Joachim Patt, Fabian Bernhagen
Tz. 19
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
- Zeitlich befristeter Anwendungsbereich für den nachträglichen Einbringungsgewinn (§ 22 Abs 1 und 2 UmwStG)
Die Regelungen des § 22 UmwStG beschränken sich tatbestandsmäßig auf eine zeitliche Anwendung "innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt" (s § 22 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 UmwStG). Nur sperrfristschädliche Handlungen in diesem (nicht veränderbaren) Zeitfenster werden von § 22 UmwStG erfasst (s u und s Tz 19b).
Beginn der Frist (allg als "Sperrfrist" bezeichnet) ist der Anfang des Tages, der dem stlichen "Einbringungszeitpunkt" folgt. Dies ist bei Sacheinlagen iSd § 20 Abs 1 UmwStG der – regelmäßig rückbezogene – stliche Übertragungsstichtag gem § 20 Abs 5 S 1 iVm Abs 6 UmwStG bzw iVm § 25 S 1 und 2 UmwStG (hier auch ausdrücklich als "Einbringungszeitpunkt" bezeichnet; dazu s § 20 UmwStG Tz 301ff und s § 25 UmwStG Tz 60ff; einhellige Auff, zB s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 49; s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 42; s Widmann, § 22 UmwStG Rn 19; s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 84ff). Beim reinen Anteilstausch (s § 21 Abs 1 S 2 UmwStG) ist eine rückbezogene Einbringung nicht zulässig. Der stliche Einbringungszeitpunkt als Fristbeginn ist der Tag des zivilrechtlichen Übergangs der eingebrachten Beteiligung auf die übernehmende Gesellschaft (ggf der Zeitpunkt der Verschaffung des wirtsch Eigentums, s § 21 UmwStG Tz 42ff; diese Gundsätze gelten auf beim Anteilstausch im Wege des Formwechsels und der Option nach § 1a KStG; str, s § 21 UmwStG Tz 43a-43b).
Die Frist endet (taggenau) mit Beginn des Tages, der sieben (Zeit-)Jahre später dem stlichen Einbringungszeitpunkt folgt (dh unabhängig von Wj des einbringenden oder aufnehmenden Rechtsträgers und von stlichen VZ oder EZ; ebenso s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 277). Der Tatbestand des § 22 UmwStG muss "innerhalb" der Sieben-Jahres-Frist erfolgen. Ein Ereignis, das genau sieben Jahre nach der Einbringung oder später erfolgt, ist nicht nach § 22 UmwStG, sondern gem den allg Vorschriften (ohne Rückwirkung auf die Einbringung) zu beurteilen (s Tz 19c; ebenso s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 42 mit Bsp und s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 86 mit Bsp).
Die Sperrfrist gilt für alle "schädlichen Handlungen" des Einbringenden/der Übernehmerin, sei es die Anteilsveräußerung (s § 22 Abs 1 S 1, Abs 2 S 1 UmwStG) oder die Verwirklichung der Ersatztatbestände (s § 22 Abs 1 S 6, Abs 2 S 6 UmwStG, s Tz 39).
Die Sperrfrist gilt ebenfalls für eine die Anwendung des § 22 Abs 2 S 1–4 UmwStG suspendierende Veräußerung der erhaltenen Anteile durch den Einbringenden iSd § 22 Abs 2 S 5 UmwStG (dazu s Tz 75ff). Denn diese Veräußerung muss in der zeitlichen Abfolge vor der Verwirklichung schädlicher sperrfristverhafteter Handlungen der Übernehmerin erfolgen (s Tz 75a).
Auch die Nachw-Pflicht über die Zurechnung der sperrfristverhafteten Anteile gem § 22 Abs 3 UmwStG endet (spätestens) mit Ablauf der Sperrfrist (s Tz 84).
Die Sperrfrist (Beginn und Ende) bezieht sich auf einen bestimmten Einbringungstatbestand. Dies gilt auch, wenn bei einer Betriebseinbringung iSd § 20 Abs 1 UmwStG Anteile an Kap-Ges oder Gen in der Sacheinlage enthalten sind und infolge dessen sperrfristverhaftete erhaltene Anteile iSd § 22 Abs 1 UmwStG und gleichzeitig sperrfristverhaftete eingebrachte Anteile iSd § 22 Abs 2 UmwStG (iVm § 22 Abs 1 S 5 UmwStG) vorliegen. Für beide Vorschriften gilt die gleiche Sperrfrist. Es ist allerdings möglich, dass für dieselben Anteile mehrere unterschiedliche Sperrfristen entstehen. Dies ist denkbar, wenn die mit einer Sperrfrist versehenen erhaltenen Anteile iSd § 22 Abs 1 UmwStG selbst Gegenstand einer weiteren Sacheinlage zum Bw gem §§ 20, 21 UmwStG sind und somit neben der weiterlaufenden Sperrfrist der Ersteinbringung eine neue Sperrfrist aus der Weitereinbringung (§ 22 Abs 2 UmwStG) in Gang gesetzt wird (s Tz 19b).
Tz. 19a
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
- "Sperrfrist" auch für Sonderreglungen für jur Pers d öff Rechts/st-befreite Kö, Rechtsnachfolger und bei Mitverstrickung von Anteilen (§ 22 Abs 4 bis 7 UmwStG)
Die Sperrfrist begrenzt auch den Anwendungsbereich von § 22 Abs 4–7 UmwStG in zeitlicher Hinsicht.
§ 22 Abs 4 UmwStG enthält Spezialregelungen für den VG aus der Veräußerung sperrfristverhafteter Anteile von jur Pers d öff Rechts und st-befreiten Kö (s Tz 94ff). § 22 Abs 4 Nr 1 und 2 UmwStG schließen an einen Tatbestand des § 22 Abs 1 UmwStG an, so dass die Sperrfrist auch für die stliche (Sonder-)Behandlung des Veräußerungsvorgangs zu beachten ist (s Tz 94b, s Tz 96 und s Tz 99).
Die Regelungen in § 22 Abs 5 UmwStG zur Bescheinigung bei einem nachträglichen Einbringungsgewinn setzen die Verwirklichung des Tatbestands des § 22 Abs 1 S 1, Abs 2 S 1 UmwStG voraus, welcher nur innerhalb der Sperrfrist möglich ist. Der Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung iSd § 22 Abs 5 UmwStG ist hingegen unbefristet; dh er kann auch ...