1.4.1 Allgemeines zum Verhältnis DBA/nationales Steuerrecht
Tz. 24
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Das Verhältnis der DBA zu § 26 KStG ist strukturell nicht andersartig als im Verhältnis zum sonstigen nationalen dt StR. Allerdings ist dieses Verhältnis bei § 26 KStG (ebenso bei § 34c EStG) von besonderer Bedeutung, da die DBA ebenfalls Regeln zur St-Anrechnung enthalten, so dass (scheinbar) eine Konkurrenz zwischen beiden besteht. Zu diesen Konkurrenzfällen gilt wie auch sonst: Im Einzelfall anwendbare DBA gehen dem nationalen Recht, also auch § 26 KStG grds vor. Dies folgt jedenfalls daraus, dass die DBA lex specialis gegenüber dem nationalen Recht darstellen. Bezogen auf § 26 KStG begründet sich dies daraus, dass DBA immer nur die Vermeidung der Doppelbesteuerung gegenüber einem bestimmten anderen Staat regeln und schon deswegen spezieller sind als die grds für Eink aus allen ausl Staaten geltenden §§ 26 KStG, 34c EStG. Die DBA sind hingegen – wie zuweilen zu lesen ist – kein "höherrangiges" Recht als das KStG (BVerfG v 15.12.2015, 2 BvL 1/12, IStR 2016, 191; s Staats, in R/H/N, KStG, § 26 Rz 132 mwNachw; aA Endert, in F/M, KStG, § 26 Rz 5), da sie erst kraft eines Zustimmungs- bzw Transformationsgesetzes auf konkrete St-Fälle anwendbar werden (dass sie auch ohne ein solches Gesetz Rechtsfolgen – nur – zwischen den vertragsschließenden Staaten auslösen, ist eine andere, für die Besteuerung einzelner Stpfl unerhebliche Frage) und folglich im Rang einem "normalen" Bundesgesetz gleichstehen (BVerfG aaO; ebenso zB s Vogel in Vogel/Lehner, DBA, Einl Rn 202f). Daraus folgt insbes, dass DBA durch nationale Gesetze modifiziert werden können ("Treaty overriding"; BVerfG, aaO; auch zB s Wassermeyer, in Wassermeyer, DBA, Vor Art 1 MA Rn 9; MA Art 1 Rn 8, 12 mwNachw). Voraussetzung dafür ist, dass in einem solchen Gesetz hinreichend zum Ausdruck kommt, dass eine solche Modifikation vom Gesetzgeber auch gesehen und gewollt war (grundlegend s Urt des BFH v 13.07.1994, BStBl II 1995, 129; auch s Urt des BFH v 21.05.1997, BFH/NV 1997, 760 und v 28.11.2001, BFH/NV 2002, 774). Ein "override" der DBA beabsichtigt § 26 KStG indes gar nicht (damit sind die vom BVerfG, aaO, abgelehnten Zweifel des BFH an der Verfassungskonformität hier bedeutungslos). Vielmehr erkennt dessen Abs 6 S 1 iVm § 34c Abs 6 S 1 und 2 EStG den Vorrang der DBA quasi ausdrücklich an. Die DBA enthalten nur mehr oder weniger lückenhafte Regelungen zur St-Anrechnung (und insbes gar keine Regelungen zum wahlweisen St-Abzug). Für diese DBA-Fälle bewirkt der genannte Regelungszusammenhang die notwendigen (oder zumindest sinnvollen, so insbes beim St-Abzug) inhaltlichen Ergänzungen. Zahlreiche DBA wiederum verdeutlichen dies zusätzlich dadurch, dass sie auf die einschlägigen Bestimmungen des dt Rechts Bezug nehmen (s Tz 26).
1.4.2 Folgen für §§ 26 KStG, 34c EStG
Tz. 25
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Für § 26 KStG und § 34c EStG folgt aus diesen allgemeinen Grundsätzen grob gesagt, dass die DBA diesen vorgehen, soweit das "Ob" (Voraussetzungen) der Anrechnung betroffen ist. Denn alle dt DBA enthalten – in Abgrenzung zur Freistellung ausl Eink gem DBA – eigene Regeln dazu, in welchen Fällen Anrechnung dem Grunde nach zu gewähren ist oder nicht (idR im sog Methodenartikel des DBA, s Art 23A MA; s Tz 30, 206). Dieser Vorrang ist ins nationale Recht eingearbeitet: § 34c Abs 6 S 1 und 2 EStG (iVm § 26 Abs 1 S 1 Nr 1 KStG) lässt die Anrechnung bei DBA-Fällen nur zu, "soweit in einem Abkommen... die Anrechnung ... vorgesehen ist"; auch ohne diese Regelung würde aber aus den og Gründen (s Tz 24) nichts Anderes gelten.
Tz. 26
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Eine andere Frage ist, ob bzw inwieweit die §§ 26 KStG, 34c EStG weitere, über die DBA hinausgehende Anrechnungsvoraussetzungen aufstellen bzw – anders gesagt – inwieweit die Voraussetzungen der Anrechnung nach § 26 Abs 1 KStG zusätzlich neben den Voraussetzungen gelten, die die DBA aufstellen. Diese Frage ist vom Ansatz her je nach DBA differenziert zu beantworten:
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Wenn das konkrete DBA zur Anrechnung keinen ausdrücklichen Verweis auf das dt Recht enthält (häufiger Fall), ergibt sich aus § 34c Abs 6 S 2 EStG, dass das nationale Recht im Grundsatz nur Regeln zum "Wie" der Anrechnung beisteuern will. Denn dort wird offenbar bewusst nicht auf die Voraussetzungen der Anrechnung (Abs 1 S 1), sondern nur auf die Rechtsfolgenregelungen der S 2–5 verwiesen (hierzu s Tz 198, 244). Allerdings kann sich aus diesen mittelbar ergeben, dass auch bestimmte Anrechnungsvoraussetzungen des nationalen Rechts vorliegen müssen. |
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Etwas anders ist die rechtliche Ausgangslage bei den (ebenfalls recht zahlreichen) DBA, die die Anrechnung "im Rahmen" bzw "unter Beachtung" bzw "nach Maßgabe" der "Vorschriften des dt StR über die Anrechnung" anordnen (s die DBA-Übersicht bei Vogel, in Vogel/Lehner, DBA, Art 23 Rn 171). Dies kann als bewusste Anordnung der Anwendung (auch) der Anrechnungsvoraussetzungen des (§ 26 Abs 1 S 1 Nr 1 KStG iVm) § 34c Abs 1 S 1 EStG verstanden werden. Trotzdem spricht aber nach hM § 34c Abs 6 S 1 und 2 EStG dafür, dass auch diese DBA nu... |