Zusammenfassung
Der digitale Wandel trifft die Steuerberatungsbranche besonders. Der Beitrag untersucht näher, welche Entwicklungen Sie als Steuerberater besonders auf dem Schirm haben sollten und zeigt, wie Sie sich darauf einstellen.
1 Digitaler Wandel auch bei Steuerkanzleien
Versetzen Sie sich einmal kurz in das Jahr 2000 zurück. Wie sieht Ihr Arbeitsplatz aus? Wie läuft die Kommunikation mit Mandanten? Haben Sie zu den 11 % der Deutschen gehört, die bereits Online-Banking genutzt haben? Damals gab es weder Facebook (2004), YouTube (2005) geschweige denn iPhones (2007), die heute als selbstverständlich gelten.
Die technologische Entwicklung in den letzten 19 Jahren war enorm. Doch laut Trendforschern ist das nichts im Vergleich zu dem, was noch auf uns zukommt. Sie prognostizieren für die nächsten 3 bis 5 Jahre die gleiche Veränderungsdichte wie in den letzten 20 Jahren.
Wer sich jetzt nicht mit den Auswirkungen des digitalen Wandels auf die Kanzlei auseinandersetzt, handelt fast schon fahrlässig. Beim Deutschen Steuerberatertag 2016 in Dresden hat Harald Elster, StB/WP und Präsident Deutscher Steuerberaterverband e. V. das auf den Punkt gebracht: "Wer sich als Unternehmer – und da schließe ich den Berufsstand ein – auf dem erreichten ausruht, kann bereits morgen von der Entwicklung abgehängt sein."
Ein weiteres Zitat kennzeichnet die Auswirkungen auf die Steuerberaterbranche besonders: "Alles was automatisiert werden kann, wird automatisiert", Karl-Heinz Land, digitaler Darwinist.
Wenn Sie diese Aussage ernst nehmen und dann Ihre bisherigen Arbeitsabläufe betrachten, werden Sie sehr schnell erkennen, dass der Automatisierungsgrad bei den deklaratorischen Tätigkeiten bei 80 bis 90 % liegt. Nicht umsonst stehen in der Frey/Osborne-Studie (USA 2013), die vom ZEW auf deutsche Verhältnisse übertragen wurde und ähnliche Ergebnisse zeigt, Steuerberater und Buchhalter unter den Top 10 der von Automatisierung bedrohten Berufe.
Job-Futuromat des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung)
Im Job-Futuromat können Sie Ihren Beruf eingeben. Hier bekommt der Steuerberater bereits 73 % Automatisierungswahrscheinlichkeit bescheinigt: doch beim Steuerfachangestellten sind es 100 %. Es geht also auch darum, welche Aufgaben Ihre Mitarbeiter in Zukunft erfüllen.
2 Cloud-Lösungen und Schnittstellen
Cloud-Lösungen im Rechnungswesen lösen die Softwarelösungen in Zukunft ab. Denn durch die Online-Verfügbarkeit der Anwendung und der Daten vereinfacht sich die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, da sie gemeinsam auf einen zentralen Datenbestand zugreifen. Die e-Rechnung und ZUGFeRD-Vorschriften tun ein Übriges dafür, dass die automatisierte Verbuchung von Geschäftsvorfällen vorangetrieben wird.
2.1 Digitalisierung in anderen Ländern schon weiter
In Großbritannien hat das HBRC das "Making Tax Digital"-Programm gestartet: ab 2016 gibt es keine Abgabepflicht der Steuererklärung für Arbeitnehmer, da alle Daten automatisch in der elektronischen Steuerakte gesammelt und verarbeitet werden. Ab 2020 (der Brexit hat hier für Verzögerung gesorgt) müssen Unternehmer ihre Buchführungsdaten vierteljährlich online ans Finanzamt übermitteln.
In Australien agieren inzwischen die verschiedenen Cloud-Lösungen direkt miteinander. Schreibt z. B. ein Unternehmer in Quickbooks eine Rechnung an einen anderen Unternehmer, der Xero verwendet, landet diese Rechnung ohne Zwischenschritt direkt in dessen Buchhaltung, ist bereits verbucht und steht zur Zahlung bereit.
Aber auch hierzulande erledigt das Buchhaltungsprogramm lexoffice die Buchhaltung schon fast automatisch. Während man den Kunden Rechnungen schreibt oder Rechnungen von Lieferanten erfasst und bezahlt werden, erstellt lexoffice im Hintergrund schon die wichtigsten Buchungen. Auch der Steuerberater ist von Anfang an mit im Boot, da er immer und überall auf die Unternehmensdaten zugreifen kann und ein DATEV-Export möglich ist.
2.2 Verwaltungsprozesse des Mandanten digitalisieren
Eine der Hauptaufgaben der nächsten Jahre für Kanzleien wird es sein, ihre Mandanten beim Weg in die Cloud zu unterstützen und deren Verwaltungsprozesse zu digitalisieren. Die Arbeit verlagert sich also vom Buchhaltungsprozess in der Kanzlei zum Mandanten vor Ort zur Prozessoptimierung. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Mandant seine Buchhaltung komplett macht und die Kanzlei damit überflüssig wird.
Im Gegenteil, wenn die Vorarbeiten beim Mandanten und die Verbuchung automatisiert sind, wird der Steuerberater zum Echtzeitberater, weil auf tagaktuelle Daten zugegriffen wird. Für komplexe Sachverhalte oder umsatzsteuerliche Fragen steht die Kanzlei weiter zur Verfügung, und darüber hinaus können Liquidität und Erfolg wesentlich effektiver beobachtet und gesteuert werden.
2.3 Persönliche Beratung bleibt wichtig
Der persönliche Aspekt bleibt und spielt weiter eine wichtige Rolle und bekommt sogar eine ganz neue Qualität. Denn welche Kanzlei wird aus Sicht des Mandanten wohl die wertvollere Beratung liefern: diejenige, die anruft und fehlende oder fehlerhafte Belege anmahnt oder diejenige, die darauf hinweist, dass in 3 Monaten ein Darlehen ausläuft und die Zwischenbilanz bereits bei der Bank ist, damit die Anschlussfinanzierung re...