Ewald Dötsch, Torsten Werner
13.3.1 Allgemeines
Tz. 300
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
Gegenstand der Regelung des § 20 Abs 4a S 3 EStG idF des JStG 2010 sind Kap-Forderungen iSd § 20 Abs 1 Nr 7 EStG, bei denen entweder der Forderungsinhaber das Recht besitzt, bei Fälligkeit statt der Zahlung eines Geldbetrags die Lieferung von Wertpapieren zu verlangen oder der Emittent das Recht besitzt, bei Fälligkeit der Forderung dem Inhaber anstelle der Zahlung eines Geldbetrags Wertpapiere anzudienen. Macht der Inhaber der Forderung oder der Emittent von seinem Recht Gebrauch, ist abw von § 20 Abs 4 S 1 EStG das Entgelt für den Erwerb der Forderung als Veräußerungspreis der Forderung und als AK der erhaltenen Anteile anzusetzen. Aufgrund des Gesetzeswortlauts setzt die Anwendung der Norm voraus, dass die Voraussetzungen eines stbaren Realisationsvorgangs vorliegen, da ansonsten keine von § 20 Abs 4 S 1 EStG abw Regelung erforderlich wäre. GlA s Hamacher/Dahm (in Korn, § 20 EStG Rn 414). Dh, durch § 20 Abs 4a S 3 EStG wurde kein eigenständiger Realisationstatbestand geschaffen.
Die Intention des Gesetzgebers ist darin zu sehen, dass diese auf Übertragung von Wertpapieren gerichteten Vorgänge stneutral behandelt werden (BT-Drs 16/10189, 50). Vor dem Hintergrund, dass künftig sämtliche Wertpapiere aufgrund von § 20 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG stverstrickt sind, lässt sich die Regelung nachvollziehen, da die auf die Wertpapiere übergehenden stillen Reserven nicht endgültig der Besteuerung entzogen werden. Damit hat der Gesetzgeber die Besteuerung an die bereits vor der Einf der AbgeltungSt geltenden Grundsätze zur Behandlung von Wandelanleihen angeglichen. Hiernach führte die Wandlung weder zu einem Kap-Ertrag noch zu einem privaten Veräußerungsgeschäft durch den Tausch der Anleihe in Aktien (s Schr des BMF v 25.10.2004, BStBl I 2004, 1034 Rn 5). Ob der BFH diese Auff teilt, ist im Hinblick auf das Urt des BFH v 01.10.2014 (BStBl II 2015, 265) zu einer Wandelanleihe mit Zuzahlung zweifelhaft. Hierzu s Hasbach (DK 2015, 149, 152) und s Cornelius (EStB 2015, 127). Für Wandelanleihen, die im PV gehalten werden, spielt diese Frage jedoch keine Rolle, da ein evtl Gewinn aus der Einlösung der Wandelanleihe aufgrund der Regelung des § 20 Abs 4a S 3 EStG grds nicht entsteht.
Der Anwendungsbereich der Regelung erstreckt sich auf Sachverhalte im Inland, im EU-/EWR-Ausl und in Drittstaaten (s BT-Drs 16/11108, 16).
13.3.2 Kapitalforderungen iSd § 20 Abs 4a S 3 EStG
13.3.2.1 Bisherige Rechtslage (§ 20 Abs 4a S 3 EStG idF des JStG 2009)
Tz. 300a
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
§ 20 Abs 4a S 3 EStG idF des JStG 2009 ist nie in Kraft getreten. Wegen Einzelheiten s Tz 307 .
13.3.2.2 Aktuelle Rechtslage (§ 20 Abs 4a S 3 EStG idF des JStG 2010)
Tz. 300b
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
Zu den Kap-Forderungen iSd § 20 Abs 4a S 3 EStG idF des JStG 2010 zählen in erster Linie va sog Wandelanleihen (auch Wandeldarlehen, s Bron/Seidel, DStR 2009, 268, 272), Umtauschanleihen und Aktienanleihen (erläuternd s Schr des BMF v 09.10.2012, BStBl I 2012, 953 Rn 103). Aufgrund der Änderung des § 20 Abs 4a S 3 EStG durch das JStG 2010 werden auch sog Vollrisikozertifikate mit Andienungsrecht von dem Regelungsbereich der Vorschrift erfasst. Vollrisikozertifikate sind Schuldverschreibungen, bei denen die Wertentwicklung von der Entwicklung eines Basiswerts, zB eines Indexes oder eines Aktienkorbs, abhängig ist und bei denen sowohl die Rückzahlung des Kap als auch die Erzielung von Erträgen unsicher ist.
Der Bezug von Wertpapieren aufgrund einer Optionsanleihe ist dagegen nicht stneutral möglich, da hier der Bezug der Wertpapiere nicht anstelle, sondern neben der Rückzahlung der Kap-Forderung erfolgt.
13.3.3 Rechtsfolgen
Tz. 300c
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
§ 20 Abs 4a S 3 EStG ordnet als Rechtsfolge an, dass bei der Ermittlung des Einlösungsgewinns der Kap-Forderung der Veräußerungspreis iHd AK zugrunde gelegt wird. Zu diesem Zweck modifiziert § 20 Abs 4a S 3 EStG die Gewinnermittlungsformel des § 20 Abs 4 EStG, indem ein VG iHd AK der Forderung fingiert wird. Dadurch stehen sich AK und Veräußerungspreis idR ausgeglichen gegenüber, sodass ein VG nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 7 EStG iHv null Euro entsteht. In dem Zeitpunkt der Rückzahlung entsteht somit weder ein stbarer Einlösungsgewinn noch ein stlich zu berücksichtigender Verlust.
Auf den ersten Blick ähnelt die Bestimmung des § 20 Abs 4a S 3 EStG der des § 20 Abs 4a S 1 EStG. Die Rechtsfolgen unterscheiden sich jedoch wes voneinander. Während S 1 einen stbaren Vorgang von vorneherein negiert, wird in S 3 lediglich eine Größe für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns von dem Gesetz vorgegeben. Weiter tritt nach S 3 – anders als nach S 1 – ein Übergang des stlichen Status der Kap-Forderung auf die Wertpapiere nicht ein. Für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts, zu dem die Wertpapiere für Zwecke des § 52 Abs 28 S 12 bzw Abs 31 S 1 EStG als angeschafft gelten, ist grds auf den rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt abzustellen (s Schr des BMF v 09.10.2012, BStBl I 2012, 953, Rn 317). Weiter s Schmidt/Weber-Grellet (EStG, 27. Aufl, § 52a Rn 2 mwN) und s Elser/Bindl (FR 2010, 360, 367). AA s Haisch/Danz (DStZ 2008, 392, 296), die auf den Übergang des wirtsch...