Ewald Dötsch, Alexandra Pung
Literaturhinweis:
Suchanek/Schaaf/Hannweber, Interpersoneller Verlustuntergang gemäß der Neuregelung der Sanierungsgewinnbesteuerung, Wpg 2017, 909.
2.5.1 Allgemeines
Tz. 18a
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Durch das Ges gegen schädliche StPraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen v 27.06.2017 (BGBl I 2017, 2074) wurde § 15 S 1 Nr 1 KStG um die S 2 und 3 erweitert. Die neuen S 2 und 3 hängen mit der Einfügung eines § 3a EStG und der Erweiterung des § 3c EStG um einen Abs 4 zusammen, die gem § 8 Abs 1 KStG auch bei der KSt zu beachten sind. § 3a EStG regelt die St-Freistellung des sog verbleibenden Sanierungsertrags, die mit einer synchronen Kürzung noch nicht genutzter Verluste, Verlustabzüge usw einhergeht (dazu ausführlich s § 8c KStG Tz 379ff).
Tz. 18b
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Urspr stand die Anwendung des § 3a EStG unter dem Vorbehalt der Feststellung durch die EU-KOM, dass es sich nicht um eine unzulässige staatliche Beihilfe handelt. Nachdem die EU-KOM dies mit Schreiben vom 20.07.2018 festgestellt hatte, wurde die Regelung durch das UStAVermG in Kraft gesetzt und der bis dahin bestehende Notifizierungsvorbehalt aufgehoben (hierzu auch s § 8c KStG Tz 379).
Nach § 52 Abs 4a S 1 EStG idF des UStAVermG ist § 3a EStG erstmals in Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 08.02.2017 erlassen wurden. § 52 Abs 4a S 2 EStG idF des UStAVermG enthält eine Vertrauensschutzregelung für Altfälle, wonach auf Antrag noch der Sanierungserlass (s Schr des BMF v 27.03.2003, BStBl I 2003, 240) zur Anwendung kommt. Nach § 52 Abs 4a S 3 EStG idF des UStAVermG ist auf Antrag des Stpfl die Regelung des § 3a EStG auch bereits auf Schuldenerlasse vor dem 09.02.2017 anzuwenden.
Eine entspr Anwendungsregelung für § 15 S 1 Nr 1 S 2 und 3 KStG enthielt § 34 Abs 3b KStG idF des UStAVermG.
Tz. 18c
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Da OG und OT ihr Einkommen jeweils eigenständig ermitteln, finden § 3a EStG und § 3c Abs 4 EStG grds bei beiden Gesellschaften getrennt Anwendung (s Ges-Begr des BT-Fin-Aussch, BT-Drs 18/12128, 36).
Für einen Sanierungsertrag der OG ist zu beachten, dass der verbleibende Sanierungsertrag iSd § 3a Abs 3 S 4 EStG bei der OG zu ermitteln ist, dass aber die in § 3a Abs 3 S 2, 3 und 5 EStG zu ziehenden Rechtsfolgen beim OT eintreten (s § 15 S 1 Nr 1a S 1 KStG). Auch § 3c Abs 4 EStG, der im Wege eines eigenständigen Abzugsverbots die Nichtabziehbarkeit der mit einem stfreien Sanierungsertrag in unmittelbarem wirtsch Zusammenhang stehenden BV-Minderungen und BA regelt, ist bei der Einkommensermittlung der OG zu beachten. Gem § 15 S 1 Nr 1 S 3 KStG ist bei sog "nachlaufenden Minderungen" des Sanierungsertrags in Folgejahren für die Anwendung des § 3c Abs 4 S 4 EStG auf den nach Anwendung von § 15 S 1 Nr 1a KStG sich ergebenden verminderten Sanierungsertrag abzustellen (dazu s Tz 18i).
2.5.2 Anwendung des § 3a EStG auch auf laufende Verluste einer Organgesellschaft und auf vororganschaftliche Verlustvorträge (§ 15 S 1 Nr 1 S 2 KStG)
Tz. 18d
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Nach § 15 S 1 Nr 1 S 2 KStG steht § 15 S 1 Nr 1 S 1 KStG einer Anwendung von § 3a EStG nicht entgegen. Das bedeutet, so die Ges-Begr des BT-Fin-Aussch (s BT-Drs 18/12128, 36), dass nicht nur der lfd Verlust einer OG im Jahr der Sanierung der OG, sondern auch ein noch nicht genutzter vororganschaftlicher Verlustvortrag der OG als Folgewirkung der Freistellung des verbleibenden Sanierungsertrags der OG nach § 3a Abs 3 EStG gekürzt werden können, und zwar in der dort geregelten Reihenfolge. Ebenso s Frotscher (in F/D, § 15 KStG Tz 24). Der aA von Walter (in B/W, § 15 KStG Tz 14) ist uE nicht zuzustimmen, da sie durch den Ges-Wortlaut nicht gedeckt ist. Wie in Tz 6 erläutert, fallen unter § 15 S 1 Nr 1 KStG alle für einen möglichen Ausgleich in Betracht kommenden Arten von Verlusten, also auch Verluste nach §§ 2a, 2b, 15 Abs 4 und § 15a EStG.
Tz. 18e
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Daraus, dass § 15 S 1 Nr 1a S 1 KStG lediglich die Anwendung des § 3a Abs 2 S 2, 3 und 5 EStG auf den OT verlagert, folgt, dass § 3a EStG im Übrigen bei der OG selbst anzuwenden ist. Das betrifft folgende in § 3a EStG enthaltene Regelungen:
- die in § 3a Abs 1 EStG geregelte St-Freistellung des Sanierungsertrags, verbunden mit der dort vorgeschriebenen gewinnmindernden Ausübung von Wahlrechten,
- die in § 3a Abs 3 S 1 EStG enthaltene Anweisung, wonach nabzb Beträge iSd § 3c Abs 4 EStG in VZ vor dem Sanierungsjahr und im Sanierungsjahr den Sanierungsertrag mindern.
Tz. 18f
Stand: EL 115 – ET: 09/2024
Es stellt sich die Frage, ob die in § 3a Abs 3 S 2, 3 und 5 EStG geregelte Vernichtung von Verlustabzugspotenzial im Umfang eines lfd Verlusts im Sanierungsjahr und eines vororganschaftlichen Verlustvortrags der OG bereits auf der Ebene der OG oder insges erst auf der Ebene des OT erfolgt.
Beispiel 1 (Sanierungsertrag ist geringer als die Verlustabzüge):
Lfd Verlust der OG vor Berücksichtigung des stfreien Sanierungsertrags |
– 200 TEUR |
stfreier Sanierungsertrag |
+ 160 TEUR |
verbleibender Verlust |
– 40 TEUR |
Nach § 3a Abs 1 S 1 EStG ist der Sanierungsertrag stfrei, sodass die OG ein negatives Einkommen iHv -200 TEUR erwirtschaftet hat.