2.3.3.1 Kriterien und Begriffe des Fremdvergleichs
Tz. 111
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Der BFH hat in seiner langjährigen Rspr eine Reihe von Kriterien entwickelt, die er – je nach Einzelfall mit unterschiedlicher Gewichtung – für den Fremdvergleich anwendet. Es geht dabei zB um Begriffe wie Ernsthaftigkeit, Üblichkeit sowie Angemessenheit dem Grunde und der Höhe nach. Für beherrschende Gesellschafter wurden ergänzende Sonderkriterien geschaffen (Rückwirkungsverbot; tw auch formeller Fremdvergleich genannt; dazu s Tz 200ff). Gosch (s Gosch, § 8 KStG Rn 311) spricht in diesem Zusammenhang von "marodierenden Begrifflichkeiten". Letztendlich komme es aber nicht auf die Begrifflichkeiten an; wichtig sei vielmehr die konzeptionelle Einordnung des Fremdvergleichs als "Vehikel" zur Offenlegung der der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung zugrunde liegenden Veranlassung. Er weist – uE zutreffend – ergänzend darauf an, dass die Unangemessenheit oder die Unüblichkeiten nicht zwangsläufig die Annahme einer vGA rechtfertige. So sind auch unter Fremden "Überpreise" denkbar, wenn der Zahlende damit ein bestimmtes Ziel verfolgt. Ergebnis zum wiederholten Male: Entscheidend sind immer die Umstände des Einzelfalles. Der BFH überlässt es regelmäßig auch der Tatsacheninstanz, eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls anzustellen; zB s Urt des BFH v 28.01.2004, BStBl II 2005, 841, und s Urt des BFH v 20.01.2015, BFH/NV 2015, 704.
Nach Auff des BFH stehen die einzelnen Maßstäbe unabhängig nebeneinander; es gibt keine festgelegte Prüfungsreihenfolge; s Urt des BFH v 27.12.1995, BFH/NV 1996, 510.
2.3.3.2 Die einzelnen Fremdvergleichsmethoden
Tz. 112
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Die Frage, nach welcher Methode der (materielle) Fremdvergleich vorzunehmen ist, richtet sich stark nach Art des zu beurteilenden Leistungsverhältnisses. Dabei spielen betriebsinterne und externe Faktoren eine Rolle (Welchen Preis verlangt bzw zahlt die Kö von bzw an fremde(n) Dritte(n)?/Welche Preise verlangen/zahlen fremde Dritte regelmäßig untereinander für eine vergleichbare Leistung?).
So wird es in der Praxis idR relativ einfach sein, den angemessenen Preis für den Verkauf von börsennotierten Wertpapieren zwischen Kö und AE zu ermitteln – der Börsenkurs dürfte hier unstreitiger Fremdvergleichspreis sein.
Für Lieferbeziehungen von (fertigen oder halbfertigen) Waren uä ist es demgegenüber wesentlich schwieriger, die zutreffenden Preise zu finden. Dies gilt insbes dann, wenn es zum jeweiligen Fertigungsgrad keine direkt vergleichbaren Fremdverkäufe gibt (und deshalb die sog Preisvergleichsmethode nicht anwendbar ist). Dann bieten sich die Wiederverkaufsmethode und die Kostenaufschlagsmethode an. In § 1 Abs 3 AStG wurden diese Methoden zwischenzeitlich im Rahmen der UntStRef 2008 gesetzl festgeschrieben (allerdings nicht unmittelbar für Zwecke der vGA). Bei der Wiederverkaufsmethode werden von dem Marktpreis, den man von fremden Dritten in der nächsten Veräußerungsstufe verlangt, die Kosten des Verkäufers und ein angemessener Gewinnaufschlag abgezogen. Die Kostenaufschlagsmethode ("cost plus") geht dagegen den umgekehrten Weg: Auf die eigenen Kosten des Veräußerers wird ein angemessener Gewinnaufschlag vorgenommen.
Demgegenüber orientiert man sich bei Miet- und Pachtverhältnissen an der regionalen Marktsituation ("ortsübliche Miete"). Diese ist aber auch nur dann einfach zu ermittteln, wenn es sich um "marktgängige Objekte" handelt (zB Büroräume). Bei Fabrikgrundstücken wird man sich an den Faktoren "Wertverzehr", "Kap-Verzinsung" und "Nebenkosten" orientieren müssen (s § 8 Abs 3 KStG Teil D Tz 1006).
Für die Angemessenheit der GF-Bezüge sind ebenfalls unterschiedliche Kriterien maßgebend (Größe des Unternehmens, Ertragssituation, außerbetrieblicher Fremdvergleich über Gehaltsstrukturuntersuchungen; dazu s § 8 Abs 3 KStG Teil D Tz 388ff).
2.3.3.3 Spielräume/Bandbreitenbetrachtung
Tz. 113
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Das "richtige" Entgelt wird es für die Preisfestlegung bei Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter in aller Regel nicht geben. Von einer vGA ist deshalb regelmäßig (erst) dann auszugehen, wenn ein an den Gesellschafter gezahltes Entgelt die Angemessenheitsgrenze um mehr als 20 % überschreitet; s Urt des BFH v 28.06.1989, BStBl II 1989, 854. Fraglich ist allerdings, wie mit dieser 20 %-Grenze umzugehen ist, wenn auch sie – vielleicht geringfügig – überschritten wird. Die Fin-Verw will jedenfalls eine Freigrenze annehmen und bei Überschreitung auch den Betrag der 20 % als vGA ansetzen; dazu s Schr des BMF v 14.10.2002, BStBl I 2002, 972, Rn 23, zur Angemessenheitsprüfung der Gesamtbezüge eines Ges-GF.
Von der vertraglichen Gestaltung der Beteiligten soll nur dann abgewichen werden, wenn eine wes Korrektur erforderlich wäre. Dies ist dann nicht der Fall, wenn bei einem Dauersachverhalt nur das Ausnahmeergebnis eines Jahres korrigiert werden müsste; s Urt des BFH v 24.07.1990, BFH/NV 1991, 191. Die Angemessenheitsprüfung muss sich also im Zweifel auch über einen mehrjährigen Zeitraum erstrecken. Dabei sind ggf auch gewisse Sondereinflüsse zu neutralisieren. Das ...