Tz. 363
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Anstellungsverträge können wegen eines Verstoßes gegen ein (vertragliches) Schriftformerfordernis sowie gegen das Verbot des Selbstkontrahierens zivilrechtlich unwirksam sein. Wegen der Einzelheiten s § 8 Abs 3 KStG Teil C Tz 234ff. Im Übrigen besteht allerdings kein zwingendes Schriftformerfordernis; aus Nachw-Gründen ist Schriftform aber empfehlenswert.
Die mangelnde Erfüllung von Dokumentationspflichten nach § 48 Abs 3 bzw 35 Abs 4 S 2 GmbHG führt nach Ansicht der Verwaltung nicht zur Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts (s § 8 Abs 3 KStG Teil C Tz 262); dazu s auch Stelzer (in E & Y, vGA/vE, F 4 "Geschäftsführervergütungen" Rn 4). Die (mit Wirkung ab 2022 verschärften; vgl BGBl I 2022, 1174) Nachw-Pflichten nach § 2 des Nachweisges sind für beherrschende Ges-GF nicht anwendbar, da diese Pers-Gr nicht zu den Arbeitnehmern im arbeitsrechtlichen Sinne gehört. Zur Abgrenzung einer "arbeitnehmerähnlichen Pers" im Arbeitsrecht (vor allem im Hinblick auf die Schutzfunktion des § 17 Abs 1 S 2 BetrAVG) bei Minderheits-Ges-GF s Urt des BGH v 01.10.2019 (GmbHR 2020, 88).
Tz. 364
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Bei Anstellungsverträgen des GF einer GmbH sind aber die Vorschriften über die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für den Abschluss und die Änderung der Ges-GF-Dienstvereinbarung zu beachten. Der GF ist das vertretungsberechtigte Organ der GmbH (s § 35 Abs 1 GmbHG). Er wird von der Gesellschafterversammlung bestellt bzw abberufen (s § 46 Nr 5 GmbHG). Somit ist die Gesellschafterversammlung für den Abschluss, die Änderung und die Beendigung des Anstellungsvertrages zuständig, soweit nach der Satzung keine andere Zuständigkeit (zB Beirat, Aufsichtsrat) vorgesehen ist oder auf einen Dritten übertragen wurde. Bei dem Vollzug des Gesellschafterbeschl können sich die Gesellschafter auch vom GF vertreten lassen. Der Anstellungsvertrag muss nicht zwingend von den (Mit-)Gesellschaftern unterzeichnet werden; s Urt des BFH v 31.05.1995 (BStBl II 1996, 246). Dazu s auch Herberth (s GmbH-StB 2013, 386). Zu Zweifeln, ob die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Vereinbarten bei Anstellungsverträgen mit dem Ges-GF zwingend zur vGA führen muss, s Gosch (in Gosch, 4. Aufl, § 8 Rn 800); aA allerdings Rengers (in B/H, § 8 KStG Rn 632).
Tz. 365
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Hat der Allein-Gesellschafter den Anstellungsvertrag unterzeichnet, ist von einem entspr Gesellschafterbeschl auszugehen. Entspr gilt bei einer mehrgliedrigen Gesellschaft, wenn alle Gesellschafter den Anstellungsvertrag unterzeichnet haben.
Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung gilt auch für die Änderung des Anstellungsvertrages; s Urt des BGH v 25.03.1991 (DB 1991, 1065).
Anstellungsverträge und Vertragsänderungen (zB Gehaltserhöhungen), die nicht mit dem zuständigen Organ vereinbart werden, sind zivilrechtlich nicht wirksam zustande gekommen und führen zur vGA.
Tz. 366
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Hintergrund der Voraussetzung der zivilrechtlichen Wirksamkeit ist, dass es die beherrschenden Ges-GF ansonsten in der Hand hätten, ob Vergütungen ausgezahlt werden:
- Soll keine Auszahlung erfolgen, beruft man sich auf die zivilrechtliche Unwirksamkeit und handelt somit rechtskonform.
- Will man eine Auszahlung haben und würde die fehlende zivilrechtliche Wirksamkeit nicht sanktioniert, könnte man diese ohne stliche Nachteile vornehmen.
Tz. 367
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Bei nachträglicher Genehmigung (s § 184 BGB) des geänderten Anstellungsvertrages durch die Gesellschafterversammlung ist uE die BFH-Rspr zur nachträglichen Genehmigung der Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot entspr anwendbar; dazu s Urt des BFH v 23.10.1996 (BStBl II 1999, 35). Danach wirkt die nachträgliche Genehmigung stlich zurück; ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot liegt nicht vor. Dazu s auch Lang (in B/W, § 8 Rn 1186); s Gosch (StBp 1996, 105); s Tillmann/Schmidt (DStR 1996, 849).
Tz. 368
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Beispiel:
Der mit einem GF abgeschlossene Anstellungsvertrag vom 01.05.01 wurde bisher nicht von der Gesellschafterversammlung genehmigt, sondern nur von einem Mit-GF für die GmbH unterzeichnet. Die vereinbarten Gehaltszahlungen entsprechen dem unter Fremden Üblichen. Ausweislich des Lohnkontos wurde ab 01.05.01 entspr dem abgeschlossenen Vertrag verfahren. IRe im März 03 durchgeführten Bp möchte der Prüfer die ab 01.05.01 und in 02 gezahlten Ges-GF-Gehälter unter Hinw auf die BGH-Rspr wegen zivilrechtlicher Unwirksamkeit als vGA behandeln.
Die Auff des Prüfers ist zutr. Sie entspr der Rspr und Verw-Auff.
Abwandlung des Beispiels:
Der GF legt die fehlende Genehmigung der Gesellschafterversammlung während der Bp vor.
Die zunächst fehlende Zustimmung bzw Genehmigung durch die Gesellschafterversammlung führt uE nicht in jedem Fall zu einer vGA. In Anlehnung an die zur nachträglichen Genehmigung von In-Sich-Geschäften iSv § 181 BGB ergangene BFH-Rspr ist es möglich, den zunächst schwebend unwirksamen (weil bis dahin noch nicht von der Gesellschafterv...