Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
K wie auch die Künstler sind unternehmerisch tätig, da sie selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht handeln. Zum Rahmen ihres Unternehmens gehört jeweils die Herstellung von bzw. der Handel mit Kunstwerken.
K tritt in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung auf, wird damit als Kommissionär nach § 3 Abs. 3 UStG tätig. Bei einem Kommissionsgeschäft liegt (umsatzsteuerrechtlich) ausschließlich eine Lieferung des Kommittenten (Künstler) an den Kommissionär (K) und eine Lieferung des Kommissionärs an den Kunden (Sammler) vor.
Die Lieferungen der Künstler stellen regelmäßig unbewegte Lieferungen nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG dar, da eine körperliche Warenbewegung in diesem Rechtsgeschäft nicht erfolgt. Der Ort der Lieferung ist damit in Stuttgart, da sich die Kunstgegenstände im Moment der Verschaffung der Verfügungsmacht dort befinden. Die Lieferungen sind steuerbar. Die Lieferungen der 5 Aquarelle von dem Kleinunternehmer an K sind aber nach § 19 Abs. 1 UStG steuerfrei, eine Umsatzsteuer entsteht nicht. Bei der Lieferung der Aquarelle ist zu beachten, dass es sich – unabhängig von der Abrechnung des K – um 5 eigenständige Lieferungen handelt, da es sich weder um einen einheitlichen Gegenstand noch um eine Sachgesamtheit handelt. Die Bemessungsgrundlage für jede Lieferung beträgt damit 600 EUR. Die Abrechnung des K gegenüber den Künstlern im Rahmen der Gutschrift war insoweit zutreffend. Da bei diesen Ankäufen eine Umsatzsteuer nicht entsteht, die Gegenstände an K im Gemeinschaftsgebiet geliefert werden und K Wiederverkäufer ist, ermöglichen die Aquarelle nach § 25a Abs. 1 UStG die Anwendung der Differenzbesteuerung.
Die Lieferung des Ölgemäldes von M ist ebenfalls steuerbar an K erfolgt und unterliegt keiner Steuerbefreiung. Da es sich um eine Lieferung eines Kunstwerks handelt, unterliegt diese Lieferung dem ermäßigten Steuersatz. Bei der Lieferung des Ölgemäldes entsteht auf einer Bemessungsgrundlage von 10.000 EUR eine Umsatzsteuer von (10.000 EUR × 7 % =) 700 EUR; die Abrechnung durch Gutschrift war zutreffend. Steuerschuldner für die 700 EUR ist der liefernde Künstler.
Hinweis auf Gutschrift notwendig
Wenn mit einer Gutschrift (Abrechnung durch den Leistungsempfänger) abgerechnet wird, muss der Hinweis "Gutschrift" mit enthalten sein. Fehlt dieser Hinweis, ist die Gutschrift nicht ordnungsgemäß, sodass der Leistungsempfänger (Aussteller der Gutschrift) den Vorsteuerabzug verliert. Der Hinweis auf die Gutschrift kann aber auch nach allen Sprachfassungen der MwStSystRL vorgenommen werden. Sollte dieser Hinweis in der Rechnung unterlassen worden sein, wäre dies mit Wirkung für die Vergangenheit berichtigungsfähig. Soweit in dem vorliegenden Fall über steuerfreie Lieferungen eines Kleinunternehmers abgerechnet wird, kann es aber keine nachteiligen Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug des K haben.
K liefert im Rahmen des Kommissionsgeschäfts jeweils an die Käufer der Kunstwerke. Da regelmäßig die Kunden die Gegenstände abholen werden oder die Kunstwerke dem Sammler nach Hause geliefert werden dürften, liegen Beförderungslieferungen vor, die am Beginn der Beförderung ausgeführt sind. Die Lieferungen sind damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen keiner Steuerbefreiung nach § 4 UStG.
Da K Kunstwerke i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 53 Buchst. a der Anlage 2 zum UStG verkauft, unterliegen diese Kunstwerke dem Grunde nach dem ermäßigten Steuersatz.
Ermäßigter Steuersatz erst seit 2025 (wieder) möglich
Kunsthändler als "Wiederverkäufer" können für Lieferung seit dem 1.1.2025 wieder den ermäßigten Steuersatz für Briefmarken und dergleichen als Sammlungsstücke, Kunstgegenstände oder Sammlungsstücke anwenden. In der Zeit vom 1.1.2014 bis 31.12.2024 war der ermäßigte Steuersatz nur in Ausnahmefällen möglich. Gewerbliche Händler waren aber von der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes grundsätzlich ausgeschlossen.
Da K nach den Sachverhaltsangaben seit Jahren die Gesamtmargenbesteuerung nach § 25a Abs. 4 UStG anwendet, fällt der Verkauf der 5 Aquarelle zwingend unter diese Regelung. Wendet der Unternehmer diese Sonderregelung der Differenzbesteuerung an, sind alle darunter fallenden Umsätze so zu besteuern. Ein Verzicht auf die Anwendung der Differenzbesteuerung ist deshalb bei der Lieferung an den befreundeten Unternehmer nicht möglich. Da die Aquarelle im Einkauf jeweils 600 EUR gekostet haben, liegt die weitere Voraussetzung nach § 25a Abs. 4 Satz 2 UStG vor, dass der Einkaufspreis nicht mehr als 750 EUR betragen hat. Die Aquarelle sind damit die Gesamtmargenbesteuerung des Verkaufsmonats einzubeziehen (An- und Verkauf fallen bei einem Kommissionsgeschäft immer in denselben Monat). Die Umsatzsteuer ist bei Anwendung der Differenzbesteuerung immer mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu berechnen. Soweit in diesem Monat (Besteuerungszeitraum) keine weiteren unter die Gesamtmargenbildung fallenden Ein- oder Verkäufe ausgeführt wur...