Tz. 3
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Nach § 80 Abs 1 S 1 BGB a. F. war zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts neben dem Stiftungsgeschäft die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes erforderlich, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll (im Einzelnen s § 1 KStG Tz 42). Das Stiftungsgeschäft ist eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung und kein Vertrag. Nach neuem vereinheitlichtem Recht ist gem § 80 Abs. 2 BGB nF zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung weiterhin das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung durch die Aufsichtsbehörde nötig. Vor Anerkennung durch die zuständige Aufsichtsbehörde besteht zumindest bei Stiftungen, die zu Lebzeiten errichtet werden, kein Rechtsgebilde sui generis (sog "Vorstiftung"). Die Stiftung (zu Lebzeiten) entsteht durch Anerkennung der Behörde (s Urt des BFH v 11.02.2015, BStBl II 2015, 545). An diesen Rechtsgrundsätzen ergeben sich uE keine Änderungen durch das StiftR-VereinhG. Der sog. Städel-Paragraf, wonach die Stiftung von Todes wegen für Zuwendungen als bereits vor dem Tode des Stifters als entstanden gilt, sofern die Anerkennung der Stiftung erst nach Ableben des Stifters erfolgt, wurde unverändert ins neue Stiftungsrecht übernommen (Verschiebung von § 84 BGB a. F. in § 80 Abs. 2 S 2 BGB n.F). Diese Regelung hatte bereits im alten Recht keine sog "Vorstiftung" begründet. Auch die Einführung des Stiftungs-Reg führt zu keiner Änderung an diesen Rspr-Grundsätzen, da die Reg-Eintragungen nur deklaratorische Bedeutung haben (s Orth, BB 2021, S 268, 269)
Tz. 4
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Das Wesen der Stiftung wurde erstmals mit StiftR-VereinhG ges kodifiziert. So hält § 80 Abs. 1 BGB nF nunmehr fest, dass die Stiftung eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestatte, mitgliederlose jur Pers ist. Die Stiftung wird idR auf unbestimmte Zeit errichtet, darf aber auch als sog Verbrauchsstiftung errichtet werden (s Tz 6). Eine Selbstzweckstiftung ist unzulässig, d. h. der Zweck der Stiftung darf sich nicht auf die Erhaltung des eigenen Vermögens erschöpfen (s BT-Drucks 19/28173 S 46). Dieses sog. Admassierungsverbot bestand auch schon vor dem StiftR-VereinhG (s von Löwe, Familienstiftung und Nachfolgegestaltung, 2. Aufl, § 3 Rn 23).
Tz. 5
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Besonderes Merkmal der Stiftung war auch bereits vor Inkrafttreten des StiftR-VereinhG die dauerhafte Widmung eines bestimmten Vermögens für den vorgesehen Stiftungszweck. Das Stiftungsvermögen gliederte sich bereits vor StiftR-VereinhG grds in das Grundstockvermögen und die daraus zu ziehenden Erträge (s Hof in Seifart/von Campenhausen, Stiftungsrechts-Hdb, 4. Aufl, § 6 Rn 177).
Das StiftR-VereinhG schreibt die Differenzierung von Grundstockvermögen und sonstigem Vermögen erstmal ges fest ohne dabei konkrete Vorgaben zur Verwaltung des Vermögens vorzuschreiben (§ 83b BGB). Diese Regelung dürfte eine gewisse stliche Bedeutung für die Anwendung der §§ 27 bis 29 KStG entwickeln können. Das Grundstockvermögen ist gem § 83c Abs. 1 BGB ungeschmälert zu erhalten. Dieser Kap-Erhaltungsgrundsatz war vor dem StiftR-VereinhG im Ergebnis bundesweit durch die StiftungsG der Länder normiert und wird nunmehr durch BundesG aufgegriffen und festgehalten (s von Campenhaus/Stumpf in Richter, Stiftungsrecht, § 1 Rn 12).
Eine ges bezifferte Mindestkapitalausstattung, wie sie zB bei einer GmbH oder AG vorgesehen ist, besteht indes – auch nach dem StiftR-VereinhG – nicht. Das Grundstockvermögen muss in einem angemessenen Verhältnis zum Stiftungszweck stehen. Zur leichteren Rechtsanwendung geben einige Stiftungsaufsichtsbehörden Beträge für das Grundstockvermögen als "Richtwert" heraus.
Bundesland |
Typisierte Mindestausstattung |
Bayern |
Jährliche Nettorendite von mind. 2.000 EUR1 |
Bln |
Regelmäßig 100 000 EUR2 |
Nds |
50 000 EUR3 |
NRW |
100 000 EUR4 |
Rh-Pf |
25 000 EUR5 |
1 |
Leitfaden für die Errichtung einer Stiftung, Stand 01.08.2021, Hrsg Bayerisches Staatsministerium des Innern, abgerufen am 21.02.2022 |
2 |
Richtig Stiften in Berlin, Stand Oktober 2017, Hrsg Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Stiftungsaufsicht, abgerufen am 21.02.2022 |
3 |
"MitStiften – Farbe ins Leben bringen", Amt für regionale Landesentwicklung, Stand 05.11.2018, abgerufen am 03.08.2021 |
4 |
Der Weg zur Stiftung, Kurzinformationen, Hrsg Bezirksregierung Köln, abgerufen am 21.02.2022 |
5 |
Eine Stiftung zu gründen, heißt auf Dauer Zeichen setzen!, Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), abgerufen am 21.02.2022 |
Die weite Spanne der veröffentlichten Zahlen von 25 000 EUR (entspr dem Mindeststammkap einer GmbH) bis 100 000 EUR steht Pate für die auch nach dem StiftR-VereinhG nicht unbeachtliche uneinheitliche Rechtsanwendung des Stiftungsrechts innerhalb der B-Rep (zum alten Recht s von Campenhaus/Stumpf in Richter, Stiftungsrecht, § 1 Rn 5).
Tz. 6
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Die Möglichkeit einer Verbrauchsstiftung wurde durch das EhrAmtStG v 21...