Tz. 234
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Die Vereinbarungen mit dem beherrschenden Gesellschafter müssen zivilrechtlich wirksam sein. Die Notwendigkeit der zivilrechtlichen Wirksamkeit ist zunächst einmal eine Ausprägung des materiellen Fremdvergleichs. Auch fremde Dritte werden nämlich regelmäßig – wenn auch nicht immer – darauf achten, dass ihre Vereinbarungen zivilrechtlich wirksam sind. Wer ernsthaft eine Vereinbarung will, wird sich um deren zivilrechtliche Wirksamkeit bemühen. Ansonsten besteht nämlich für jede der Vertragsparteien ein erhöhtes Risiko, trotz bereits erbrachter Leistung eine Gegenleistung nicht oder zumindest nicht in der gewünschten Form zu erhalten. Aus diesem Grund kann die fehlende zivilrechtliche Wirksamkeit eines Vertrags uU auch bei einem nicht beherrschenden Gesellschafter zu einer vGA führen, wenn der Vertrag als nicht ernsthaft anzusehen ist; zum ähnlichen Problem der fehlenden tats Durchführung eines Vertrags mit einem nicht beherrschenden Gesellschafter in zentralen Punkten s Urt des BFH v 06.12.1995, BStBl II 1996, 383. Dies gilt zumindest dann, wenn weitere Indizien dazutreten, die einen mit einem nicht beherrschenden Gesellschafter abgeschlossenen Vertrag in ihrer Gesamtheit als nicht ernsthaft gewollt erscheinen lassen.
Tz. 235
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Zum anderen soll die zivilrechtliche Unwirksamkeit kein Mittel für einen (beherrschenden) Gesellschafter sein, sich im Nachhinein auf eine zivilrechtlich unwirksame Vereinbarung berufen zu können, und damit einen zunächst schuldrechtlich vereinbarten Leistungsaustausch doch wieder auf die gesellschaftliche Ebene bringen zu können. Er soll seine Stellung nicht nachträglich aus stlichen Gründen verändern können. Die Notwendigkeit einer zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung dient also der Verdeutlichung, dass ein schuldrechtlicher und kein verdeckter im Gesellschaftsverhältnis begründeter Anlass zugrunde liegt; s Urt des BFH v 31.05.1995, BStBl II 1996, 246 und Beschl des BFH v 16.07.2003 (BFH/NV 2003, 1613).
Beispiel:
Der Mehrheitsgesellschafter G trifft mit seiner GmbH Ende des Jahres 01 eine Tantiemevereinbarung, wonach er erstmals ab dem Jahr 02 eine Tantieme erhalten soll. Die Höhe und Bemessungsgrundlage wird dabei genau festgelegt. Er unterlässt es jedoch (absichtlich!?), einen Beschl der Gesellschafterversammlung über die Tantiemevereinbarung herbeizuführen.
IRd Erstellung des Jahressabschlusses für 02 im Frühjahr 03 überlegt er sich (zB aus estlichen Gründen, da er gerade im Spitzen-St-Satz ist), doch keine Tantieme haben zu wollen. Er hält es für angebrachter, den entsprechenden Betrag mittelfristig in der GmbH zu thesaurieren. Deshalb beruft er sich im Jahr 03 auf die Nichtigkeit der Tantiemevereinbarung, da es an einem Beschl der Gesellschafterversammlung mangelt.
Lösung:
Es ist zutr, dass für die Änderung eines Anstellungsvertrages die Gesellschfterversammlung zuständig ist (s § 8 Abs 3 KStG Teil D Tz 364). Der Vertrag ist deshalb nicht wirksam zustande gekommen. Die Kap-Ges (und damit auch G als deren beherrschender Gesellschafter) kann sich zu Recht auf die Nichtigkeit berufen.
Man muss jedoch davon ausgehen, dass sich die Beteiligten dann nicht auf die Nichtigkeit berufen würden, wenn ihnen die Auszahlung der Tantieme gelegen käme.
Diese Wahlmöglichkeit wird durch das Rückwirkungsverbot mit seiner Notwendigkeit der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Verträge verhindert. Werden zivilrechtlich unwirksame Verträge mit einem beherrschenden Gesellschafter geschlossen, dürfen die Vergütungen deshalb generell nicht gezahlt werden. Im Fall der Auszahlung führt die Tantieme zur vGA.
Tz. 236
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Die zivilrechtliche Wirksamkeit einer Vereinbarung der Gesellschaft mit ihrem beherrschenden Gesellschafter bzw einer diesem nahe stehenden Person ist ein eigenständiges Erfordernis neben der klaren im Voraus getroffenen Vereinbarung (zB s Urt des BFH v 02.03.1994, BFH/NV 1994, 661). Wie das obige Beispiel zeigt, wird auch dieses Merkmal vom (Ober-)Begriff "Rückwirkungsverbot" umfasst (und nicht nur das Merkmal "im Vorhinein getroffene Vereinbarung", wie dies tw in der Fachlit dargestellt wird; s Lange, NWB F 4, 5239, 5255). Kohlhepp (in Schn/F, § 8 KStG Rn 399) hält die Notwendigkeit einer zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung bei der Abgrenzung einer vGA nicht für tauglich. Auch ein zivilrechtlich unwirksamer Vertrag erfülle nämlich eher eine Bindungswirkung zugunsten der betrieblichen Veranlassung; ebenso s Frotscher (in F/D, Anh zu § 8 KStG Rn 165). Diese Argumentation verkennt aber die og Wahlmöglichkeit für beherrschende Gesellschafter (Tz 235), sich auf die zivilrechtliche Unwirksamkeit der Vereinbarung zu berufen oder auch nicht. Dazu auch s Gosch (in Gosch, KStG, 3. Aufl, § 8 Rn 327).
Tz. 237
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Die Entsch über die zivilrechtliche Wirksamkeit von Vereinbarungen ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 41 Abs 1 AO überflüssig. Danach ist zwar die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die...