Tz. 222
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Eine beherrschende Stellung eines oder mehrerer Gesellschafter(s) ist bei einer Beteiligung bis 50 % auch ohne Hinzutreten besonderer Umstände anzunehmen, wenn mehrere Gesellschafter einer Kap-Ges mit gleichgerichteten Interessen zusammenwirken, um eine ihren Interessen entspr einheitliche Willensbildung herbeizuführen; zB s Urt des BFH v 25.10.1995, BStBl II 1997, 703. Die Anteile mehrerer Gesellschafter können also zusammengerechnet werden, wenn und soweit die Gesellschafter im Hinblick auf den zu beurteilenden Sachverhalt eine gleiche Interessenlage haben. Es entsteht dadurch also eine "Beherrschungsgruppe" (in gewisser Weise vergleichbar mit der sog Gruppentheorie bei der Prüfung der personellen Verflechtung bei einer Betriebsaufspaltung; dazu s H 15.7 Abs 6 [Personengruppentheorie] EStH). Sämtliche Mitglieder einer solchen Gruppe sind – unabhängig von ihrer Beteiligungshöhe – als beherrschende Gesellschafter anzusehen. Es wird in einem solchen Fall unterstellt, dass jeder Gesellschafter dem Vertragsabschluss mit dem anderen Gesellschafter nur dann zustimmt, wenn er im Gegenzug für sein eigenes Vertragsverhältnis die Zustimmung zu einem entspr Abschluss erhält. Dies gilt auch für die Änderung von vertraglichen Vereinbarungen.
Tz. 223
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Die Frage, ob mehrere Gesellschafter gleichgerichtete Interessen haben, ist allerdings für jeden Sachverhalt (also für jede einzelne Vertragsbeziehung; ggf auch für jede Teilvereinbarung einer Vertragsbeziehung) getrennt zu beurteilen. Es ist also durchaus denkbar, dass ein Gesellschafter hinsichtlich einer Vertragsbeziehung wegen gleichgerichteter Interessen als beherrschend anzusehen ist, für eine andere Vergütung demgegenüber nicht.
Beispiel:
K ist zu 50 % an der KL-GmbH beteiligt; die anderen 50 % hält L. K und L sind jeweils auch Ges-GF der KL-GmbH. Die Anstellungsverträge sind identisch. Für beide wird im Dezember 03 eine Gehaltserhöhung rückwirkend ab Januar 03 vereinbart. K vermietet daneben an die KL-GmbH auch ein Grundstück gegen Entgelt. L erbringt keine entspr Vermietungsleistung. Auch die Miete an L wird im Dezember 03 rückwirkend ab Januar 03 angehoben; die erhöhte Miete ist immer noch angemessen.
Lösung:
K ist zwar für die Gehaltserhöhung iR seines Anstellungsvertrags als beherrschender Gesellschafter anzusehen. Insoweit hat er gleichgerichtete Interessen mit L, der ebenfalls GF ist und eine (rückwirkende) Gehaltserhöhung erhält. Entsprechendes gilt für L; auch er ist hinsichtlich der Gehaltserhöhung als beherrschend anzusehen.
Demgegenüber ist K für die Beurteilung der rückwirkenden Mieterhöhung nicht als beherrschend anzusehen, da insoweit keine gleichgerichteten Interessen mit L bestehen.
Tz. 224
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Die Vertragsbedingungen und somit auch die Vorteile für die jeweiligen Gesellschafter müssen dabei nicht völlig identisch sein. Auch eine absolut zeitgleiche Vereinbarung mit den verschiedenen Gesellschaftern ist nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass jeder der Gesellschafter durch die Gesamtheit der fraglichen Maßnahmen besser gestellt ist als ohne sie; auf die exakte Gleichwertigkeit kommt es nicht an (s Urt des BFH v 10.03.1992, BStBl II 1993, 635). Die Vorteilsgewährung muss nicht der Zustimmung des anderen Gesellschafters bedürfen. Deshalb hat der BFH auch die Anteile von zwei Minderheitsgesellschaftern zusammengerechnet, obwohl der Abschluss der Verträge auch ohne Zustimmung des jeweils anderen Gesellschafters zustande gekommen wäre; s Beschl des BFH v 29.07.2009 (BFH/NV 2010, 66). Auch s Kohlhepp (in Schn/F, § 8 KStG Rn 383).
Tz. 225
Stand: EL 88 – ET: 01/2017
Weichen die gewährten Vorteile und/oder die wirtsch Verhältnisse erheblich voneinander ab, ist die Annahme gleich gerichteter Interessen nicht mehr möglich (zB s Urt des BFH v 18.02.1999, BFH/NV 1999, 1384, zur Gewährung von Pensionszusagen an zwei Ges-GF mit erheblichem Altersunterschied). Orientieren sich die Unterschiede allerdings an den abweichenden Beteiligungsverhältnissen, spricht dies für eine einheitliche Interessenlage. Demgegenüber liegt ein Indiz gegen gleichgerichtete Interessen vor, wenn Vergütungen "nach Köpfen" unter den GF verteilt werden, diese aber in wes abweichender Höhe an der Gesellschaft beteiligt sind; s Urt des BFH v 26.07.1978, BStBl II 1978, 659. Eine abweichende Beteiligungshöhe schließt aber die Annahme gleichgerichteter Interessen in einem solchen Fall nicht generell aus; s Urt des BFH v 11.12.1985, BStBl II 1986, 470; dazu auch s Urt des FG HH v 20.11.2013 (EFG 2014, 578); NZB durch den BFH mit s Beschl v 17.09.2014 (BFH/NV 2015, 53) zurückgewiesen; kritischer allerdings s Beschl des FG München v 08.01.2014 (EFG 2014, 2161); auch s Kohlhepp (in Schn/F, § 8 KStG Rn 382).
Wo die Grenzlinie zwischen erheblichem und nicht erheblichem Abweichen der jeweiligen vertraglichen Bedingungen liegen, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Die Rspr des BFH ist hier – wie auch ans...