Ewald Dötsch, Helmut Krämer
Tz. 24/3
Stand: EL 65 – ET: 03/2009
a) Unterlassene Pflichtprüfung
Wenn bei einer anderen als einer kleinen Kap-Ges iSd § 267 Abs 1 HGB die zwingend vorgeschriebene Prüfung des Jahresabschlusses nicht vorliegt, kann gem § 316 Abs 1 S 2 HGB der Jahresabschluss nicht festgestellt werden (s Venrooy, GmbHR 2003, 125). Ein für ein Wj gefasster Gewinnverteilungs-Beschl ist in Folge dessen nicht ordnungsgemäß (s Urt des FG Rh-Pf v 15.03.2006, EFG 2007, 1278, NZB BFH-Az: I B 37/06; weiter s Vfg der OFD Kiel v 07.03.1994, KÖSDI 1995, 10 257; weiter s Psyka, DStR 1995, 1335; Förster, Stbg 2 001 349, 350; Zimmermann, DStR 2002, 2145). Die GA führt nicht zur KSt-Minderung.
Bis zum Abfluss der GA können die unterlassene Pflichtprüfung sowie die Feststellung mit heilender Wirkung nachgeholt werden, denn nach der Rspr des BFH ist bis zum Abflusszeitpunkt eine Änderung bzw eine Aufhebung des Gewinnverteilungs-Beschl möglich; hinterher geht das allerdings nicht mehr (s Schlagheck, GmbHR 2002, 682, 685 und s Neu, Anm zum Urt des FG Rh-Pf v 15.03.2006, EFG 2007, 1278, 1280; weiter s § 34 KStG Tz 109).
Förster (Stbg 2001, 349, 350) empfiehlt für in 2001 beschlossene GA die Änderung des Gewinnverteilungs-Beschl idS, dass es sich um eine Vorabausschüttung handeln soll, denn eine ordnungsgemäße Vorabausschüttung setzt einen festgestellten Jahresabschluss nicht voraus. Die Umqualifizierung in eine Vorabausschüttung funktioniert uE jedenfalls dann nicht, wenn der Gewinn eines früheren Wj als demjenigen ausgeschüttet wird, auf das sich der Beschl bezieht. Nach dem Urt (s Urt des OLG Hamm v 05.02.1992, DB 1992, 985; dazu s Binnewies, GmbH-StB 2002, 266) nämlich kann eine Vorabausschüttung nur bis zum Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses beschlossen werden. Grds abgelehnt wird die Umdeutung in eine Vorabausschüttung vom II. Senat des BFH (s Urt des BFH v 23.04.1992, BStBl II 1992, 790) und s Urt des FG Rh-Pf v 15.03.2006, EFG 2007, 1278, mit Anm Neu).
Das FG Rh-Pf (s Urt des FG Rh-Pf v 18.05.2005, – Az: 1 K 2629/02, nv) hat unter Hinw auf das Urt des OLG Hamm v 05.02.1992 (DB 1992, 985) entschieden, dass eine wirksame Vorabausschüttung im Zeitpunkt der Beschl-Fassung die Erwartung voraussetzt, dass die Kap-Ges zum Geschäftsjahresende ein der Ausschüttung entspr Ergebnis erzielt. Danach darf die Vorabausschüttung nicht das nach § 30 Abs 1 GmbHG geschützte Stamm-Kap verletzen oder die Existenz der Kap-Ges gefährden. In die gleiche Richtung geht das Urt des BFH v 29.04.2009 (DB 2009, 1909). Danach kann eine GA nur insoweit "für ein abgelaufenes Wj" iSd § 27 Abs 3 S 1 KStG 1999 erfolgen, als sich aus dem Jahresabschluss für das betr Wj ein verteilungsfähiger Gewinn ergibt.
Tz. 24/4
Stand: EL 65 – ET: 03/2009
b) Stliche Qualifizierung eines gegen die Kap-Erhaltungsvorschriften des GmbHG verstoßenden Gewinnverteilungs-Beschl
Der BFH (s Urt des BFH v 07.11.2001, BFH/NV 2002, 540) hat entschieden, dass ein Verstoß gegen die Kap-Erhaltungsvorschriften des GmbH-Rechts nicht zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit des Gewinnverteilungs-Beschl führt. Dh trotz des Verstoßes gegen die §§ 30, 31 GmbHG bleibt die GA eine ordnungsgemäße, die zur Inanspruchnahme der KSt-Minderung berechtigt (glA s Urt des FG Köln v 06.03.2003, EFG 2003, 880). Die Fin-Verw (s Vfg der OFD Münster v 15.05.2003, DB 2003, 1199 und Vfg der OFD Nürnberg v 16.01.2003, GmbHR 2003, 368) wendet dieses Urt an. UE muss bei der Anwendung dieser Rspr differenziert werden (s Dötsch, DK 2003, 810, 811):
In dem vom BFH entschiedenen Fall wies die Bil des Jahres, für das die GA erfolgte, einen ausschüttbaren Gewinn aus. Erst durch Verluste in den beiden Folgejahren wurden alle Rücklagen im Nachhinein aufgezehrt; die ein Jahr nach Ablauf des Gewinnjahres beschlossene GA iVm den Verlusten der beiden Folgejahre führten dazu, dass das Stamm-Kap der GmbH angegriffen wurde.
UE ist von diesem entschiedenen Fall des nachträglichen Unmöglichwerdens einer aus den Rücklagen usw finanzierten Ausschüttung der Fall zu unterscheiden, in dem diese Unmöglichkeit von Vornherein besteht. Das ist der Fall, in dem bereits die Bil des Jahres, für das die Ausschüttung erfolgt, wegen hoher Verlustvorträge kein Ausschüttungspotenzial mehr enthält und trotzdem (von Vornherein durch Verbrauch des Stamm-Kap) eine GA beschlossen und durchgeführt wird. In dem zuletzt genannten Fall liegt uE wegen der Unmöglichkeit einer Rücklagenausschüttung eine ordnungsgemäße GA nicht vor, dh es kann nicht zu einer KSt-Minderung kommen. Der BFH führt dazu in der Begr seines Urt v 01.04.2003 (BStBl II 2003, 779; mit Hinw auf Heidinger, in Michalski, § 30 GmbHG Rn 90; Goerdeler/Müller, in Hachenburg, 8. Aufl, § 30 GmbHG Rn 76) aus: "Ein Verstoß gegen die Kap-Erhaltungsvorschriften des GmbH-Rechts mag zur Unwirksamkeit des Jahresabschlusses führen. Er kann ausnahmsweise auch die Unwirksamkeit des daraufhin ergangenen Gewinnverteilungsbeschl zur Folge haben, wenn dieser seinem Inhalt nach ausdrücklich auf die Auszahlung trotz Verletzung de...