ist dieses Einkommen nicht zuzurechnen. Nur wenn die Gesellschafterinnen Gewinnanteile entnehmen (oder diese Gewinnanteile als entnommen gelten) sind den Gesellschafterinnen Gewinnausschüttungen zuzurechnen. Die AB-GmbH & Co. KG unterliegt weiterhin mit ihrem Gewerbeertrag der GewSt, die jedoch nicht bei Frau A und Frau B nach § 35 EStG angerechnet werden kann.
II. Besteuerung der Gesellschafter
1. Entnahmen als Gewinnausschüttungen
Bei "echten" Kapitalgesellschaften werden Gewinne durch Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner transferiert und führen bei diesen zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Die optierende Gesellschaft bleibt zivilrechtlich eine Personengesellschaft. Gewinnanteile werden daher nicht ausgeschüttet, sondern entnommen (auf gesetzlicher oder gesellschaftsvertraglicher Grundlage). So haben z.B. Kommanditisten einer KG nach § 169 Abs. 1 S. 2 HGB den Anspruch auf Auszahlung ihres Gewinnanteils, sofern sie ihre Pflichteinlage geleistet haben und kein handelsrechtlicher Verlustvortrag besteht, der die Pflichteinlage mindert.
Entnahme der Gewinnanteile = Behandlung wie Gewinnausschüttungen: Das von der Personengesellschaft (= optierende Gesellschaft) erzielte Einkommen unterliegt nicht der "automatischen" Einkommenszurechnung an die Gesellschafter, da die Option nach § 1a Abs. 1 KStG die transparente Mitunternehmerbesteuerung aufhebt. Die Entnahme von Gewinnanteilen darf aber nicht auf Ebene der Gesellschafter unversteuert bleiben. Dafür stellt § 1a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 KStG klar, dass alle durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Einnahmen bei den Gesellschaftern zu Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Einkünfte aus Kapitalvermögen) führen. Die Entnahmen von Gewinnanteilen aus der optierenden Gesellschaft sind wie Gewinnausschüttungen zu behandeln.