Vor Einführung der Entstrickungsvorschriften gab es keine allgemeinen Regelungen im Kontext der Entstrickungsbesteuerung;[8] stattdessen galt die vom BFH[9] entwickelte finale Entnahmetheorie, welche letztlich in 2008 aufgegeben wurde.[10]

Einführung des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG mit dem SEStEG: Mit dem SEStEG[11] wurde sodann die Vorschrift des § 4 Abs. 1 S. 3 EStG eingeführt. Mit Umsetzung des vorgenannten Gesetzgebungsverfahrens wurde der Entstrickungstatbestand entsprechend der Gesetzesbegründung[12] lediglich zur (nunmehr gesetzlichen) Klarstellung aufgenommen und soll der Sicherstellung

  • der Aufdeckung und
  • der Besteuerung

der in der Bundesrepublik Deutschland entstandenen stillen Reserven dienen.

Modifizierung durch das ATADUmsG: Jüngst ist durch das ATADUmsG[13] eine Modifizierung erfolgt, durch die in § 4 Abs. 1 S. 3 Halbs. 2 EStG aufgenommen wurde, dass eine Entstrickung auf Antrag auch in den Fällen eintritt, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt. Die Gesetzesbegründung[14] sieht insoweit eine Anpassung an Art. 5 Abs. 5 ATAD vor.[15]

Beachten Sie: Im Zuge des ATADUmsG wurde sodann in der Gesetzesbegründung erstmals erwähnt, dass ein Ausgleichposten nach § 4g EStG – als mittelbare Folge der Entstrickung nach § 4 Abs. 1 S. 3 EStG – auch im Falle der passiven Entstrickung gebildet werden könne.[16]

[8] Reddig in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz. 209 (Okt. 2022).
[9] Vgl. dazu z.B. BFH v. 16.7.1969 – I R 266/65, BStBl. II 1970, 175; BFH v. 28.4.1971 – I R 55/66, BStBl. II 1971, 630; BFH v. 30.5.1972 – VIII R 111/69, BStBl. II 1972, 760.
[10] BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 = ESB 2008, 384 (Schimmele).
[11] BGBl. I 2006, 2782.
[12] BT-Drucks. 16/2710, 28; BR-Drucks. 542/06, 42.
[13] BGBl. I 2021, 2035.
[14] BT-Drucks. 19/28652, 32.
[15] Zur Wertverknüpfung des Art. 5 Abs. 5 ATAD s. Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, Anti Tax Avoidance Directive (ATAD), 1. Aufl. 2018, Art. 5 ATAD Rz. 225 ff.
[16] BT-Drucks. 19/28652, 33.

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