Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
3.1 Sachverhalt
Kunsthändler K aus Stuttgart veranstaltet regelmäßig in seiner Galerie Verkaufsausstellungen mit Kunstwerken von lebenden Künstlern. Da er das Risiko des Ankaufs der Kunstgegenstände bei einem unsicheren Verkaufserfolg scheut, verkauft er die Kunstgegenstände grundsätzlich in eigenem Namen, aber für Rechnung der Künstler.
Im Frühjahr 2021 veranstaltet K eine gemeinsame Verkaufsausstellung junger Künstler, bei der er schon etablierten Künstlern, aber auch Nachwuchskünstlern die Möglichkeit zur Ausstellung ihrer Werke gibt. Da er erhebliche Aufwendungen für die Durchführung von Verkaufsfördermaßnahmen für die Ausstellung hat, kalkuliert er mit einem Aufschlag von ca. 100 % auf den Einkaufspreis.
Bei der Verkaufsausstellung kann er u. a. die folgenden Kunstwerke veräußern:
- Ölbild des Malers M zu einem Verkaufspreis von 20.000 EUR. Dem M erteilt K eine alle notwendigen Rechnungsbestandteile enthaltene Gutschrift über 10.000 EUR zzgl. (7 %) 700 EUR Umsatzsteuer.
- 5 Aquarelle des Nachwuchskünstlers N (kein Kleinunternehmer) zu Verkaufspreisen von jeweils 800 EUR. Dem N erteilt K eine ebenfalls ordnungsgemäße Gutschrift über 2.000 EUR zzgl. (7 %) 140 EUR Umsatzsteuer.
3.2 Fragestellung
K möchte wissen, welche umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen sich für ihn aus den Verkäufen der Kunstgegenstände ergeben und welche Wahlrechte er hat. K hat vorsorglich zu Beginn des Kalenderjahrs 2021 die Option nach § 25a Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeübt, die Gesamtmargenbildung nach § 25a Abs. 4 UStG wendet er aber nicht an.
3.3 Lösung
K wie auch die Künstler sind unternehmerisch tätig, da sie selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht handeln. Zum Rahmen ihres Unternehmens gehört jeweils die Herstellung von bzw. der Handel mit Kunstwerken.
K tritt in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung auf, wird damit als Kommissionär nach § 3 Abs. 3 UStG tätig. Bei einem Kommissionsgeschäft liegt (umsatzsteuerrechtlich) ausschließlich eine Lieferung des Kommittenten (Künstler) an den Kommissionär (K) und eine Lieferung des Kommissionärs an den Kunden (Sammler) vor.
Die Lieferungender Künstler stellen regelmäßig unbewegte Lieferungen nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG dar, da eine körperliche Warenbewegung in diesem Rechtsgeschäft nicht erfolgt. Der Ort der Lieferung ist damit in Stuttgart, da sich die Kunstgegenstände im Moment der Verschaffung der Verfügungsmacht dort befinden. Die Lieferungen sind steuerbar und unterliegen auch keiner Steuerbefreiung. Da es sich um Lieferungen der Urheber handelt, unterliegen diese Lieferungen dem ermäßigten Steuersatz. Bei der Lieferung des Ölgemäldes entsteht insoweit auf einer Bemessungsgrundlage von 10.000 EUR eine Umsatzsteuer von (10.000 EUR × 7 % =) 700 EUR, bei der Lieferung der Aquarelle entsteht jeweils auf der Bemessungsgrundlage von 400 EUR eine Umsatzsteuer von (400 EUR × 7 % =) 28 EUR. Bei der Lieferung der Aquarelle ist zu beachten, dass es sich – unabhängig von der Abrechnung des K – um 5 eigenständige Lieferungen handelt, da es sich weder um einen einheitlichen Gegenstand noch um eine Sachgesamtheit handelt. Die Abrechnung des K gegenüber den Künstlern im Rahmen der Gutschrift war insoweit zutreffend.
Hinweis auf Gutschrift notwendig
Wenn mit einer Gutschrift (Abrechnung des Leistungsempfängers) abgerechnet wird, muss der Hinweis "Gutschrift" mit enthalten sein. Fehlt dieser Hinweis, ist die Gutschrift nicht ordnungsgemäß, sodass der Leistungsempfänger (Aussteller der Gutschrift) den Vorsteuerabzug verliert. Der Hinweis auf die Gutschrift kann aber auch nach allen Sprachfassungen der MwStSystRL vorgenommen werden. Sollte dieser Hinweis in der Rechnung unterlassen worden sein, wäre dies mit Wirkung für die Vergangenheit berichtigungsfähig.
K liefert im Rahmen des Kommissionsgeschäfts jeweils an die Käufer der Kunstwerke. Da regelmäßig die Kunden die Gegenstände abholen werden oder die Kunstwerke dem Sammler nach Hause geliefert werden dürften, liegen Beförderungslieferungen vor, die am Beginn der Beförderung ausgeführt sind. Die Lieferungen sind damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen keiner Steuerbefreiung nach § 4 UStG.
Da K ein Wiederverkäufer ist, unterliegt der Verkauf der Kunstwerke dem Regelsteuersatz, der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 12 oder Nr. 13 UStG kann hier nicht zur Anwendung kommen. Allerdings hat K nach den Sachverhaltsangaben zu Beginn des Jahres die Option nach § 25a Abs. 2 UStG erklärt.
Option nach § 25 Abs. 2 UStG fristgebunden
Der Unternehmer hat die Möglichkeit, bestimmte, eigentlich nicht unter die Anwendung der Differenzbesteuerung fallende Gegenstände mit in diese Sonderregelung einzubeziehen. Dazu muss er dies aber spätestens bei Abgabe der ersten Voranmeldung eines Kalenderjahrs dem zuständigen Finanzamt gegenüber erklären.
Im vorliegenden Fall hat K für die Kunstgegenstände, die er nicht von einem Wiederverkäufer steuerpflichtig erwirbt, diese Option ausgeübt. Damit unterliegen die Kunstgegenstände der Differenzbesteuerung nach § 25...