(1) 1Im Zusammenhang mit der Festsetzung von Kindergeld als Steuervergütung ist der Bußgeldtatbestand des § 378 AO (Leichtfertige Steuerverkürzung) maßgebend. 2Der objektive Tatbestand des § 378 AO entspricht hinsichtlich Tathandlung und Erfolg dem des § 370 AO (Steuerhinterziehung). 3Die Vorschriften unterscheiden sich in erster Linie im subjektiven Tatbestand. 4Während der Tatbestand der Steuerhinterziehung Vorsatz voraussetzt, genügt für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 378 AO Leichtfertigkeit. 5Zum Begriff der Leichtfertigkeit siehe S 2.3.2.
(2) 1Wird vorsätzliches Handeln festgestellt, ist dies grundsätzlich als Straftat zu verfolgen. 2Bei Steuerordnungswidrigkeiten gilt hingegen das Opportunitätsprinzip (Verfolgung der Tat nach pflichtgemäßem Ermessen). 3Zur Verfolgung der Tat als Ordnungswidrigkeit nach Abschluss eines zunächst eingeleiteten Strafverfahrens vgl. S 8.1.7.1.
(3) 1Ferner kann eine Anwendung der Vorschrift des § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (Vorsätzliche oder leichtfertige Steuergefährdung durch Ausstellen unrichtiger Belege) in Betracht kommen. 2Damit wird bereits die Vorbereitungshandlung zur Steuerhinterziehung nach § 370 AO bzw. leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO mit Geldbuße bedroht. 3Belege sind Schriftstücke, die eine Aussage über einen steuerlich erheblichen Sachverhalt enthalten, den Aussteller erkennen lassen und objektiv dazu geeignet und bestimmt sind, steuerrechtlich erhebliche Tatsachen im Rechtsverkehr zu beweisen. 4Ob der Kindergeldberechtigte den Beleg tatsächlich verwendet, ist unerheblich. 5Ein Beleg ist ausgestellt, wenn er in den Verfügungsbereich des Empfängers gelangt ist. 6Dies ist bei Fremdbelegen (nicht selbst ausgestellt) i.d.R. der Fall, wenn der Beleg dem Kindergeldberechtigten bzw. Antragsteller zugegangen ist. 7Bei Eigenbelegen (selbst ausgestellt) genügt es, den Beleg in den steuerrelevanten Geschäftsgang zu geben (z.B. Abheften im Kindergeldordner). 8Belege sind in tatsächlicher Hinsicht unrichtig, wenn sie eine Aussage über Tatsachen enthalten, die nicht der Wahrheit entsprechen, also eine schriftliche Lüge enthalten.
(4) 1Im Rahmen des § 379 AO ist stets zu prüfen, ob der Aussteller des Belegs nicht als Tatbeteiligter an der Steuerhinterziehung bzw. leichtfertigen Steuerverkürzung in Betracht kommt oder der Tatbestand des § 267 StGB (Urkundenfälschung) erfüllt ist. 2§ 379 AO tritt hinter §§ 370, 378 AO, § 267 StGB zurück.
(5) 1Anders als nach § 378 AO werden Tathandlungen i.S.d. § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht nur im Falle der Leichtfertigkeit, sondern auch bei vorsätzlichem Handeln als Ordnungswidrigkeiten bewertet. 2Der Versuch einer Steuergefährdung kann nicht geahndet werden (vgl. § 13 Abs. 2 OWiG).
(6) 1§ 379 AO sieht im Gegensatz zu § 378 Abs. 3 AO eine bußgeldbefreiende Selbstanzeige nicht vor. 2Im Falle einer späteren Berichtigung der ursprünglich unrichtigen Bescheinigung über den Arbeitslohn bzw. die Ausbildungsvergütung oder unrichtigen Bildung eines Freibetrags als Lohnsteuerabzugsmerkmal wird es jedoch in aller Regel geboten sein, im Rahmen von Opportunitätserwägungen (§ 47 Abs. 1 OWiG) von der Verfolgung der vorliegenden Ordnungswidrigkeit abzusehen.