Tz. 104
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Maßstab für den anzustellenden Fremdvergleich ist das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der gem § 43 Abs 1 GmbHG die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet; s Urt des BFH v 06.04.2005 (BFH/NV 2005, 2058). Aufgabe eines solchen GF ist es, unmittelbar im unternehmerischen Interesse der Kö und damit nur mittelbar im Interesse einzelner Gesellschafter zu handeln; s Urt des BFH v 23.02.2005 (BStBl II 2005, 882).
Bei dem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter handelt es sich nicht um eine speziell durch das St-Recht entwickelte Denkfigur, sondern um einen bei Handelsgewerbetreibenden iSd AktG (s § 93 AktG), des GmbHG (s § 43 GmbHG) und des GenG (s § 34 GenG) bekannten und bei vergleichbaren Betrachtungen bemühten Parameter. Der Begriff ist also aus dem Gesellschaftsrecht entlehnt. Allerdings wird er vom BFH dennoch rein stlich interpretiert (also losgelöst von der Rspr des BGH; s Gosch (in Gosch, 4. Aufl, § 8 Rn 300).
Tz. 105
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter muss das Unternehmen nach (wirtsch und kaufmännisch) vernünftigen Prinzipien führen. Er muss verantwortungsvoll handeln, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Betriebswirtschaftliche Grundsätze hat er zu beachten. Er muss allerdings nicht "perfekt" sein; Fehler sind erlaubt (und halten auch dem Fremdvergleich stand). So hat der BFH in Fehlspekulationen einer GmbH nicht notwendigerweise eine im Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung gesehen; s Urt des BFH v 31.03.2004 (DB 2004, 1968) zu Risikogeschäften. Dem Geschäftsleiter steht also ein unternehmerischer Ermessensspielraum zu. Rein unternehmerische Fehler sind im Übrigen idR auch nicht geeignet, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug auszulösen; dazu s Tz 153ff. Anders kann dies allerdings bei einer Kombination von Währungsspekulationsgeschäften sein, die nur dann zu einem Gesamtgewinn führen können, wenn die Kap-Ges einen Verlust erleidet (= Indiz für Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis; s Urt des FG München v 17.12.2013, EFG 2014, 579). Subjektive Eigenschaften (persönliches Wissen, individuelle Fähigkeiten usw) können bei der Prüfung durchaus einbezogen werden, müssen sich aber an einem "normgerechten" Verhalten messen lassen; s Gosch (in Gosch, 4. Aufl, § 8 Rn 301 unter Hinw auf das Urt des BFH v 31.05.1995, BStBl II 1996, 246); s Urt des BFH v 22.11.1995 (BFH/NV 1996, 644). Die Einbeziehung eines Dritten kann die Verantwortlichkeit des Geschäftsleiters nicht ausschließen; s Urt des BFH 17.12.1997 (BStBl II 1998, 545) zu einem Fall, in dem Kap-Ges und Ges-GF die Ermittlung der "angemessenen" Vergütung dem gemeinsamen Steuerberater überlassen hatten. Subjektive Vorstellungen sind eher nicht maßgeblich (s Urt des BFH v 18.05.1999, BFH/NV 1999, 1516); andererseits muss der Fremdvergleich auf die konkrete (individuelle) Situation der Kap-Ges bezogen werden (s Urt des BFH v 29.08.1984, BStBl II 1985, 120). Auch Zahlungen in der irrtümlichen Annahme einer vertraglichen Leistungspflicht an einen vormaligen Gesellschafter können zur Annahme einer vGA führen; s Urt des BFH v 29.04.2008 (BStBl II 2011, 55). Andererseits begründet aber auch nicht jede irrtümliche Vermögensverschiebung eine vGA; dazu s Urt des BFH v 30.07.1997 (BStBl II 1998, 402). So kann eine vGA wegen Fehlen des subjektiven Elements zu verneinen sein, wenn der GF von einer formell (dh dem Verpflichtungsgrunde nach) und materiell (dh dem Verpflichtungsinhalt nach) drittüblichen Leistungsverpflichtung ausging; dazu auch s Kohlhepp (in Schn/F, 2. Aufl, § 8 KStG Rn 249) und s Gosch (in Gosch, 4. Aufl, § 8 Rn 277). Es ist dabei aber nicht darauf abzustellen, ob einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter der Irrtum gleichfalls unterlaufen wäre. Maßgebend ist allein, ob der konkrete Ges-GF einem solchen Irrtum unterlegen ist; dazu s Urt des BFH v 22.11.2023 (BStBl II 2024, 523) zu einem Fall, in dem in einem notariellen Vertrag über eine Kap-Erhöhung aus Gesellschaftermitteln die neuen Anteile (wohl versehentlich) der falschen Gesellschafterin (nämlich der Gesellschafterin der MG) zugewiesen worden waren und dies erst nach zwei Jahren bemerkt wurde. Hier dürfte es an einem Zuwendungswillen gefehlt haben. IRd weiteren Verfahrens (Zurückverweisung an das FG) muss dazu nun noch aufgeklärt werden, og der Ges-GF im konkreten Falll einem Irrtum unterlaufen war und somit eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung ausscheidet. Die Irrtumslage muss aber anhand objektiver Umstände nachweisbar oder zumindest plausibel dargelegt werden können; dazu auch s Paschmann (NWB 2024, 1062); s Trossen (GmbH-StB 2024, 138); s Schlücke/Pohl/Intemann (Ubg 2024, 343). Zu "Irrtumsfällen" auch s Paus (GmbHR 1999, 1278) und s Schmitz (GmbHR 2009, 910). Von einer reinen Fehlbuchung iSe Irrtums kann allerdings nicht bei einem außerbetrieblichen Bilanzierungsfehler ausgegangen werden, der durch den Gesellschafter o...