Ewald Dötsch, Alexandra Pung
2.1.2.1 Früheres Recht: Doppelte Inlandsanbindung
Tz. 96
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Nach § 14 Abs 1 S 1 KStG aF war nur eine Kap-Ges, die sowohl ihre Geschäftsleitung als auch ihren statutarischen Sitz im Inl hat (sog doppelte Inl-Anbindung), eine taugliche OG. Damit regelte § 14 Abs 1 S 1 KStG für die OG strengere Ansässigkeitsvoraussetzungen als für den OT, bei dem nach § 14 Abs 1 S 1 Nr 2 KStG eine inl Geschäftsleitung ausreicht.
Das Bestehen der unbeschr StPflicht, die nach § 1 Abs 1 KStG bereits gegeben ist, wenn eines der Merkmale (Geschäftsleitung oder Sitz) im Inl liegt, genügte nach dem Ges-Wortlaut nicht. Betroffen von dieser Entschränkung der OG-Eigenschaft sind Kö ausl Rechts, zB die nach britischem Recht gegründete non-resident-limited (Ltd).
Nachdem die EU-Kommission in dieser Sache ein Vertragsverletzungsverfahren gegen D eingeleitet hatte (s Beschl v 29.01.2009, Nr 2008/4909, IP/10/662), regelte das BMF (s Schr des BMF v 28.03.2011, BStBl I 2011, 300), dass eine im EU-/EWR-Ausl gegründete Kap-Ges mit Geschäftsleitung in D organschaftlich iSd §§ 14, 17 KStG eingebunden werden kann, wenn die übrigen Voraussetzungen der §§ 14ff KStG erfüllt sind.
Da nach ständiger Rspr des EuGH eine durch eine Rechtsvorschrift verursachte Vertragsverletzung nur durch Änderung des beanstandeten nationalen Ges und nicht durch eine Verw-Regelung abgestellt werden kann, wollte die EU-Komm D beim EuGH verklagen (s Mitteilung v 22.03.2012, IP/12/283; weiter s NWB 2012, 1139).
2.1.2.2 Geltende Rechtslage
Tz. 97
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Durch das Ges zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des stlichen Reisekostenrechts wurde § 14 Abs 1 S 1 KStG mit Geltung für alle noch nicht bestandskräftig durchgeführten Veranlagungen dahingehend geändert, dass OG eine Kap-Ges mit Geschäftsleitung im Inl und Sitz in einem Mitgliedstaat der EU bzw in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens sein kann. Obwohl diese Regelung in § 14 KStG angesiedelt ist, liegt ihr Anwendungsbereich in dem Bereich des § 17 KStG, weil die nach ausl Recht gegründeten Kap-Ges nur nach dieser Vorschrift und nicht nach § 14 KStG OG sein können (dazu auch s Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143, 144). Betroffen von der Neuregelung sind zB nach irischem Recht gegründete Limiteds (Ltd) mit Geschäftsleitung in D, die nunmehr von ihren personellen Voraussetzungen her als OG in einen inl Organkreis eingebunden werden könnten. Die neue ges Regelung entspr inhaltlich dem Schr des BMF v 28.03.2011 (BStBl I 2011, 300).
Keine Änderung hat die sog kleine Organschaftsreform für inl BetrSt gebracht. So kann nach wie vor eine im HReg eingetragene inl Zweigniederlassung einer ausl Kap-Ges nicht OG eines inl OT sein (so bereits s Urt des FG München v 23.03.1976, EFG 1976, 401). Krit dazu s Frotscher (in F/D, § 14 KStG Rn 188, 189).
Ebenso kommen Kap-Ges mit inl Sitz, aber ausl Geschäftsleitung (dazu s Weigert/Strohm, DK 2013, 249, 257) sowie Kap-Ges mit statutarischem Sitz in einem Drittstaat nicht als OG in Betracht, auch wenn sie über eine dt BetrSt verfügen (krit zu Letzteren s Benecke/Schnitger, IStR 2013, 143, 144). Dazu auch s § 17 KStG Tz 8. Eine Kap-Ges mit statutarischem Sitz in D verliert, wenn sie ihre Geschäftsleitung ins Ausl verlegt, die Eignung weiterhin OG zu sein. Nach Auff von Schnittger (IStR 2013, 85) und Micker (IWB 2013, 309, 317) liegt insoweit ein unzulässiger Eingriff in die Niederlassungsfreiheit vor. UE ist dem nicht zuzustimmen, da sich Gesellschaften eines Drittstaats nicht auf die Niederlassungsfreiheit berufen können (s Beschl des BFH v 13.10.2021, BFH/NV 2022, 357 Rn 8).
Bei einer unterjährigen Verlegung der Geschäftsleitung entfällt die stliche Organschaft bereits für das lfd Jahr. UE kommt es nicht zur rückwirkenden Nichtanerkennung der Organschaft, wenn der GAV auf mind fünf Jahre abgeschlossen ist und während der vertraglichen Laufzeit tats durchgeführt wird (s Tz 666ff).
Tz. 98
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Nach britischem Recht gegründete Limiteds (Ltd) mit Verwaltungssitz in D verlieren, falls sie nicht vorher im Wege einer grenzüberschreitenden Verschmelzung in eine Kap-Ges dt Rechtsform umgewandelt worden sind, wegen des Ausscheidens von GB aus der EU (sog BREXIT) spätestens mit Ablauf des im Austrittsabkommen geregelten Übergangszeitraums (dazu näher s Hoppe/Seitz, DB 2020, 434) ihre zivilrechtliche Rechtsfähigkeit in D und bestehen danach nach dt ZivilR als OHG, GbR bzw als Einzelunternehmen fort. Hierzu auch s Schr des BMF v 30.12.2020 (BStBl I 2021, 46).
Auch wenn nach dt StR eine Drittstaatengesellschaft mit Geschäftsleitung im Inl weiterhin unbeschr kstpfl bleibt, wenn sie nach dem Typenvergleich einer inl Kö entspr (s Beschl des BFH v 13.10.2021, BFH/NV 2022, 357 zur britischen Ltd, weiter s Urt des BFH v 08.09.2010, BStBl II 2013, 186), verliert eine britische Ltd spätestens mit Ablauf des oa Übergangszeitraums die Eignung, OG zu sein, denn danach fehlt es an der in § 14 Abs 1 S 1 KStG genannten Voraussetzung des Sitzes in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens. Best...