Tz. 12
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Seit der Umsetzung der sog Verschmelzungs-RL (R 2005/56/EG v 26.10.2005, ABl EG Nr L 310, 1) ermöglicht das UmwG über einen neu in das Ges eingefügten Zehnten Abschn (§§ 122aff UmwG aF; jetzt: §§ 305–319 UmwG idF des UmRuG) die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kap-Ges aus einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR und damit von Gesellschaften unterschiedlichen Rechts und unterschiedlicher Rechtsform. Eine solche Verschmelzung war vorher entweder gar nicht möglich oder mit zahlreichen rechtlichen und tats Schwierigkeiten behaftet. Neben der Rspr zum europäischen Primärrecht (dazu sogleich s Tz 14) gab insbes die Verschmelzungs-RL den entsch Impuls für eine Öffnung der europäischen Gesellschaftsrechte zugunsten grenzüberschreitender Umw-Vorgänge. Die Verschmelzungs-RL enthält die gesellschaftsrechtlichen Grundregeln über Verfahren, Wirksamwerden und Rechtsfolgen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung. Begünstigt sind insbes Gesellschaften iSd Art 1 der R 68/151/EWG (ABl EG Nr L 65, 8 zuletzt geändert durch Beitrittsakte 2004, ABl EG 2003 Nr L 236, 1) und Gesellschaften, die eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen und über gesondertes, allein für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftendes Gesellschafts-Kap verfügen. Die Mitgliedstaaten müssen die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kap-Ges mit Kap-Ges aus einem anderen Mitgliedstaat gestatten, wenn ihr Recht innerstaatliche Verschmelzungen dieser Art erlaubt.
IRd des UmRuG sind die Vorschriften über grenzüberschreitende Verschmelzungen umfassend novelliert worden und zusammen mit den neuen Regelungen über grenzüberschreitende Spaltungen (s §§ 320–332 UmwG) und grenzüberschreitende Formwechsel (s §§ 333–345 UmwG) in einem neuen Sechsten Buch des UmwG verankert worden. Auf grenzüberschreitende Verschmelzungen finden die für nationale Verschmelzungen geltenden Reglungen im Übrigen entspr Anwendung, sofern sich aus den Spezialregelungen in den §§ 305ff UmwG nichts anderes ergibt (s § 305 Abs 2 UmwG).
Tz. 12a
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Hinsichtlich der verschmelzungsfähigen Gesellschaften verweist § 306 Abs 1 Nr 1 UmwG auf Art 119 Nr 1 der Gesellschaftsrechts-RL (RL 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates v 14.06.2017, ABl L 169 v 30.06.2017, 46), der wiederum auf Anh II der Gesellschaftsrechts-RL Bezug nimmt. Hiernach werden aus dt Sicht die AG, die KGaA, die SE und die GmbH (einschl UG haftungsbeschr) vom Anwendungsbereich der grenzüberschreitenden Verschmelzung erfasst. Weiter muss hinzukommen, dass die an der Umw beteiligte Gesellschaft nach dem Recht eines EU-/EWR-Mitgliedstaats gegründet worden ist und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat hat. Vom Anwendungsbereich der grenzüberschreitenden Verschmelzung sind auf dt Seite Gen dagegen nicht zugelassen. Art 120 Abs 2 der Gesellschaftsrechts-RL lässt dies ausdrücklich zu. Pers-Ges sind als übernehmende oder neue Gesellschaften iSd § 3 Abs 1 Nr 1 UmwG iRe grenzüberschreitenden Verschmelzung weiterhin nur zugelassen, wenn nicht mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt werden (so bereits s § 122b Abs 1 Nr 2 UmwG idF vor Inkrafttreten des UmRuG). Hierzu s Goette (DStR 2023, 157, 158 mwN). Drittstaatensachverhalte wurden durch das UmRuG gleichfalls nicht geregelt.
Tz. 12b
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Weitere wes Änderungen durch das UmRuG sind insbes (hierzu s Arens, NWB 2023, 958):
- Einf eines rechtssicheren, europaweit kompatiblen Verfahrens, bei dem die beteiligten HReg miteinander kommunizieren.
- Für grenzüberschreitende und innerstaatliche Umw werden die Rechte von Minderheitsgesellschaftern vereinheitlicht.
- AGs erhalten die Möglichkeit, erforderliche Anpassungen der Wertverhältnisse übertragender und übernehmender Gesellschaften durch zusätzliche Aktien auszugleichen.
- Stärkung des Schutzes der Gesellschaftsgläubiger.
- Frühzeitige und umfassende Information von Arbeitnehmern über das Umw-Vorhaben ihrer Arbeitgeber.
Tz. 12c
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Die Änderungen durch das UmRuG sind erstmals auf Umw-Vorgänge ab dem 01.03.2023 anzuwenden.
Wurde der Verschmelzungsvertrag oder der Spaltungs- und Übernahmevertrag vor dem 01.03.2023 geschlossen, der Verschmelzungs- oder Spaltungsplan vor dem 01.03.2023 aufgestellt oder der Formwechselbeschl als Umw-Beschl vor dem 01.03.2023 gefasst und wurde die Umw bis zum 31.12.2023 zur Eintragung angemeldet, gelten noch die Bestimmungen des UmwG idF vor Inkrafttreten des UmRuG (s § 355 UmwG).