Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
3.3.1 Allgemeines
Tz. 360
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Soweit das Besteuerungsrecht der B-Rep hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder Nutzung eines WG ausgeschlossen oder beschr wird, gilt das WG als zum gW veräußert oder überlassen. Bei Überführung von WG kann auf Antrag ein AP nach § 4g EStG gebildet werden, mittels dessen eine zeitlich gestreckte Besteuerung des fiktiven VG erfolgt (§ 12 Abs 1 zweiter HS KStG). Zu § 4g EStG s Tz 600ff.
Tz. 361
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Hinsichtlich der Gleichstellung mit einer Veräußerung handelt es sich um eine Fiktion als Mittel der Gesetzestechnik. Der Sinn und die Tragweite dieser Fiktion sind aus dem Zusammenhang sowie dem Zweck des Gesetzes zu erschließen und ggf auch danach zu begrenzen. Sinn und Zweck der Regelung ist die Sicherstellung der Besteuerung der in den WG enthaltenen stillen Reserven sowie die Abgrenzung der dt Besteuerungsrechte. Die Rechtsfolge der fiktiven Veräußerung kann jedoch nicht dazu führen, dass die als veräußert geltenden WG nicht mehr in der St-Bil des inl Stammhauses auszuweisen sind, da sich an der rechtlichen Zuordnung des WG zum Unternehmen – außer in den Umwandlungsfällen, s Tz 334 – nichts ändert. Es ist "lediglich" eine Änderung der tats bzw funktionalen Zuordnung der WG zwischen Stammhaus und BetrSt eingetreten. Die St-Bil des Unternehmens umfasst jedoch auch das Ergebnis der ausl BetrSt (s Schr des BMF v 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076, Rn 1.1.4.2) und bildet die Summe der im Stammhaus und den BetrSt zu bilanzierenden WG ab. Die BetrSt-Bil ist daher nur als Auszug aus der St-Bil des Unternehmens zu verstehen (s Wassermeyer, in D/ W, MA Art 7 Rn 189).
Dies bedeutet uE, dass das WG als zum gW veräußert und mit diesem Wert angeschafft gilt, dh es ist in der St-Bil des Unternehmens (einschl der Summe der BetrSt-Bil) mit dem gW auszuweisen. Ausgehend von diesem Verständnis der Wirkung der Fiktion handelt es sich bei der Entstrickung nach § 12 Abs 1 KStG – anders als zB bei der vGA nach § 8 Abs 3 S 2 KStG oder des § 1 AStG – um eine innerbilanzielle Korrekturvorschrift (glA s Dötsch/Pung, DB 2006, 2648; Pfirrmann, in Blümich, § 12 KStG Rn 49; s Kolbe, in H/H/R, § 12 KStG Rn 36; s Wassermeyer, IStR 2008, 176; ders, DB 2008, 430). Dies korrespondiert auch mit der Bildung des AP nach § 4g EStG innerhalb der St-Bil (s Tz 607; aA s Kramer, DB 2007, 2338).
Tz. 362
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Die fiktive Veräußerung – ausgenommen bei Rechtsträgerwechsel – nach § 12 Abs 1 KStG stellt uE – entgegen der Auff der FinVerw (s Schr des BMF v 08.12.2011, BStBl I 2011, 1279, Rn 23) – kein schädliches Ereignis iSd § 6 Abs 5 S 4 EStG, § 16 Abs 3 S 3 und Abs 5 EStG sowie iSd § 22 Abs 1 S 6 Nr 2 UmwStG 2006 dar, da die WG demselben BV desselben Stpfl weiterhin zuzurechnen sind. Aus der Anwendung des § 8b Abs 2 KStG auf einen Gewinn aus der Veräußerung iSd § 12 Abs 1 S 1 KStG wird geschlossen, dass auch die Veräußerungsfiktion des § 12 Abs 1 S 1 KStG für Zwecke des § 22 UmwStG 2006 gilt (s § 22 UmwStG Tz 28). Im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungsziele des § 12 Abs 1 KStG (= Sicherstellung der Besteuerung der in den WG enthaltenen stillen Reserven) und des § 22 UmwStG 2006 (= Verhinderung der Inanspruchnahme einer ungewollten "Statusverbesserung" bei Unternehmensveräußerung mittels Share deal anstelle Asset deal) erscheint es jedoch fraglich, ob die Anwendung des § 8b Abs 2 KStG – ausgenommen bei einem Rechtsträgerwechsel – einen hinreichenden Grund für ein "Durchschlagen" der Veräußerungsfiktion auch für Zwecke des § 22 UmwStG 2006 bietet und ob allein in der Anwendung des § 8b Abs 2 KStG auf einen Entstrickungsgewinn bereits eine ungerechtfertigte "Statusverbesserung" iSd § 22 UmwStG 2006 zu sehen ist. UE löst erst eine im Anschluss an die Entstrickungsbesteuerung nach § 12 Abs 1 KStG erfolgende tats Übertragung der Anteile innerhalb der Sperrfrist die (vorrangige) Einbringungsgewinnbesteuerung aus und mindert insoweit rückwirkend den Gewinn aus der fiktiven Veräußerung iSd § 12 Abs 1 KStG. Entfallen für den Einbringenden oder bei Weitereinbringung für die übernehmende Gesellschaft iSd § 22 Abs 1 S 6 Nr 4 UmwStG 2006 die Voraussetzungen des § 1 Abs 4 UmwStG 2006, ist jedoch § 22 Abs 1 S 6 Nr 6 UmwStG 2006 zu beachten.
3.3.2 Auswirkungen auf die Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte
Tz. 363
Stand: EL 90 – ET: 06/2017
Stammhaus und BetrSt sind jeweils nur Teile eines Gesamtunternehmens. Zwischen diesen ist das stliche Ergebnis des Unternehmens aufzuteilen. Bislang fehlte es an einer bestimmten ges Regelung zur Aufteilung des Ergebnisses eines Gesamtunternehmens. Die Aufteilung des Ergebnisses erfolgt im Wege der direkten oder indirekten Methode (s Schr des BMF v 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076, Rn 2.3.1 und 2.3.2). Mit § 12 Abs 1 KStG ist – bezogen auf den (unternehmensinternen) Gewinn aus der Veräußerung und der Nutzung von WG (nicht jedoch Dienstleistungen, s Tz 329) – uE ohnehin nur eine Gewinnaufteilung iS einer direkten Zuordnung zulässig. Mit § 12 Abs 1 KStG wurde damit eine Gewinnabgrenzung mittels einer Gewinnermittlungsvorschr...