Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
Tz. 58
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Anders als die entstrickungsbedingte St-Stundung in § 36 Abs 5 EStG ist die Möglichkeit der Bildung eines AP iSd § 4g EStG auf unbeschr Stpfl beschr. Neben einem möglichen Verstoß des § 4g EStG gegen primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht allein aufgrund dieses Umstands (s Tz 44 u 46b) stellt sich zudem die Frage eines Verstoßes gegen das sog BetrSt-Diskriminierungsverbot in einer mit Art 24 Abs 3 OECD-MA entspr Regelung in den dt DBA. Nach Art 24 Abs 3 OECD-MA darf die Besteuerung einer inl BetrSt eines ausl Unternehmen nicht ungünstiger sein als die Besteuerung von im Inl ansässigen Unternehmen. Vom Schutzbereich des Art 24 Abs 3 OECD-MA sind nur die betriebsstätten- bzw objektbezogenen Merkmale umfasst. Betroffen hierbei sind klassischerweise Fragen der St-BMG (s auch Wassermeyer/Schwenke, in D/W, Art 24 OECD-MA Rn 43, 51).
Tz. 59
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Entscheidend für das Vorliegen eines Verstoßes gegen das BetrSt-Diskriminierungsverbot des Art 24 Abs 3 OECD-MA ist die Bestimmung des Vergleichsobjekts. Vergleichsobjekt für Zwecke des Art 24 Abs 3 OECD-MA ist jedoch nicht die Besteuerung der BetrSt als solche, sondern die BetrSt-Besteuerung ist vielmehr mit der Besteuerung eines inl Unternehmens (=Vergleichsobjekt) zu vergleichen (s auch Wassermeyer/Schwenke, in D/W, Art 24 OECD-MA Rn 46). Dabei ist nicht ein ausl Unternehmen mit im Ansässigkeitsstaat erzielten Eink und zusätzlichen Eink aus einer inl BetrSt mit einem inl Unternehmen zu vergleichen, das insges nur Eink iHd BetrSt-Eink erzielt. Vergleichsobjekt ist ein inl Unternehmen, das im Inl Eink iHd BetrSt-Eink und darüber hinaus im Ausl Eink in derjenigen Höhe erzielt hat, die bei dem ihm ggüzustellenden ausl Unternehmen angefallen sind (s Urt des BFH v 30.03.2011, BStBl II 2011, 747). Dh die Besteuerungsituation des ausl Unternehmens in dem konkret verwirklichten Vergleichsfall (bei § 4g EStG also zB: Überführung eines WG aus einer inl BetrSt ins Ausl) ist für die Beurteilung des Vorliegens einer ungünstigeren Behandlung der Besteuerungssituation eines inl Unternehmens in genau einem solchen Fall ggüzustellen.
Tz. 60
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Anhand der in Tz 59 genannten Kriteren für den Vergleich muss uE daher wie folgt unterschieden werden:
Unternehmen eines EU-Vertragsstaats oder Unternehmen eines anderen Vertragsstaats und Überführung des WG in eine EU-BetrSt
Überführt im Vergleichsfall ein inl Unternehmen ein WG aus einer inl BetrSt in eine EU-BetrSt, ist die St-BMG des inl Unternehmens im Überführungszeitpunkt infolge der Möglichkeit zur Bildung eines AP um 4/5 der realisierten stillen Reserven geringer als die des ausl Unternehmens. In einem solchen Fall verstößt die Beschränkung des § 4g EStG uE auf unbeschr Stpfl somit gegen Art 24 Abs 3 OECD-MA, da die höhere St-BMG des ausl Unternehmens zu einer ungünstigeren Besteuerung führt (so im Ergebnis auch Kessens, in Sch/F, § 12 KStG Rn 74).
Aufgrund des bei Unternehmen eines EU-Vertragsstaats gleichfalls vorliegenden mögl Unionsrechtsverstoßes (s Tz 44 und 46b) ist das Vorliegen eines Verstoßes gegen Art 24 Abs 3 OECD-MA in diesen Fällen uE insbes von Bedeutung für nach den DBA im EU-Ausl ansässige Unternehmen, die nicht vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit gem Art 49 AEUV (zB bei nach dem Recht eines Drittstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren Ort der Geschäftsleitung in der EU haben) erfasst sind.
Unternehmen eines EU-Vertragsstaats oder Unternehmen eines anderen Vertragsstaats und Überführung des WG in eine Drittstaats-BetrSt
Im Vergleichsfall der Überführung eines WG eines inl Unternehmens aus einer inl BetrSt in eine Drittstaats-BetrSt besteht jedoch auch für das inl Unternehmen keine Möglichkeit zur Bildung eines AP nach § 4g EStG, so dass sich in diesem Fall die beiden Unternehmen im Hinblick auf die St-BMG in der gleichen Situation befinden. Ein Verstoß der Beschränkung des § 4g EStG auf unbeschr Stpfl gegen Art 24 Abs 3 OECD-MA ist dann uE nicht gegeben (möglicherweise aA, da nicht differenzierend, s Kessens, in Sch/F, § 12 KStG Rn 74).