Ewald Dötsch, Torsten Werner
Tz. 301
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
§ 20 Abs 4a S 4 EStG regelt eine Vereinfachung der Besteuerung beim Erwerb von Bezugsrechten. Bezugsrechte berechtigen den AE iRe Kap-Erhöhung gegen Einlage zum Bezug neuer Anteile gegen Zuzahlung entspr seiner bisherigen Beteiligung am Grund-/Stammkap der Kap-Ges (s § 186 Abs 1 AktG, § 55 GmbHG). Durch den Beschl, das Kap zu erhöhen und in entspr Umfang neue Aktien auszugeben, wird die Zahl der am Vermögen, am Gewinn und an den inzwischen gebildeten Reserven beteiligten Anteilsrechte erhöht. Werden die neuen Aktien, wie das die Regel ist, unter dem den inneren Wert der Aktien verkörpernden Kurswert der alten Aktien ausgegeben, so erwirbt der Inhaber der neuen Aktien, die diesen entspr dem Nennwert der neuen Aktien gleichberechtigt an der AG beteiligen, auch einen Anteil an den stillen Reserven, der in derselben Höhe aus der Substanz der alten Aktie ausscheidet (s Urt des BFH v 06.12.1968, BStBl II 1969, 105). Nach der sog Abspaltungstheorie ist das Bezugsrecht ein von der Substanz der Altanteile abgespaltenes Recht. Das Bezugsrecht verkörpert einen Teil der Substanz der Kap-Ges, die bis dahin allein durch die Altanteile repräsentiert wurden. Das gilt sinngem für GmbH-Anteile. Weiter s § 17 EStG Tz 172 ff.
Der BFH hat mit dem Urt v 06.12.1968 (BStBl II 1969, 105) und seither in ständiger Rspr entschieden, dass bei der Gewährung eines günstigen Bezugsrechts auf die Altanteile die AK der Altanteile nach der sog Gesamtwertmethode auf die Altanteile und das abgespaltene Bezugsrecht aufzuteilen sind (s § 17 EStG Tz 353). Bei der Veräußerung des Bezugsrechts wurden bisher die anteiligen AK gewinnmindernd berücksichtigt (s Steinlein, DStR 2009, 509, 511). Wegen eines Bsp s Meilicke (DB 2009, 476).
Tz. 301a
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
In der Ermittlung der Bezugsrechtswerte iRd StAbzugsverfahrens durch die Kreditinstitute hat der Gesetzgeber erhebliche Probleme gesehen, die ihn dazu veranlassten, für die mit den Bezugsrechten zusammenhängenden Kap-Maßnahmen eine praktikable Verfahrensweise einzuführen (s BT-Drs 16/10189, 50). Die Vorschrift des § 20 Abs 4a S 4 EStG sieht vor, dass bei der Veräußerung oder der Ausübung von Bezugsrechten, die nach § 186 AktG, § 55 GmbHG oder eines vergleichbaren ausl Rechts einen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrags begründen, der Teil der AK der Altanteile, der auf das Bezugsrecht entfällt, bei der Ermittlung des Gewinns nach § 20 Abs 4 S 1 EStG mit null Euro angesetzt wird. Dies führt dazu, dass der Veräußerungspreis eines Bezugsrechts künftig dem Gewinn entspr. Die AK der Altanteile werden in der bisherigen Höhe fortgeführt. Diese Rechtsfolge tritt unabhängig von dem Zeitpunkt der Anschaffung der Altanteile ein, dh die Regelung kommt auch dann zur Anwendung, wenn der Erwerb der dem Bezugsrecht zugrunde liegenden Altanteile vor dem 01.01.2009 erfolgt ist (s Schr des BMF v 09.10.2012, BStBl I 2012, 953 Rn 108). Dies ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 52 Abs 28 S 11 EStG.
Fraglich ist, ob die Ausübung eines Bezugsrechts als stbarer Vorgang unter den Anwendungsbereich des § 20 Abs 2 Nr 1 EStG fällt. Die Fin-Verw hat bisher zu § 23 EStG aF unter Bezugnahme auf das Urt des BFH v 21.09.2004 (BStBl II 2006, 12) die Auff vertreten, dass die Ausübung von Bezugsrechten als Veräußerung anzusehen ist (s Schr des BMF v 20.12.2005, BStBl I 2006, 8). Erfolgte die Ausübung innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung der Altanteile, handelte es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft gem § 23 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG aF. Der Gewinn ergab sich aus der Gegenüberstellung des Werts des Bezugsrechts (zB Börsenkurs) und den auf das Bezugsrecht abgespaltenen AK. Wegen unserer Kritik s § 17 EStG Tz 172. Im Anwendungsbereich des § 20 EStG (nach Inkrafttreten der Regelungen zur AbgeltungSt) wird die Ausübung eines Bezugsrechts seitens der Fin-Verw nicht mehr als Veräußerung des Bezugsrechts angesehen (s Schr des BMF v 09.10.2012, BStBl I 2012, 953 Rn 110, 325). Nach der Auff von Hensel (NWB 2010, 966) ergibt sich dies bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 20 Abs 4a S 4 EStG, der die Ausübung eines Bezugsrechts neben der Veräußerung nennt und damit die beiden Vorgänge nicht gleichsetzt. AA s Buge (in H/H/R, § 20 EStG Rn 588), der allerdings davon ausgeht, dass durch den Bezugsrechtsvorgang kein VG entsteht. Seitens des B-Rats wurde im Zusammenhang mit den Beratungen zum JStG 2010 eine ges Klarstellung empfohlen, wonach die Ausübung von Bezugsrechten nicht als Veräußerung anzusehen ist (s BR-Drs 318/10, 35). Nach der Auff des B-Rats steht zu befürchten, dass Stpfl, nachdem die Ausübung der Bezugsrechte in einem verjährten VZ nicht der Besteuerung unterlegen hat, bei Veräußerung der seinerzeit erworbenen Anteile den Ansatz von AK iHd Werts des ausgeübten Bezugsrechts beanspruchen.
In der Gegenäußerung der B-Reg wurde eine ges Klarstellung mit folgender Begründung abgelehnt (s BT-Drs 17/2823, 398):
"Aus Sicht der B-Reg bedarf es keiner ges Konkretisierung, dass die Au...