Tz. 20
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Im Urt v 21.06.1989, (BStBl II 1989, 881) hat der BFH (unter Hinw auf einen Aufsatz von Becker in StuW 1936, Teil I, Sp 97) die heute so genannte "Wurzeltheorie" begründet, indem er ausführt, dass die Einkommenbesteuerung des phG (soweit dieser nicht auch Kommanditaktionär ist; s Tz 68ff) "an der Wurzel von der KSt-Besteuerung der KGaA abgespalten" und uneingeschr gem § 15 Abs 1 Nr 3 EStG dem gew Bereich zugewiesen werde.
Zur Unklarheit des Begriffs und der Folgen der Wurzeltheorie, die zu einer Vielzahl vd Auslegungen führe, s Wassermeyer (in Ubg 2011, 47). Zur praktischen Umsetzung dieser Gewinnabspaltung s u, zu der Frage, ob insoweit eine gesonderte und einheitl Feststellung der Eink des phG und der KGaA durchzuführen ist, s Tz 52ff. Aus der "Wurzeltheorie" – sowie aus der Tatsache, dass die Begriffe "Teil des Gewinns" bzw "Gewinnanteil" ges weder im KStG noch im EStG definiert sind – resultieren auch ein Teil der Probleme, die sich in Zusammenhang mit der Frage nach der "transparenten" bzw "intransparenten" Besteuerung des phG stellen (s Tz 42ff). Wassermeyer (s Ubg 2011, 47) sprach sich für die Aufgabe der Wurzeltheorie aus. Gosch (s Protokoll Nr 17/77 zur Sitzung des FinAussch des BT in Zusammenhang mit der Einführung des § 50d Abs 11 EStG – s Tz 68c) wies darauf hin, dass die Aufgabe der Wurzeltheorie im BFH diskutiert wurde.
Der BFH hat jedoch in ständiger Rspr an der Wurzeltheorie festgehalten. Im Urt v 01.06.2022 (Az: I R 44/18) erläutert der BFH die technische Umsetzung dieser "Abspaltung an der Wurzel". Hinsichtlich des Gewinnanteils des phG liege insoweit eine Beteiligung an einer fremden Einkunftsquelle vor, indem die von der KGaA erzielten Eink an den phG iS einer Zurechnung weitergeleitet würden. Dies geschehe technisch durch den nach § 9 Abs 1 Nr 1 KStG außerbilanziell abzuziehenden Gewinnanteil des phG, also durch Abzug des Teils des Gewinns der KGaA, der an den phG verteilt werde. Die KGaA unterliege als KapGes mit ihren gesamten Eink der KSt, die kst-liche BMG sei aber um die nach § 9 Abs 1 Nr 1 KStG außerbilanziell abzuziehenden Gewinnanteile des phG gemindert. Dieser Abzug erfolge auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe, sodass § 9 Abs 1 Nr 1 KStG den KGaA-Gewinn in einen der KSt unterliegenden Teil sowie einen der ESt unterliegenden Teil aufspalte.
Das Bild der Abspaltung "an der Wurzel" verdeutliche, dass von Beginn an, dh direkt nach Übernahme der h-bilanziellen Gewinnanteile des phG als Grundlage seiner stlichen Einkommensermittlung, zwischen der kapitalistischen Sphäre der KGaA und der Sphäre des phG zu unterscheiden sei. Dass diese Abspaltung "lediglich" durch einen BA-Abzug (nach § 9 Abs 1 Nr 1 KStG) erfolge, sieht der BFH als bloße technische Umsetzung der Trennung der Einkommenssphären an. Aufgr der unmittelbar nach Abspaltung des h-bilanziellen Gewinnanteils des phG vorzunehmenden getrennten stlichen Einkommensermittlung habe § 9 Abs 1 Nr 1 KStG damit im Ergebnis Vorrang vor sämtlichen anderen kstlichen Einkommensermittlungsvorschriften (s Urt des BFH v 01.06.2022, Az: I R 44/18). Auch das FG München (s Urt des FG München v 25.10.2018, EFG 2019, 267) sieht den nach § 9 Abs 1 Nr 1 KStG vorzunehmenden BA-Abzug lediglich als eine – ggü "gewöhnlichen" MU-Schaften – andere Form der Eink-Zurechnung an und sieht in § 9 Abs 1 Nr 1 KStG keine Aufwands-, sondern eine Zuordnungs- und Aufteilungsnorm (ebenso s Drüen in H/H/R, KStG, § 9 Rn 20 und s Farwick, StuB 2022, 656).