(1) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn einer der Ausschlussgründe des § 371 Abs. 2 AO vorliegt.
(2) 1Nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO ist eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich, wenn dem Täter oder Teilnehmer oder einem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen dieser Tat bekannt gegeben worden ist. 2Aus der Bekanntgabe muss hervorgehen, dass die Behörde einen konkreten Verdacht hinsichtlich der Tat, wegen der Selbstanzeige erstattet wird, hat und dass deshalb ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet worden ist. 3Anfragen zur Aufklärung des Sachverhaltes genügen nicht. 4Zu Vorermittlungen vgl. Nr. 13 AStBV (St) 2023. 5Die Tat muss genau bezeichnet sein. 6Eine bestimmte Form ist für die Bekanntgabe nicht vorgeschrieben, allerdings muss sie amtlich erfolgen und im Zweifelsfall gerichtlich nachweisbar sein. 7Interne Maßnahmen der Familienkasse einschließlich der die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens anordnenden Aktenverfügung schließen eine wirksame Selbstanzeige noch nicht aus. 8Es kann sachdienlich sein, dem Beschuldigten bereits im Zusammenhang mit der Anhörung gem. § 91 AO die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt zu geben.
(3) 1Straffreiheit tritt nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO nicht ein, wenn eine der Steuerstraftaten bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste. 2Eine Entdeckung liegt noch nicht vor, wenn ein Tatverdacht besteht, vielmehr muss der Entdecker zumindest einen Teil des wirklichen Tatgeschehens oder der Tatfolgen selbst unmittelbar wahrgenommen haben. 3Mitteilungen Dritter genügen nicht. 4Es muss so viel entdeckt sein – einschließlich der subjektiven Merkmale –, dass die zuständige Behörde die Strafverfolgung in Gang setzen kann. 5Es müssen also auch Kenntnisse vorliegen, die auf einen Vorsatz des Täters zur Steuerhinterziehung schließen lassen. 6Reichen die Umstände nur für den Verdacht einer Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO, so ist die strafbefreiende Selbstanzeige noch möglich, weil damit eine Straftat noch nicht entdeckt ist. 7Im Hinblick darauf, dass der Täter subjektiv Kenntnis von der objektiven Tatentdeckung haben muss bzw. damit hätte rechnen müssen, stellt § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO eine widerlegbare Beweisregel zuungunsten des Täters auf. 8Wenn Umstände vorliegen, aus denen sich dem Täter die Überzeugung aufdrängen musste, dass seine Tat entdeckt ist, muss er anderweitige Umstände dartun, weshalb er gleichwohl nicht damit rechnete. 9Maßgeblich sind die konkrete Person und die Situation, in der sich der Täter befunden hat. 10Nimmt der Täter dagegen irrtümlich an, er sei entdeckt, so nimmt das seiner Selbstanzeige nicht die strafbefreiende Wirkung.
(4) 1Übersteigt das für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Kindergeld einen Betrag von 25.000 Euro je Tat, tritt keine Straffreiheit ein (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO). 2Von der Strafverfolgung wird aber abgesehen, wenn der Täter zusätzlich zur Rückzahlung des Kindergeldes die Zinsen nach § 235 AO (vgl. V 30.4) sowie den Geldbetrag nach § 398a AO an die Staatskasse zahlt (vgl. S 6.6).