Joachim Patt, Fabian Bernhagen
Tz. 44
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Die Auflösung und Abwicklung der Kap-Ges oder Gen, an der die erhaltenen Anteile bestehen, führt zum Untergang der Anteile. Dieser Vorgang wird der Veräußerung iSd § 22 Abs 1 S 1 UmwStG gleichgestellt. Nach der Begründung des Ges-Gebers wird durch die Regelung auch sichergestellt, dass bei erhaltenen Anteilen an einer ausl Kap-Ges mit inl BetrSt im Zeitpunkt der Liquidation "eine systemkonforme Besteuerung erfolgt" (s BT-Drs 16/3369, 29). Die Auflöung alleine ist (noch) sperrfristunschädlich (ebenso s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 65; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 354). Zu den Auflösungsgründen s § 11 KStG Tz 13–20.
Die Abwicklung folgt regelmäßig der Auflösung und beendet die normale Geschäftstätigkeit; das BV wird verwertet und Schulden werden getilgt (s § 11 KStG Tz 21ff). Die Auflösung mit anschließender Abwicklung der Gesellschaft, führt zur Versteuerung eines Einbringungsgewinns I, wenn die Liquidation innerhalb der Sieben-Jahres-Frist (s Tz 19) erfolgt. Es muss im Hinblick auf die anderen Ersatztatbestände des § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG, die alle eine Auskehrung an den AE fordern, die Liquidation innerhalb der Sperrfrist so weit abgeschlossen sein, dass ein Schlussverteilungsanspruch besteht (ebenso s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 87). Dies gilt unabhängig davon, wer bei Schlussverteilung Gesellschafter der Kap-Ges ist (s UmwSt-Erl 2011 Rn 22.24). Der Einbringungsgewinn entsteht in voller Höhe (ebenso s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 65; s UmwSt-Erl 2011 Rn 22.24).
Ob (und ggf in welcher Höhe) durch die Auflösung und Abwicklung selbst beim AE ein Gewinn entsteht, ist für die Anwendung des § 22 Abs 1 S 1 UmwStG irrelevant (s Tz 39a). Wie auch bei der Veräußerung als sperrfristverletzender Vorgang nach § 22 Abs 1 S 1 UmwStG dies gilt auch, wenn die vorhandenen Mittel nicht zur Rückzahlung des vollen Stamm-/Grundkap ausreichen und somit stlich ein Verlust erzielt wird (ebenso s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 172; s UmwSt-Erl 2011 Rn 22.24 unter Abs 1).
Tz. 44a
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Die grenzüberschreitende Sitzverlegung einer inl Kap-Ges/Gen erfüllt nur dann den Tatbestand des § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG, wenn diese als Auflösung gilt (s § 11 KStG Tz 20) und zudem mit einer Abwicklung verbunden ist (s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 172; s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 85; ebenso Hinw auf § 12 Abs 3 KStG; aufgehoben ab VZ 2022). Zur Anwendnung von § 22 Abs 1 S 6 Nr 6 UmwStG in den Fällen der Sitzverlegung der Übernehmerin s Tz 49c.
Das Insolvenzverfahren erfüllt mangels Abwicklung (s § 11 Abs 7 KStG) nicht den Tatbestand des § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG (s UmwSt-Erl 2011 Rn 22.24; ebenso die allg Meinung, zB s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 87 mwNachw; s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 65).
Tz. 45
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Wird die übernehmende Gesellschaft, an der die Anteile bestehen, im Wege der Verschmelzung oder Spaltung in eine Pers-Ges umgewandelt, findet eine Auflösung ohne Abwicklung statt (so ausdrücklich die §§ 2, 123 UmwG). Die Behandlung des Vorgangs richtet sich nach den §§ 3 bis 8 und 16 UmwStG. Im Fall der Verschmelzung der übernehmenden Gesellschaft, an der die erhaltenen Anteile bestehen, auf eine andere Kö gilt § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG mangels einer Abwicklung nicht (ebenso s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 87). Denn das Vermögen der übertragenden Kö geht ohne Abwicklung als ganzes auf die Übernehmerin über (s § 2 UmwG; s Marsch-Barner/Oppenhoff, in Kallmeyer, 7. Aufl, § 2 UmwG Rn 10; s Winter, in S/H, 9. Aufl, § 2 UmwG Rn 7).
Zur Frage der Anwendung des § 22 Abs 1 S 1 oder S 6 Nr 2 UmwStG bei Verschmelzung oder Spaltung von Kö s Tz 33 und 33c.