Joachim Patt, Fabian Bernhagen
Tz. 46
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Der Veräußerung iSd § 22 Abs 1 S 1 UmwStG in Bezug auf eine "Sperrfristverletzung" gleichgestellt ist eine gesellschaftsrechtliche Kap-Herabsetzung (s §§ 222–228, 229–236 AktG und §§ 58, 58a GmbHG; bei Ausl-Gesellschaften gilt das ausl HR; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 358) bei der Gesellschaft, an der die maßgebenden Anteile bestehen, wenn die Kap-Herabsetzung mit einer Rückzahlung an die AE verbunden ist. Eine Rückzahlung idS ist auch der Erl einer rückständigen Einzahlungsverpflichtung des AE auf das Stamm-/Nennkap (möglicher Zweck einer Kap-Herabsetzung; zB s Kersting, in Noack/Servatius/Haas, 23. Aufl, § 58 GmbHG Rn 14). Eine Kap-Herabsetzung mit einer Rückzahlung des Nennkap ist auch bei einer ausl "Kap-Ges/Gen" möglich, wenn neben dem ausl "HR" für die Wirksamkeit der Kap-Herabsetzung (s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 22 UmwStG 2006 Rn 65a; s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 88) auch die stlichen Voraussetzungen des § 27 Abs 8 KStG gegeben sind (s § 27 KStG Tz 273ff; zur Anwendung des § 27 Abs 8 KStG auf Nennkap-Rückzahlungen auch Rückschluss aus s § 34 Abs 10 KStG idF des JStG 2022; die Aussagen zur Einlagenrückgewähr gelten entspr, s Tz 48a; aA s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 181: § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG auch ohne Anwendung des § 27 Abs 8 KStG).
Dem Wortlaut gem § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG nach wird jegliche Kap-Rückzahlung "an die AE" als sperrfristschädlich angesehen; hierunter fallen jedoch nur solche AE, die in den pers Anwendungsbereich von § 22 Abs 1 UmwStG fallen. Daher werden von § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG nur die Rückzahlung an den Einbringenden (s Tz 20), dessen Rechtsnachfolger (s Tz 21–21a) oder einen Dritten, soweit dieser derivative Anteile besitzt (s Tz 22), erfasst.
Tz. 46a
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Grds löst die Kap-Herabsetzung bei einer Kap-Ges für sich genommen noch keine Kap-Rückzahlung aus. Über die Verwendung des durch die Kap-Rückzahlung frei werdenden Kap ist vielmehr von den Gesellschaftern gesondert zu beschließen. Sie können das frei werdende Kap den Rücklagen zuführen oder zum Ausgleich eines Verlustes oder von Wertminderungen verwenden (sog vereinfachte Kap-Herabsetzung, s § 28 KStG Tz 61). In diesem Fall werden die Besteuerungsfolgen des § 22 Abs 1 UmwStG nicht ausgelöst (es fehlt an einer Auszahlung an den AE; ebenso s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 88; s Stangl, in R/H/vL, 3. Aufl, § 22 UmwStG Rn 357; s Widmann, in W/M, § 22 UmwStG Rn 60). Die AE können auch eine vollständige Auskehrung beschließen. Neben der Kap-Herabsetzung ohne Auskehrung sind gemischte Verwendungsformen denkbar. So können die Gesellschafter das frei gewordene Kap nur teilweise im Vermögen der Gesellschaft belassen und im Übrigen an sich auskehren. Sie können es auch zunächst den Rücklagen zuführen und erst später ausschütten.
Die Notare haben innerhalb von zwei Wochen eine Abschrift der Urkunde über die Kap-Herabsetzung dem zuständigen FA zu übersenden (s § 54 Abs 1 EStDV).
Tz. 47
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Zum Zeitpunkt des Beschl über die Kap-Herabsetzung ist noch keine "Sperrfristverletzung" erfolgt, weil der Tatbestand des § 22 Abs 1 S 6 Nr 3 UmwStG mangles Eintragung im HReg und Vollzug der Kap-Rückzahlung nicht erfüllt ist. Das der Veräußerung gleichgestellte Ereignis der Kap-Herabsetzung mit einer Rückzahlung ist erst dann verwirklicht, wenn je nach Zweck der Kap-Herabsetzung im Beschl ein Anspruch auf eine Kap-Rückzahlung entsteht oder eine offene Einlageverpflichtung des AE erlassen wird (zust s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 22 UmwStG Rn 88; s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 22 UmwStG Rn 182: Eintragung im HReg). Nur wenn diese Voraussetzungen innerhalb der der Sieben-Jahres-Frist (s Tz 19) gegeben sind (s Tz 39), tritt die Rechtsfolge des § 22 Abs 1 S 1 UmwStG ein. Der Zeitpunkt der Rückzahlung ist auch für die sog Siebtel-Regelung (s § 22 Abs 1 S 3 UmwStG) maßgebend.
Tz. 47a
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Die Versteuerung des Einbringungsgewinns wird gem § 22 Abs 1 S 1 UmwStG nur in dem Umfang ausgelöst, "soweit" eine Veräußerung erfolgt. Da § 22 Abs 1 S 1 UmwStG für die veräußerungsähnlichen Vorgänge "entspr" gilt (s Einleitungssatz zu § 22 Abs 1 S 6 UmwStG), stellt sich die Frage, inwieweit nachträglich ein Einbringungsgewinn festzusetzen ist, wenn eine Kap-Rückzahlung durchgeführt wird. UE greift die Rechtsfolge des § 22 Abs 1 S 1 UmwStG in der Quote, in der der Rückzahlungsbetrag zum gW der "erhaltenen Anteile iSd § 22 Abs 1 S 1 UmwStG" (dazu s Tz 5ff) steht. Dies würde bei der gebotenen "entspr" Anwendung des § 22 Abs 1 UmwStG (s Tz 39) der anteilmäßigen Veräußerung der erhaltenen Anteile gleichkommen, wenn man den Betrag der Kap-Rückzahlung als "Veräußerungspreis" wertet (zur vergleichbaren Problematik bei der Auszahlung aus dem Einlagekto s Tz 48j). Nach Verw-Auff kommt es nur insoweit zu einer rückwirkenden Einbringungsgewinnbesteuerung, als der Rückzahlungsbetrag den Bw/die Ak der maßgebenden Ante...