Leitsatz
Ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz im französischen und mit Arbeitsort im inländischen Grenzgebiet, der an mehr als 45 Arbeitstagen außerhalb der Grenzzone für seinen Arbeitgeber tätig ist, unterfällt nicht als Grenzgänger gem. Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich der französischen Besteuerung. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass zu den Tagen der Tätigkeit außerhalb der Grenzzone nur ganze Arbeitstage zählen und dass es weder darauf ankommt, in welchem Umfang der Arbeitnehmer außerhalb der Grenzzone tätig ist noch ob und in welchem Umfang ihm der Arbeitgeber für eine Dienstreise außerhalb der Grenzzone ein Tagegeld gewährt.
Normenkette
Art. 13 Abs. 5 Buchst. a DBA-Frankreich
Sachverhalt
Der Antragsteller, ein deutscher Staatsangehöriger, wohnte im streitgegenständlichen Zeitraum April bis Dezember 1999 in Frankreich im deutsch-französischen Grenzgebiet i.S.d. Art. 13 Abs. 5 Buchst. c DBA Frankreich. Er war in der fraglichen Zeit an insgesamt 206 Arbeitstagen in Deutschland als Arbeitnehmer nichtselbstständig tätig. Lohnsteuer wurde nicht einbehalten, weil er aufgrund einer Freistellungsbescheinigung des FA als Grenzgänger i.S.v. Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich vom (inländischen) Steuerabzug befreit war.
Im Anschluss an eine LSt-Außenprüfung wurde die Freistellung vom FA widerrufen und ein LSt-Nachforderungsbescheid erlassen. Das FA vertrat – unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben vom 20.2.1980 (BStBl I 1980, 88) sowie den Erlass des Finanzministeriums Saarland vom 25.5.1981 B/I-21/81-S 1301-Fra-A und die Verfügung der OFD Saarbrücken vom 14.3.2000 14 S 1301-162?St 221 – die Auffassung, die Voraussetzungen für eine Befreiung des Antragstellers von der Lohnsteuer lägen nicht vor, da der Antragsteller an mehr als 20 % seiner Arbeitstage, nämlich an 52 Tagen, außerhalb der zwischen den Vertragsstaaten im DBA festgelegten Grenzzone tätig gewesen sei.
Es handele sich hierbei u.a. um neun Tage, an denen der Antragsteller sich auf Dienstreisen befunden habe, die insgesamt länger als 12 Stunden gedauert hätten. Der Antragsteller verwies demgegenüber darauf, dass er sich an diesen Tagen tatsächlich dienstreisetäglich nicht länger als 12 Stunden außerhalb der deutsch-französischen Grenzzone aufgehalten habe und dort tätig gewesen sei.
Über den Einspruch gegen den Nachforderungsbescheid ist noch nicht entschieden. Den zugleich gestellten Antrag auf AdV des Bescheids hat das FA abgelehnt. Der anschließende AdV-Antrag beim FG hatte hingegen Erfolg.
Entscheidung
Das FA obsiegte auch nicht mit seiner dagegengerichteten Beschwerde. Es sei ernstlich zweifelhaft, wenn die Finanzverwaltung bereits solche Dienstreisetage als schädlich für die Besteuerung als Grenzgänger ansehe, an denen sich die betreffende Person an mehr als 12 Stunden eines Tags außerhalb der Grenzzone aufhalte. Maßgebend seien nach dem DBA und dem dazu ergangenen Verständigungsprotokoll nur ganze Arbeitstage der Abwesenheit. Tage, an denen sich der Betreffende auf die jeweilige Dienstreise begebe, gehörten nicht dazu.
Hinweis
Der Sachverhalt des Beschlusses wird Sie nicht häufig belangen, jedenfalls dann nicht, wenn Sie nicht mit Mandanten aus den deutschen Grenzgebieten zu tun haben. Wenn doch, dann enthält er für Sie aber eine höchst wichtige Botschaft: Alle Versuche der Finanzverwaltung, den gelegentlich etwas spärlichen Text der DBA mittels Verwaltungsanweisungen u.Ä. einzuschränken und zu "deuten", akzeptiert der BFH nur dann, wenn sich entsprechende Anhaltspunkte im Abkommenstext auch festmachen lassen. Ist das nicht der Fall, so haben die Verwaltungsregelungen keine Berechtigung und keinen Bestand.
Im Beschlussfall betraf das einen Grenzgänger aus Frankreich in Gestalt eines deutschen Arbeitnehmers, der in der Bundesrepublik arbeitete und in Frankreich wohnte. Er wollte in Frankreich besteuert werden, was infolge der Regelungen in Art. 15 OECD-MA = Art. 13 DBA Frankreich jedoch gemeinhin nicht möglich ist; das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit wird im Grundsatz dem Tätigkeitsstaat zugewiesen.
Ausnahmen bestehen nach Maßgabe des Art. 15 Abs. 2 OECD-MA für Arbeitnehmer, die an weniger als an 183 Tagen im Inland arbeiten und die bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllen, und gem. Art. 15 Abs. 3 OECD-MA eben für jene Personen, die im Grenzgebiet als Grenzgänger wohnen. Solche müssen aber regelmäßig, d.h. im Grundsatz arbeitstäglich an ihren ausländischen Wohnort, die ständige Wohnstätte im Grenzgebiet, zurückkehren. Gemeinhin wird eine gewisse Anzahl von Tagen der Nichtrückkehr insoweit jedoch als unschädlich angesehen, bezogen auf Frankreich sind dies max. 20 % der gesamten Werk- bzw. Arbeitstage, jedoch in keinem Fall mehr als 45 Tage.
Uneinigkeit besteht darüber, welche Tage hierzu gehören. Bei Dienstreisen verlangt die Verwaltung in Erlassen, welche mit der französischen Verwaltung abgestimmt worden sind (z.B. Finanzministerium Saarland vom 11.6.1981; Finanzministerium NRW vom 8.7.1981), dass es darauf ankomme, ob der Arbeitgeber ...