Tz. 14
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Nach § 29 Abs 3 S 2 GmbHG kann eine GA auch abw vom Beteiligungsverhältnis (also inkongruent/disquotal/disproportional) erfolgen. Ein solcher abw Gewinnverteilungsmaßstab kann im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden.
Stlich ist fraglich (und streitig), ob eine solche inkongruente GA anerkannt werden kann. Der BFH hat diese Frage selbst für den Fall bejaht, dass die vom Beteiligungsverhältnis abw Verteilung der Gewinne stlich motiviert ist; grundlegend s Urt des BFH v 19.08.1999 (BStBl II 2001, 43); außerdem s Urt des BFH v 28.06.2006 (BFH/NV 2006, 2207); v 27.05.2010 (BFH/NV 2010, 1865); und v 04.12.2014 (BFH/NV 2015, 495).
Die FinVerw wollte demggü in der Vergangenheit eine inkongruente GA nur dann stlich anerkennen, wenn sie nicht stlich motiviert ist. Eine außerstliche Motivation sah die FinVerw im Ergebnis dabei nur dann als gegeben an, wenn der ggü dem Beteiligungsverhältnis höheren Ausschüttung eines AE eine besondere (unentgeltliche) Leistung dieses AE gegenüber der Gesellschaft ggüsteht; s Schr des BMF v 07.12.2000 (BStBl I 2001, 47). Zwischenzeitlich hat die Verwaltungihre Auff insoweit gelockert, als sie eine inkongruenten GA (nur noch) dann die Anerkennung versagen will, wenn ein Gestaltungmissbrauch iSv § 42 AO vorliegt; s Schr des BMF v 17.12.2013 (BStBl I 2014, 63). Davon soll bei Vereinbarung einer inkongruenten GA nicht auszugehen sein, wenn für die vom ges Verteilungsschlüssel abw Gewinnverteilung beachtliche wirtsch vernünftige außerstliche Gründe nachgewiesen werden. Diese Prüfung sei unter Zugrundelegung der besonderen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Ein Indiz für eine unangemessene Gestaltung könne sein, wenn die Gewinnverteilungsabrede nur kurzzeitig gilt oder wiederholt geändert wird. Auch damit folgt die FinVerw der BFH-Rspr aber nicht vollumfänglich. Zur Kritik daran s zB Gosch (in Gosch, 4. Aufl, § 8 KStG Rn 146); Schmidtmann (Ubg 2014, 502, 504); und – differenzierend – Lehmann (in F/D, § 8 KStG Rn 357ff). Der BFH hat dieser Verw-Linie erneut widersprochen; s Urt des BFH v 28.09.2022 (BFH/NV 2023, 196). Er ist zum einen der Auff, dass eine inkongruente GA selbst dann anzuerkennen ist, wenn die Möglichkeit solcher Ausschüttungen nicht im Gesellschaftsvertrag geregelt ist. Ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschl über eine inkongruente Vorabausschüttung, der von der Gesellschafterversammlung einstimmig gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, sei nämlich als zivilrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschl der Besteuerung zugrunde zu legen (so zuvor bereits s Bender/Bracksiek (DStR 2014, 121) und s Wälzholz/Bayer (GmbH-StB 2020, 293). Ein Gesellschafter, an den nach einem solchen Beschl kein Gewinn verteilt wird, verwirklicht nach Auff des BFH den Tatbestand der Eink-Erzielung gemäß § 20 Abs 1 Nr 1 S 1 EStG nicht; ihm wird also kein anteiliger GA-Anspruch zugerechnet. Einen Gestaltungsmissbrauch iSv § 42 AO sieht der BFH in einer solchen Vorgehensweise ebenfalls nicht. Im Urt-Fall hatte eine GmbH ihre gesamten zuvor thesaurierten Gewinne an eine zu 50 % beteiligte Holding-GmbH ausgeschüttet, während ihr weiterer zu ebenfalls 50 % beteiligten Gesellschafter keine Gewinnanteile erhielt. Dieser Gesellschafter war Alleingesellschafter der Holding-GmbH. Der BFH weist allerdings darauf hin, dass die Frage der Wirksamkeit eines punktuell satzungsdurchbrechenden Beschl (auch in Abgrenzung zu einem dauerhaft satzungsdurchbrechenden Beschl, der der notariellen Beurkundung bedarf) von den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der jeweiligen Satzung abhängig ist. Rechtssicherheit kann hier nur durch die Aufnahme einer Öffnungsklausel in den Gesellschaftsvertrag erreicht werden; dazu s auch Werner (DStR 2023, 868). Die FinVerw hat bisher noch nicht auf diese BFH-Rspr reagiert.
Tz. 15
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Auf die Besteuerung der Kap-Ges hat diese Streitfrage jedoch keine Auswirkung. Sowohl für die Ermittlung des Einkommens als auch für die Prüfung einer Einlagenrückgewähr iSv § 27 Abs 1 KStG kommt es nämlich nicht darauf an, an welchen Gesellschafter eine GA erfolgt. § 8 Abs 3 KStG ist immer anwendbar, egal welcher AE eine Ausschüttung erhält. Entsch ist diese Frage jedoch auf AE-Ebene wenn es darum geht, wer eine GA versteuern muss. Näheres zu inkongruenten GA auch s § 8 Abs 1 KStG Tz 163ff.
Auf AE-Ebene können (auch) inkongruente oGA zu einer freigebigen Zuwendung iSv § 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG führen; die für vGA geltenden Grundsätze sind auch bei oGA entspr anwendbar. Dazu s Länder-Erl v 20.04.2018 (BStBl I 2018, 632), s R E 7.5 Abs 7 S 11 ErbStR 2019 und s § 8 Abs 3 Teil C Tz 668ff.
Tz. 16
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Der BFH erkennt auch sog gespaltene Gewinnverwendungen an; s Urt des BFH v 28.09.2021 (DStR 2022 S. 140). Insbes nimmt er für diejenigen AE, die die auf sie entfallenden Gewinnanteile einer pers-gezogenen Rücklage zuführen, keinen Zufluss einer GA iSv § 11 Abs 1 EStG an (abw zur Vorinstanz, die noch...