2.4.5.1 Begriff
Tz. 31
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
In Abgrenzung zum einfachen Anteilstausch erfordert der sog qualifizierte Anteilstausch die Einbringung einer Beteiligung (mehrheitsvermittelnde Beteiligung) dergestalt, dass "die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung aufgr ihrer Beteiligung einschließlich der eingebrachten Anteile nachweisbar unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft hat" (s § 21 Abs 1 S 2 UmwStG aF/§ 21 Abs 1 S 2 Nr 1 UmwStG nF). Die Definition der mehrheitsvermittelnden Beteiligung in § 21 Abs 1 S 2 Nr 1 UmwStG stimmt in Wortlaut und Inhalt mit der Vorgängervorschrift des § 20 Abs 1 S 2 UmwStG aF überein (ebenso der Ges-Geber in der Ges-Begr, s BT-Drs 16/2710 zu § 21 Abs 1 UmwStG). Von daher kann auf die Rspr und Verw-Anw zur bisherigen Rechtslage zurückgegriffen werden.
Die Beteiligung an einer Kap-Ges oder Gen ist mehrheitsvermittelnd iSd § 21 Abs 1 S 2 Nr 1 UmwStG, wenn
- zum Zeitpunkt des Anteilstauschs (s Tz 39)
- aus Sicht der übernehmenden Gesellschaft (s Tz 33) diese unter Einbezug der eingebrachten Beteiligung(en)
- unmittelbar (s Tz 37) und
- nachweisbar (s Tz 38)
- insgesamt die Mehrheit der Stimmen (s Tz 32ff) in der Kap-Ges oder Gen hat, deren Anteile eingebracht werden.
2.4.5.2 Mehrheit der Stimmen
Tz. 32
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
Maßgebend für die Einordnung der Einbringung von Anteilen an einer Kap-Ges oder Gen als qualifizierter Anteilstausch ist ausschließlich die Stimmrechtsbefugnis des (stlichen) AE der Anteile. Dies gilt sowohl für die eingebrachte Beteiligung als auch für Anteile an der erworbenen Gesellschaft, die die Übernehmerin bereits innehat. Stimmrecht ist das Recht, durch Stimmabgabe (Willenserklärung) am Zustandekommen von Gesellschafter-/HV-Beschlüssen mitzuwirken. Die Höhe der eingebrachten Beteiligung ist ebenso irrelevant wie die mit der Beteiligung verbundenen vermögensrechtlichen Positionen. Stimmt die Beteiligung am Stamm-Kap/Nenn-Kap nicht mit dem Stimmrecht überein, ist nur der Umfang des Stimmrechts ausschlaggebend (allg Auff, zB s Nitschke, in Blümich, § 21 UmwStG 2006 Rn 36; s Behrens, in H/M, 4. Aufl, § 21 UmwStG Rn 152). Aufgr der Zulässigkeit der Vereinbarung von Mehrstimmrechten bei der GmbH im Gesellschaftsvertrag (s Kotzenberg/Geißler, Ubg 2018, 448), kann eine Beteiligung von unter 50 % des Stamm-Kap die Mehrheit der Stimmrechte für Zwecke des § 21 Abs 1 S 2 Nr 1 UmwStG vermitteln, eine nominale Mehrheitsbeteiligung ist nicht erforderlich.
Hat die übernehmende Gesellschaft zum Zeitpunkt des Anteilstauschs (s Tz 42) bereits Anteile an der Gesellschaft inne, deren Anteile eingebracht werden, rechnen diese für die Berechnung der Stimmenmehrheit zusammen mit den eingebrachten Anteilen mit (s § 21 Abs 1 S 2 Nr 1 UmwStG: "… aufgr ihrer Beteiligung …"). Ob die Übernehmerin diese Anteile durch entgeltliche oder unentgeltliche Anschaffung bzw durch eine Sacheinlage iSd § 20 Abs 1 UmwStG oder durch Anteilstausch erworben hat, spielt keine Rolle. Andererseits setzt die Annahme eines qualifizierten Anteilstauschs nicht zwingend voraus, dass schon Anteile an der erworbenen Gesellschaft vorhanden sein müssen (s Urt des BFH v 24.01.2018, BStBl II 2019, 45 unter Rn 15). Besitzt die Übernehmerin beim Anteilstausch schon eine unmittelbare Mehrheitsbeteiligung an der erworbenen Beteiligung, reicht jede beliebige Aufstockung im Wege der Einbringung aus (bzw sogar die Einbringung einer stimmrechtslosen Beteiligung, zust s Nitzschke, in Blümich, § 21 UmwStG 2006 Rn 36; und s Behrens, in H/M, 4. Aufl, § 21 UmwStG Rn 155; ebenso Ges-Begr s BT-Drs 16/2710 zu § 21 Abs 1 UmwStG: "Ein qualifizierter Anteilstausch liegt auch vor, wenn eine bereits bestehende Mehrheitsbeteiligung verstärkt wird").
Tz. 33
Stand: EL 96 – ET: 06/2019
Bei der Prüfung, ob mehrheitsvermittelnde Anteile vorliegen, sind alle gleichzeitigen Erwerbe der Übernehmerin von Anteilen (mehrere Beteiligung eines AE oder Beteiligungen mehrerer Einbringender) zu berücksichtigen, die auf einem einheitlichen Vorgang, dh entweder auf der Gründung oder auf einer bestimmten Kap-Erhöhung beruhen (so auch Ges-Begr zur "Vorgängervorschrift" des § 20 Abs 6 UmwStG 1977: s BT-Drs 12/1368; ebenso s W/M, § 20 UmwStG Rn 190–192 mwNachw; s Rabback, in R/H/vL, 2. Aufl, § 21 UmwStG Rn 88; s Behrens, in H/M, 4. Aufl, § 21 UmwStG Rn 156; s Schmitt, in S/H/S, 8. Aufl, § 21 UmwStG Rn 43; s Nitschke, in Blümich, § 21 UmwStG 2006 Rn 37; s Schr des BMF v 25.03.1998, BStBl I 1998, 268 Rn 20.15 zu § 20 Abs 1 S 2 UmwStG aF; und s UmwSt-Erl 2011 Rn 21.10; weitere Nachw s Tz 35 aE). In diesem Fall ist für jeden Einbringenden ein Anteilstausch anzunehmen. Denn das Merkmal in § 21 Abs 1 S 2 Nr 1 UmwStG, ob "die übernehmende Gesellschaft die Mehrheit der Stimmen hat", stellt auf die Sicht – und damit die Verhältnisse – der Übernehmerin ab (im Gegensatz zu den übrigen Sacheinlagetatbeständen bei § 20 Abs 1 UmwStG, s § 20 UmwStG Tz 111). Daher sind bei der aufnehmenden Gesellschaft alle eingebrachten Anteile relevant, die sie aufgr eines einheitlichen Erwerbs...