Ewald Dötsch, Torsten Werner
2.4.1 Keine dem KStG 1999 vergleichbare Verwendungsreihenfolge
Tz. 42
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Das KStG enthält keine dem § 28 Abs 3 KStG 1999 vergleichbare Vorschrift zur Regelung einer Verwendungsreihenfolge. Das liegt daran, dass die Vorschriften des § 37 KStG (KSt-Minderung für oGA bei Vorhandensein von KSt-Guthaben; nur noch bis 2006), des § 38 KStG (KSt-Erhöhung bei Verwendung von EK 02; im Regelfall nur noch bis 2006) und des § 27 KStG (nicht stbare Einlagenrückgewähr) nicht mathematisch miteinander verbunden sind. Auch sind die Bestände beim KSt-Guthaben, beim EK 02 und beim stlichen Einlagekto losgelöst von entspr Rücklagen in der St-Bil, dh hier können Bestände ausgewiesen sein, ohne dass in der St-Bil entspr Rücklagen tats vorhanden sind.
Tz. 43
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Bis zum VZ 2006 war es in Sonderfällen denkbar, dass für den gleichen Ausschüttungsbetrag sowohl das KSt-Guthaben als auch das EK 02 als auch das stliche Einlagekto als verwendet gelten (Mehrfachverwendung). Diese vom Gesetzgeber sicherlich nicht gewollte Situation trat in den in § 37 KStG Tz 29ff genannten Fällen ein (s das dortige Bsp). Dazu auch s Semmler (DStR 2001, 1337 und DStR 2002, 391). Bei der Ausstellung der St-Besch und entspr bei der stlichen Behandlung auf der Ebene der AE "verdrängt" die Einlagerückzahlung die anderen Komponenten, dh in der St-Besch ist, soweit nach § 27 KStG das stliche Einlagekto als verwendet gilt, nur eine Einlagerückzahlung anzugeben. Der AE erfährt mithin nichts davon, dass die entspr Leistung bei der ausschüttenden Kö möglicherweise auch zu einer KSt-Minderung und/oder St-Erhöhung geführt hat. Wegen Einzelheiten s Tz 56.
2.4.2 Der Umfang der Verwendung des Einlagekto (sog Differenzrechnung)
2.4.2.1 Allgemeines
Tz. 44
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Nach § 27 Abs 1 S 3 KStG mindern Leistungen der Kap-Ges mit Ausnahme der Rückzahlung von Nenn-Kap iSd § 28 Abs 2 S 2 und 3 KStG das stliche Einlagekto unabhängig von ihrer hr-lichen Einordnung nur, soweit
- die Summe der im Wj erbrachten Leistungen (Größe I)
- den auf den Schluss des vorangegangenen Wj ermittelten ausschüttbaren Gewinn (Größe II)
übersteigt. § 27 Abs 1 S 3 KStG regelt, welche Leistungen das Einlagekto verringern und wirkt wie eine Regelung der Verwendungsreihenfolge, die fiktiv einen Zusammenhang zwischen einzelnen Bestandteilen der Rücklagen und der Auskehrung herstellt (s Tz 49ff).
Auch bei der Anwendung des § 27 Abs 1 S 3 KStG stellt sich – wie bei § 37 KStG (dazu s § 37 KStG Tz 8ff) – die Frage, ob ein unterjähriger Zugang zum Einlagenkonto bereits zur Finanzierung einer im betr Wj vorgenommenen Leistung zur Verfügung steht. Für die in der Praxis bedeutsamsten Fälle des Eintritts in die unbeschr KSt-Pflicht (Neugründung, Zuzug aus dem Ausl, Umwandlung in eine Kap-Ges) regelt § 27 Abs 2 S 3 KStG, dass die zum Zeitpunkt des Eintritts in die unbeschr KSt-Pflicht vorhandenen Einlagen als Bestand zum Schluss des Vorjahres gelten (s Tz 120ff). § 27 Abs 2 S 3 KStG ist erkennbar als Ausnahmeregelung konzipiert (glA s Gosch, BFH/PR 2013, 279, 281).
Die Fragestellung bleibt jedoch für andere unterjährige Zugänge aktuell, zB für den Fall, dass die AE im Laufe des Wj eine Einlage leisten und die Kö im selben Wj eine Leistung erbringt. Nach Auff von Voßkuhl/Klenke (BB 2010, 2696) enthält § 27 Abs 1 KStG keinen Grundsatz, wonach nur solche Einlagen zur Finanzierung von Leistungen zur Verfügung stehen, die in dem zum Schluss des vorangegangenen Wj gesondert festgestellten Bestand enthalten sind. Zu § 37 KStG hat der BFH (s Urt des BFH v 28.11.2007, BStBl II 2008, 390; dazu s § 37 KStG Tz 9) entschieden, dass § 37 Abs 2 KStG eine planwidrige Regelungslücke enthält und dass deshalb zur Finanzierung einer oGA auch unterjährige Zugänge zum KSt-Guthaben zur Verfügung stehen. Davon abw hat der BFH (s Urt des BFH v 30.01.2013, BStBl II 2013, 560, weiter s Urt des BFH v 19.07.2017, BFH/NV 2018, 237) hinsichtlich der Anwendung des § 27 Abs 1 S 3 KStG entschieden. Danach ist die Verwendung des stlichen Einlagekto ungeachtet unterjähriger Zugänge auf den zum Ende des vorangegangenen Wj festgestellten positiven Bestand des Einlagekto begrenzt. Nach Auff des BFH enthält § 27 Abs 1 S 3 KStG eine vom Gesetzgeber bewusst getroffene Vereinfachungsregelung. GlA s FG Köln (Urt v 25.08.2015, EFG 2015, 2218, ergangen zu § 27 Abs 8 KStG).
2.4.2.2 Leistungen der Kapitalgesellschaft
Tz. 45
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
Leistungen iSd § 27 Abs 1 S 3 KStG sind alle Auskehrungen, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben. Dazu gehören (s Urt des BFH v 06.10.2009, BFH/NV 2010, 248, und s Schr des BMF v 04.06.2003, BStBl I 2003, 366, Rn 11) neben oGA (auch verspätet beschlossene und/oder verspätet abgeflossene oGA) auch Vorabausschüttungen vor Ablauf des Wj, vGA und sonstige Leistungen, so insbes die Auskehrung des Liquidationserlöses. Leistungen im vorstehenden Sinne können sowohl in Geld- als auch in Sachform erbracht werden. Im Falle einer Sachleistung stellt sich die Frage, mit welchem stlichen Wert diese für Zwecke des § 27 KStG zu berücksichtigen ist. Nach Auff des BFH hat die Bewertung mit dem gW zu erfolgen (s Urt des BFH v 11.04.2018, BStBl II 2020, 201). Dh d...